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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Bruder steht einem viel näher. Ein Bruder ist immer da und kann sich um seine Geschwister kümmern. Das ist wichtig. Daß man sich um sie kümmert, um Stan und Shar.« Sie leckte sich die Lippen und sog den beißenden Tabakrauch ein. Die harmlosen Worte gingen ihr schnell aus.
    Sie lief ein Stück um das Vogelbad herum, so daß sie ihm ins Gesicht sehen konnte. Nach einem letzten Zug von ihrer Zigarette drückte sie den Stummel an ihrer Schuhsohle aus. Er sah mißtrauisch zu ihr herüber, und als ihre Blicke sich trafen, fragte sie endlich sehr behutsam: »Warum lügst du die Polizei an, Schatz?«
    Er senkte den Kopf.
    »Was hast du an dem Abend gesehen?« fragte sie leise.
    »Er ist tot, und es geschieht ihm recht.«
    »Sag das nicht.«
    »Ich sag, was ich will. Das Recht hab ich schließlich. Es macht mir überhaupt nichts aus, daß er tot ist.«
    »Doch, natürlich macht es dir etwas aus. Du hast deinen Vater geliebt wie keinen anderen Menschen auf der Welt, da kannst du lügen soviel du willst, das wird auch nichts daran ändern, Jimmy.«
    Er spie einen Tabakfaden aus. Ließ einen graugrünen Schleimklumpen folgen. Jean ließ sich nicht ablenken.
    »Du hast dir genausosehr gewünscht wie ich, daß Dad zurückkommen würde«, sagte sie. »Vielleicht sogar noch mehr als ich, weil zwischen dir und ihm nicht diese blonde Zicke stand. Für dich gab's nichts, was dich auch nur einen Moment unsicher gemacht hätte, ob du ihn überhaupt noch liebst und wirklich zurückhaben willst. Vielleicht lügst du uns deshalb jetzt alle an, Jim. Mich, Mr. Friskin und die Polizei.« Sie sah, wie sich plötzlich ein Muskel in seinem Gesicht spannte. Sie wußte, daß sie an der Schwelle standen, das auszusprechen, was ausgesprochen werden mußte. »Vielleicht lügst du, weil es leichter ist zu lügen«, fuhr sie fort. »Hast du da mal drüber nachgedacht? Vielleicht lügst du, weil es leichter ist, als den Schmerz darüber auszuhalten, daß Dad diesmal für immer gegangen ist.«
    Jimmy warf seine Zigarette zu Boden und ließ sie dort verglühen. »Genau«, sagte er. »Du hast vollkommen recht, Mam.« Die unverhohlene Erleichterung in seiner Stimme war Jean nicht geheuer.
    Er wollte nach seinen Zigaretten greifen, doch Jean kam ihm zuvor und schloß ihre Hand sowohl um seine, als auch um ihre eigene Packung. »Aber vielleicht ist es auch so, wie Mr. Friskin gesagt hat«, meinte sie.
    »Mam?« rief Shar aus der Küche.
    Jim versperrte Jean den Blick aufs Haus. Sie ignorierte ihre Tochter und sagte leise: »Hör mir jetzt bitte zu, Jim.« »Mam!« rief Shar wieder.
    »Du mußt mir sagen, warum du lügst. Du mußt mir die Wahrheit sagen. Auf der Stelle.«
    »Die hab ich dir schon gesagt.«
    »Du mußt mir genau erzählen, was du gesehen hast.« Über das Vogelbad hinweg streckte sie die Hand nach ihm aus, aber er zuckte zurück. »Wenn du mir das sagst, wenn du mir alles sagst, Jim, dann können wir zusammen überlegen, was zu tun ist.«
    »Ich hab die Wahrheit gesagt. Hundertmal. Aber kein Mensch will sie wissen.«
    »Nicht die ganze Wahrheit. Und die mußt du mir jetzt erzählen. Damit wir zusammen überlegen können, was zu tun ist. Und solange du nicht -«
    »Mam!« rief Shar ein drittes Mal.
    Stan greinte: »Jimmy!«
    Jimmy wollte zur Tür laufen. Jean trat ihm in den Weg und packte ihn beim Ellbogen.
    »Laß los!« sagte Jim.
    »Nein«, entgegnete Jean.
    Lynley befreite sich behutsam von Shar und Stan, die sich an seine Arme klammerten, und rief aus der Küche: »Wir haben noch einige Fragen.«
    Da rannte Jimmy davon.

    Lynley hätte es nicht für möglich gehalten, daß der Junge so blitzschnell reagieren würde. In der Zeit, die Lynley brauchte, um seinen Satz zu Ende zu sprechen, riß sich Jimmy von seiner Mutter los und rannte durch den Garten nach hinten. Anstatt erst die Pforte zu öffnen, zog er sich aus dem Lauf heraus an der Mauer hoch und sprang auf die andere Seite. Seine Schritte knallten auf dem Fußweg zwischen den Häusern.
    »Jimmy!« schrie seine Mutter und stürzte ihm nach.
    Über seine Schulter hinweg rief Lynley Barbara zu: »Er läuft Richtung Plevna Street. Versuchen Sie, ihm den Weg abzuschneiden.« Dann drängte er sich an den beiden Kindern vorbei und nahm die Verfolgung auf, während Barbara durch das Wohnzimmer zurück zur Haustür lief.
    Jean Cooper hatte die Gartenpforte aufgerissen, als Lynley sie einholte. Sie hielt ihn am Arm fest und rief: »Lassen Sie ihn doch in Frieden!«
    Lynley schüttelte sie

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