07 - Asche zu Asche
Ich habe mich vom traditionellen Verfahren entfernt. Das kann ihm nicht recht sein.«
»Er möchte noch einmal eine Besprechung. Es ist mir gelungen, sie bis Montag nachmittag zu verschieben.« Was das bedeutete, war klar: Lynley hatte bis Montag Zeit, den Fall zu klären. Wenn ihm das nicht gelang, würde Hillier sich über sie alle hinwegsetzen und den Fall einem anderen Beamten übertragen.
»Verstanden«, sagte Lynley. »Ich danken Ihnen, daß Sie ihn mir vom Leibe halten, Sir. Das war sicher nicht einfach.«
»Viel länger schaffe ich das auch nicht mehr. Und ab Montag überhaupt nicht mehr.«
»Das wird auch nicht nötig werden, denke ich.«
Webberly zog eine Augenbraue hoch. »So sicher sind Sie?«
Lynley klemmte Akten und Zeitungen unter den Arm.
»Nicht, solange ich mich nur auf einen einzigen Telefonanruf stützen kann, der nicht nachzuweisen ist. Darauf kann ich keine Beweisführung aufbauen.«
»Dann machen Sie ihr die Hölle heiß.« Webberly kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und kramte irgendwelche Papiere aus dem allgemeinen Durcheinander. Er nickte Lynley zum Abschied zu.
Lynley ging in sein eigenes Büro, wo er die Akten ablegte, aber nicht die Zeitungen. Auf dem Weg zum Aufzug begegnete er Barbara Havers. Sie blätterte mit gerunzelter Stirn in einem Stapel Protokolle und brummte dabei unablässig »Verdammt, verdammt, verdammt« vor sich hin. Als sie ihn bemerkte, hielt sie an, machte kehrt und paßte ihre Schritte den seinen an.
»Und wohin geht's?«
Lynley zog seine Taschenuhr heraus und klappte den Deckel auf. Viertel vor fünf. »Sagten Sie nicht etwas von einer Party heute abend? Von schönen Spielen und köstlichen Erfrischungen? Sollten Sie sich da nicht allmählich auf den Weg machen?«
»Ja, ja, schon richtig, Sir. Aber können Sie mir vielleicht sagen, was man einer Achtjährigen zum Geburtstag schenkt? Eine Puppe? Ein Spiel? Einen Chemiebaukasten? Einen Gameboy? Rollschuhe? Ein Schnappmesser? Wasserfarben? Keine Ahnung!«
Sie verdrehte die Augen, aber sie tat es hauptsächlich aus Koketterie. Lynley sah ihr an, daß es ihr Spaß machte, sich über diese Frage den Kopf zu zerbrechen.
»Ich könnte ihr auch einen Zauberkasten schenken«, meinte sie, auf einem Bleistift kauend. »Am Camden Lock Market gibt es einen Laden, der so was verkauft. Hm, vielleicht wäre das was ... Was meinen Sie, ist ein Zauberkasten das richtige für eine Achtjährige, Sir? Oder soll ich vielleicht lieber ein Kostüm kaufen? Kinder verkleiden sich doch so gern, nicht wahr?«
»Wann fängt diese Party denn an?« fragte Lynley, als sie vor dem Aufzug standen.
»Um sieben. Aber vielleicht hat sie lieber Modellflugzeuge. Oder Musik. Rockmusik? Glauben Sie, daß sie für Sting zu jung ist? Oder David Bowie?«
»Ich denke, Sie sollten gleich losgehen und Ihre Einkäufe machen«, riet Lynley. Die Lifttür öffnete sich. Er trat in die Kabine.
Sie plapperte weiter: »Ein Springseil vielleicht? Ein Mensch-ärgere-dich-nicht? Oder Backgammon? Eine Pflanze? Moment mal, wie kann man so blöd sein! Eine Pflanze für eine Achtjährige. Oder wie war's mit einem Buch?« Und da schloß sich die Aufzugtür.
Lynley wünschte sich, er hätte Barbaras Sorgen.
Chris Faraday ging vom Untergrundbahnhof aus langsam die Warwick Avenue entlang zur Bloomfield Road. Beans und Toast sprangen voraus. An der Straßenecke ließen sich beide gehorsam auf ihr Hinterteil nieder und warteten auf Chris' lautes »Lauft, ihr Hunde!«, das es ihnen gestatten würde, Warwick Place zu überqueren und zum Boot weiterzutollen. Als die Erlaubnis nicht kam, rannten sie zu ihm zurück und sprangen kläffend um ihn herum. Sie waren an ununterbrochenes Tempo von Anfang bis Ende gewöhnt. Er war es, der darauf stets bestanden hatte. Hätte man ihnen ihren Willen gelassen, sie hätten lieber hier ein bißchen geschnuppert, dort ein bißchen das Bein gehoben, bei Gelegenheit auch einmal eine Katze gejagt. Aber er hatte sie gut gedrillt, und so verwirrte sie dieses Abweichen von der Routine. Sie gaben ihrer Ratlosigkeit durch Bellen Ausdruck. Sie stießen aneinander. Sie rannten ihm gegen die Beine.
Chris wußte, was sie wollten: mit fliegenden Ohren durch den späten Nachmittag jagen. Auch gegen einen Napf voll Futter hätten sie nichts einzuwenden gehabt oder gegen ein Spiel mit dem Gummiball. Aber Chris war in den Evening Standard vertieft.
Seit Mitte der Woche brachte die Zeitung die gleiche Story in immer neuen Variationen. Sie hielt
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