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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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schlängelte sich unter die Bettdecke. Richie lächelte und winkte mit seinem Saxophon. »Blas, Baby«, sagte er. »Blas, Liv.«
    Ich wußte, was er wollte, aber ich hatte Angst vor der Schlange und Angst davor, was passieren würde, wenn meine Mutter hereinkommen und uns in ihrem Bett vorfinden würde. Aber ich kroch trotzdem unter die Decke und tat, was er wollte; doch als er stöhnend »Ahhh« machte, hob ich den Kopf und sah, daß es mein Vater war. Er lächelte und öffnete den Mund, um zu mir zu sprechen. Die Schlange fuhr heraus. Ich schrie auf und erwachte.
    Mein Gesicht war feucht. Im Schlaf hatte ich den Mund geöffnet, und das Blatt, das ich vollgeschrieben hatte, war naß. Gott sei Dank, dachte ich, daß man sich selbst aus seinen Träumen wecken kann. Gott sei Dank, daß Träume in Wirklichkeit gar nichts bedeuten. Gott sei Dank ... Und da hörte ich es.
    Ich hatte mich gar nicht selbst geweckt. Ein Geräusch war es gewesen. Irgendwo unter mir wurde eine Tür geschlossen, die Gartenpforte.
    Der Telefonanruf, dachte ich sofort. Mein Herz begann zu hämmern. Ich vernahm Schritte auf der Treppe, die von der Küche nach oben führte. Ich hörte, wie die Tür am Ende des Korridors geöffnet wurde. Dann geschlossen. Wieder Schritte. Stille. Dann wieder Schritte, schnell.
    Der Anruf, dachte ich. O Gott, o Gott! Ich starrte zum Telefon und wünschte, ich könnte durch das Zimmer fliegen und den Notruf eintippen und aus Leibeskräften schreien. Aber ich konnte mich nicht rühren. Niemals zuvor war mir so bewußt gewesen, was die Gegenwart bedeutete und was die Zukunft verhieß.

24
    Am Ende seiner Besprechung mit Superintendent Webberly sammelte Lynley die Akten ein und die Presseberichte der letzten drei Tage über den Fall Fleming. Diese begannen mit Jimmy Coopers Sprung in die Themse am Dienstag abend; ließen sich dann in aller Ausführlichkeit über seine Verhaftung am Mittwoch morgen aus, als er von zwei uniformierten Beamten in der George-Green-Gesamtschule aus dem Unterricht geholt und abgeführt worden war; verkündeten dann am Donnerstag in Schlagzeilen, daß gegen den Sohn des Cricket-Champions Kenneth Fleming wegen Mordes Anklage erhoben werden würde, und brachten dazu grafische Darstellungen zum Jugendstrafrecht sowie Interviews mit Anwälten der Krone über die Frage, von welcher Altersstufe an Kinder vor Gericht wie Erwachsene behandelt werden sollten; den Abschluß der Berichterstattung bildeten schließlich die an diesem Morgen in allen Zeitungen erschienenen Rekapitulationen des Verbrechens sowie Einzelheiten über die Familie Fleming und ein Überblick über die Stationen der Karriere des berühmten Cricket-Spielers. All diese Artikel enthielten unterschwellig die gleiche Botschaft: Der Fall war abgeschlossen, der Prozeß stand bevor. Mehr hätte sich Lynley nicht erhoffen können.
    »Sie sind sicher, daß die Geschichte dieser Whitelaw stimmt?« fragte Webberly ihn.
    »In jeder Hinsicht.«
    Webberly hievte sich aus dem Sessel an dem runden Tisch, in dem er seit Beginn ihrer Nachmittagsbesprechung gesessen hatte. Schwerfällig ging er zu einem seiner Aktenschränke, auf dem ein Foto seiner Tochter Miranda stand. Es zeigte sie mit ihrer Trompete unter dem Arm auf der Flußterrasse des St. Stephen's College in Cambridge.
    Webberly nahm das Bild zur Hand und betrachtete es nachdenklich. Ohne den Blick zu heben, sagte er zu Lynley: »Sie verlangen da eine Menge, Tommy.«
    »Es ist unsere einzige Hoffnung, Sir. In den letzten drei Tagen war das ganze Team damit beschäftigt, jedes kleinste Beweisstück und jedes Protokoll zu prüfen. Sergeant Havers und ich waren zweimal draußen in Kent. Wir haben uns mit den Leuten von der Spurensicherung Maidstone zusammengesetzt. Wir haben jeden Nachbarn, der in Sichtweite des Hauses Celandine Cottage wohnt, befragt. Wir haben den Garten und das Haus selbst in aller Gründlichkeit durchsucht. Wir haben uns in den diversen Springburns umgehört. Wir haben nicht ein winziges Detail mehr aufgetan, als wir sowieso schon hatten. Meiner Meinung nach gibt es für uns nur noch einen Weg, und das ist der, den wir jetzt eingeschlagen haben.«
    Webberly nickte, schien aber über Lynleys Antwort nicht sonderlich glücklich zu sein. Er stellte das Foto seiner Tochter wieder auf den Aktenschrank und wischte ein Stäubchen von seinem Rahmen. »Hillier ist nahe am Durchdrehen«, bemerkte er wie beiläufig.
    »Das wundert mich nicht. Ich habe die Presse zu nahe herangelassen.

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