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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ist? Wenn es nun wahr ist, daß er von Anfang an gelogen hat, und sie es wissen? Warum lassen sie ihn dann nicht in Ruhe?«
    »Das kann eigentlich nur einen logischen Grund haben. Ich vermute, sie glauben, er kann ihnen den Namen des Mörders nennen.«
    Entsetzen überkam sie wie ein Anfall plötzlicher Übelkeit.
    »Das ist jedenfalls so ziemlich das einzige, was ich mir vorstellen kann«, fuhr Friskin fort. »Es leuchtet ein, daß sie zu einer derartigen Schlußfolgerung gelangt sind. Da er zugegeben hat, am vergangenen Mittwoch am Tatort gewesen zu sein, vermuten sie, daß er den Brandstifter gesehen hat. Sie vermuten weiter, daß er den Täter kennt. Und zweifellos schließen sie aus seinem Verhalten, daß er die Schuld übernimmt, um nicht einen anderen verpetzen zu müssen.«
    »Verpetzen!« Mehr konnte sie nicht sagen.
    »Diese Art der Widerspenstigkeit erleben wir häufig unter Teenagern, Mrs. Cooper. Sie beruht bei den jungen Leuten allerdings meist auf der Überzeugung, daß man einen Altersgenossen nicht verraten darf. Bei Jimmy geht diese Tendenz, unter allen Umständen dichtzuhalten, vielleicht ein wenig weiter. Wer kann denn in Anbetracht der - äh, verzeihen Sie, daß ich es so ausdrücke - der bei ihm gegebenen Verhältnisse sagen, wem eigentlich seine Loyalität gilt?«
    »Was soll das heißen?« fragte sie. »Aufgrund der bei ihm gegebenen Verhältnisse?«
    Friskin senkte den Blick. »Wenn wir annehmen, daß der Junge einzig deshalb lügt, weil er kein Verräter sein will, dann müssen wir sehen, ob es in seinem Leben die Art sozialer Bindungen gibt, die solches Solidarverhalten fördern. Also zum Beispiel Beziehungen, wie sie unter guten Schulfreunden existieren. Wenn es aber die tiefen Bindungen sind, durch die er solches Verhalten gelernt haben könnte, nicht gibt, müssen wir annehmen, daß der Junge aus ganz anderen Gründen lügt.«
    »Zum Beispiel?« fragte Jean mit trockenem Mund.
    »Zum Beispiel, weil er jemanden schützen möchte.«
    Friskin hob den Kopf und sah sie an. Jean wartete stumm.
    Die Polizei würde wiederkommen, sagte Friskin schließlich. Am ehesten könne sie ihrem Sohn jetzt helfen, wenn sie ihm zurede, der Polizei beim nächsten Mal die Wahrheit zu sagen. Das sähe sie doch ein, nicht wahr? Die einzige Hoffnung, Jimmy von der Verfolgung durch die Polizei und die Medien zu befreien, bestehe darin, die Wahrheit zu sagen. Denn der Junge habe es doch nicht verdient, bis in alle Ewigkeit von ihnen gehetzt zu werden, oder, Mrs. Cooper? Da müsse sie als Mutter ihm doch zustimmen.
    Jean strich mit der flachen Hand über das braune Zickzackmuster des Bettüberwurfs. Sie konnte immer noch Friskins ernste Stimme hören: Es ist wirklich die einzige Möglichkeit, Mrs. Cooper. Reden Sie dem Jungen zu, die Wahrheit zu sagen.
    Und selbst wenn er die Wahrheit sagte, was dann? fragte sie sich. Was würde es denn an der höllischen Realität, die sie durchgemacht hatten, ändern, wenn er die Wahrheit sagte?
    Sie hatte ihrem Sohn am vergangenen Abend gestanden, daß sie als Mutter versagt hatte, aber sie sah jetzt, daß dieses Bekenntnis nichts weiter gewesen war als Mittel zum Zweck; es war in Wirklichkeit gar nicht ihre Überzeugung gewesen. Sie hatte es nur gesagt, um den Jungen zum Reden zu bringen, in der Hoffnung, er würde sagen: Nein, du hast doch alles für uns getan, Mam, du hast es eben schwer gehabt, wie wir alle, das versteh ich doch, das hab ich immer verstanden. Und daß daraus sich ein Gespräch zwischen ihnen entwickeln würde. Denn so war es doch angeblich mit Kindern. Sie redeten mit ihren Müttern, wenn die Mütter richtige Mütter waren. Aber selbst der Anwalt, der Jean und ihre Kinder gerade einmal achtundvierzig Stunden kannte, hatte die Beziehung zwischen Mutter und diesem besonderen Kind durchschaut. Er hatte gesagt, sie solle ihrem Sohn zureden, die Wahrheit zu sagen; er hatte aber nicht vorgeschlagen, sie solle versuchen, Jimmy dazu bewegen, ihr die Wahrheit zu sagen.
    Sag deinem Anwalt die Wahrheit, Jim. Sag sie der Polizei. Sag sie diesen Reportern, die dir keine Ruhe lassen. Sag sie jedem Fremden, aber denk nicht daran, sie mir zu sagen. Und wenn du es sagst, Jimmy ... und wenn du das, was du gesehen hast und was du weißt, Leuten erzählst, denen es schnurzegal ist, wie du leidest, Leuten, die diese Geschichte nur zu Ende bringen wollen, damit sie endlich nach Hause gehen und sich beim Abendessen den Bauch vollschlagen können ...
    Nein, dachte sie. So würde es

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