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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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abgetrieben. Vor drei Tagen. Ich hab keine Lust. Okay?«
    Richie war ein echter Musiker. Nichts konnte ihn aus dem Takt bringen. Er sagte: »Oh, Baby. Baby. Ach, zum Teufel.« Ich konnte ihn atmen hören. Seine Stimme wurde gepreßt. »Was soll ich sagen? Ich kriegte es mit der Angst, Liv. Ich bin abgehauen. Du bist mir zu nahegekommen. Du hast bei mir Gefühle ausgelöst, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Versteh doch, was ich gefühlt habe, war mir zuviel. Es war anders als alles, was ich je zuvor gekannt hatte. Darum bekam ich Angst. Aber diesmal bin ich sicher. Ich möchte es wiedergutmachen. Gib mir eine Chance. Ich liebe dich, Baby.«
    »Ich hab keine Zeit für solchen Quark.«
    »Es wird nicht enden wie letztesmal. Es wird überhaupt nicht enden.«
    »Genau.«
    »Liv, gib mir doch eine Chance.« Danach wartete er nur und atmete.
    Ich ließ ihn schmoren. Mir gefiel es, Richie Brewster genau da zu haben, wo ich ihn haben wollte.
    »Komm schon, Liv«, flehte er. »Weißt du noch, wie es war? Es wird noch besser werden.«
    Ich sah mir die Alternativen an. Es schien drei zu geben: die Rückkehr nach Cambridge, zu dem Leben an der Leine, wofür Cambridge für mich stand; hinaus ins feindliche Leben und versuchen, es allein zu schaffen; oder ein zweiter Versuch mit Richie. Richie, der einen Job hatte, Geld, Stoff, und der mir gerade erzählte, er habe jetzt auch eine Wohnung, eine Parterrewohnung in Shepherd's Bush. Und das sei längst noch nicht alles, sagte er. Er brauchte mir gar nicht zu sagen, was sonst noch auf mich wartete. Ich wußte es, weil ich ihn kannte: Partys, Menschen, Musik und Action. Hätte ich Cambridge oder mühselige Selbständigkeit wählen sollen, wenn ich doch nur nach Soho zu gehen brauchte, um mitten ins richtige Leben einzutauchen?
    Ich schminkte mich fertig. Ich nahm meine Tasche und meinen Mantel. Ich sagte meiner Mutter, ich ginge aus. Sie saß im kleinen Salon an Großmutters Sekretär und adressierte einen Stapel Kuverts. Sie nahm ihre Brille ab und schob ihren Stuhl zurück. Wohin ich ging, wollte sie wissen.
    »Aus«, wiederholte ich.
    Sie wußte es, wie Mütter immer alles wissen. »Du hast von ihm gehört, nicht wahr? Er hat eben angerufen.«
    Ich antwortete nicht.
    »Olivia«, mahnte sie, »tu das nicht. Du kannst etwas aus deinem Leben machen. Du hast Schlimmes erlebt, Darling, aber das muß doch nicht das Ende der Träume sein. Ich helfe dir. Dein Vater hilft dir. Aber du mußt uns auf halbem Weg entgegenkommen.«
    Sie nahm Anlauf zu einer großen Predigt. Ihre Augen bekamen diesen Eifererblick.
    »Verschon mich, Miriam«, sagte ich. »Ich bin weg. Bis später.«
    Letzteres war eine Lüge, aber ich wollte meine Ruhe haben.
    Schleunigst änderte sie die Taktik. »Olivia, du bist nicht gesund. Du hast Blutungen gehabt, ganz zu schweigen von der Infektion. Du bist erst vor drei Tagen operiert worden.« »Ich habe eine Abtreibung machen lassen«, betonte ich und sah mit Genugtuung den Schauder der Aversion, der sie überlief.
    »Ich finde, es ist das beste, wir vergessen das und gehen vorwärts.«
    »Genau. Ja. Geh du zurück zu deinen Briefumschlägen, während ich vorwärtsgehe.«
    »Dein Vater - Olivia! Tu das nicht.«
    »Dad wird's verwinden. Und du auch.« Ich wandte mich ab.
    Ihr Tonfall schlug um, von Vernunft zu kalter Berechnung. Sie sagte: »Olivia, wenn du heute abend dieses Haus verläßt - nach allem, was du hinter dir hast, nach all unseren Bemühungen, dir zu helfen ...« Sie geriet ins Stocken. Ich drehte mich nach ihr um. Sie umklammerte ihren Füller wie einen Dolch, obwohl ihr Gesicht völlig ruhig wirkte.
    »Ja?«
    »Dann bist du für mich erledigt.«
    »Fang schon mal an zu üben.«
    Ich ging, während sie sich um einen angemessenen Ausdruck schmerzlicher mütterlicher Enttäuschung bemühte.
    Im Julip's stellte ich mich an den Tresen, sah mir die Leute an und hörte Richies Spiel zu. In der ersten Pause drängte er sich zu mir durch. Er ignorierte alle, die ihn ansprachen, und hielt seinen Blick auf mich geheftet wie gebannt. Er nahm meine Hand, und wir gingen nach hinten, hinter die Bühne.
    »Liv«, sagte er, »oh, Baby«, und hielt mich, als wäre ich aus Glas, und spielte mit meinem Haar.
    Den Rest des Abends blieb ich hinter der Bühne. In den Pausen kifften wir. Ich saß auf seinem Schoß. Er küßte meinen Hals und meine Hände. Zu den anderen von der Band sagte er, sie sollten abhauen, wenn sie in unsere Nähe kamen. Er sagte, ohne mich sei er

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