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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Miriam Whitelaw niemals ein Match versäumte, in dem Kenneth Fleming spielte?
    Da die wahre Geschichte unmöglich so spannend sein konnte wie die Spekulation, bleiben die Boulevardblätter bei diesem Stil. Damit ließen sich mehr Zeitungen verkaufen. Wer wollte schon von einer ehemaligen Englischlehrerin und ihrer Verbindung zu ihrem einstigen Schüler lesen? Das war nicht halb so faszinierend wie die prickelnden Andeutungen, die ein Foto von Kenneth Fleming und Mutter hergab, das zeigte, wie sie gemeinsam unter einem Regenschirm aus dem Grace Gate traten, er mit dem Arm um ihre Schultern, sie selig lächelnd zu ihm aufblickend.
    Und Jean? Das wissen Sie vielleicht schon. Sie erzählte der Presse anfangs mehr, als gut war. Sie war leichte Beute für den Daily Mirror und die Sun. Jean wollte Kenneth wieder daheim haben, und sie glaubte allen Ernstes, die Presse würde ihr helfen, ihn zurückzuholen.
    Die Zeitungen brachten Bilder, die sie bei ihrer Arbeit in dem Café am Billingsgate-Markt zeigten; Bilder von den Kindern auf dem Weg zur Schule; von der Familie, die ohne Dad um den Tisch mit der roten Wachstuchdecke saß; von Jean, wie sie ungeschickt den Cricket-Ball für Jimmy warf, der davon träumte - wie sie den Reportern anvertraute -, eines Tages in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. »Wo ist Ken?« fragten einige Reporter. »Verlassen und todtraurig«, schrieben andere. »Nicht mehr gut genug für ihn?« wollte Woman's Own wissen, während Woman's Realm tiefschürfend fragte: »Was tun, wenn er einen wegen einer anderen verläßt, die wie seine Mutter aussieht?«
    Kenneth ließ das alles kommentarlos über sich ergehen und konzentrierte sich aufs Cricket. Er machte regelmäßig Besuche auf der Isle of Dogs, aber was auch immer er zu Jean wegen ihres Umgangs mit der Presse sagte, er sagte es ihr unter vier Augen. Seine Lebensweise mochte unkonventionell sein, doch von ihm bekam man nie mehr darüber zu hören als den einen Satz: Es ist im Augenblick die beste Lösung.
    Wie Kenneth und Mutter in dieser Zeit zueinander standen, kann ich nur vermuten. Die Fragen, die die Spekulationen der Presse offenließen, kann ich zum Teil natürlich mit Details beantworten. Zum Beispiel die Schlafraumfrage: zwei Schlafzimmer, aber auf derselben Etage und mit einer Verbindungstür. Kenneth war nämlich in das ehemalige Umkleidezimmer meines Urgroßvaters eingezogen, das zweitgrößte Schlafzimmer im Haus. Daran war nichts Fragwürdiges. Die wenigen Hausgäste, die wir gehabt hatten, hatten immer in diesem Zimmer übernachtet. Oder zum Beispiel die Frage nach den Hausangestellten: Es gab keine, mit Ausnahme einer Frau aus Sri Lanka, die zweimal in der Woche zum Saubermachen kam. Sonst aber kann ich wie alle anderen nur Vermutungen anstellen.
    Ihre Gespräche waren sicher sehr vielseitig. Wenn Mutter in der Druckerei vor einer größeren Entscheidung stand, wird sie Kenneth' Rat gesucht, ihm ihre Vorstellungen und Überlegungen unterbreitet und sich aufmerksam angehört haben, was er zu sagen hatte. Kenneth wird mit ihr über seine Besuche bei Jean und den Kindern, über seinen Entschluß zugunsten des Getrenntlebens und seine Gründe, sich vorläufig nicht scheiden zu lassen, gesprochen haben. Nach Auslandsterminen mit der Nationalmannschaft wird er ihr ausführlich von diesen Reisen erzählt haben, von den Menschen, denen er begegnet war, den Sehenswürdigkeiten, die er gesehen hatte. Und wenn sie ein besonderes Buch gelesen oder Theaterstück gesehen hatte, wird sie ihm ihre Eindrücke mitgeteilt haben.
    Wie immer es auch geschah, sie kamen einander sehr nahe, Kenneth Fleming und meine Mutter. Er nannte sie seine beste Kameradin auf der Welt; aus den Monaten ihres Zusammenlebens wurde ein Jahr, das Jahr ging in ein zweites über, und die ganze Zeit ignorierten sie einfach Klatsch und Spekulationen.
    Ich hörte zum erstenmal durch die Presse von den beiden. Es ließ mich ziemlich kalt, weil ich damals gerade intensiv mit ARM beschäftigt war, und ARM war intensiv damit beschäftigt, an der Cambridge-Universität möglichst großen Stunk zu machen. Nichts hätte mir mehr Genugtuung verschaffen können, als ein Sandkorn im Getriebe dieser Brutstätte der Elite zu sein; als ich daher die Geschichte von Mutter und Kenneth las, tat ich sie mit einem Achselzucken ab und benutzte die Zeitung als Unterlage beim Kartoffelschälen.
    Als ich später darüber nachdachte, kam ich zu dem
    Schluß, daß Mutter dabei war, sich Ersatz zu

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