07 - Asche zu Asche
wieder einmal direkt in die Hände gespielt hatte. Nun konnte sie sich als Märtyrerin fühlen.
So war das mit meiner Mutter. Immer, wenn ich glaubte, ich hätte die Oberhand, zeigte sie mir prompt, wie die Dinge wirklich lagen.
Nachdem wir, in der Klinik angekommen, die notwendigen Formulare ausgefüllt hatten, dauerte die Sache selbst gar nicht lange. Ruckzuck war der kleine Verdruß aus unserem Leben entfernt. Hinterher lag ich in einem schmalen weißen Zimmer in einem schmalen weißen Bett und dachte darüber nach, was Mutter von mir erwartete. Heulen und Zähneklappern, zweifellos. Reue. Schuldgefühle. Indizien, gleich welcher Art, daß ich meine »Lektion gelernt« hatte. Zukunftspläne. Was auch immer, ich würde der Kuh den Gefallen nicht tun.
Ich mußte zwei Tage in der Klinik bleiben, weil ich Blutungen bekam und eine Infektion, die den Ärzten nicht gefiel. Sie wollten mich eine ganze Woche behalten, aber damit war ich nicht einverstanden. Ich entließ mich selbst und fuhr mit einem Taxi nach Hause. Mutter empfing mich an der Tür. Sie hatte einen Füller in der einen Hand, einen braunen Umschlag in der anderen, und auf der Nase ihre Lesebrille.
Sie rief: »Olivia, um Gottes willen, was ... Der Arzt sagte mir, daß ...«
Ich sagte: »Der Taxifahrer bekommt noch Geld«, und ließ sie das erledigen, während ich ins Eßzimmer ging und mir etwas zu trinken eingoß. Ich stand an der Anrichte und dachte ernsthaft darüber nach, was ich nun anfangen sollte. Nicht mit meinem Leben, sondern mit dem angebrochenen Abend.
Ich kippte einen Gin. Dann noch einen. Ich hörte, wie die Haustür zufiel, dann Mutters Schritte im Gang. Sie kam zum Eßzimmer. An der Tür blieb sie stehen und sprach zu meinem Rücken.
»Der Arzt sagte mir, du hattest Blutungen. Und eine Infektion.«
»Alles unter Kontrolle.« Ich schwenkte den Gin in meinem Glas.
»Olivia, ich möchte dir sagen, daß ich dich nicht besucht habe, weil du mir klar und deutlich zu erkennen gegeben hattest, daß du mich nicht sehen wolltest.«
»Ganz recht, Miriam.« Ich klopfte mit den Fingernägeln gegen mein Glas und horchte, wie der Klang tiefer wurde, je weiter oben ich klopfte; genau anders herum, als man es erwartet hätte.
»Da ich dich nicht am selben Abend mit nach Hause nehmen konnte, mußte ich deinem Vater irgend etwas sagen. Ich -«
»Verträgt er die Wahrheit nicht?«
»Ich habe ihm gesagt, du wärst in Cambridge, um dich darum zu kümmern, was du für die Wiederzulassung brauchst.«
Ich lachte.
»Und genau das erwarte ich auch von dir«, sagte sie.
»Aha.« Ich leerte mein Glas. Ich überlegte, ob ich mir noch einen genehmigen sollte, aber die ersten beiden wirkten rascher, als ich erwartet hatte. »Und wenn ich da nicht mitmache?«
»Ich denke, du kannst dir die Konsequenzen vorstellen.«
»Was soll das heißen?«
»Dein Vater und ich sind bereit, dich zu unterstützen, wenn du studierst. Sonst nicht. Wir werden dir nicht auch noch dabei helfen, dein Leben zu verpfuschen.«
»Ah, ja. Danke. Ich hab's begriffen.« Ich stellte mein Glas ab, ging durch das Zimmer und zur Tür hinaus.
»Du kannst bis morgen darüber nachdenken«, sagte sie. »Ich erwarte deine Entscheidung morgen vormittag.«
»In Ordnung«, sagte ich und dachte: blöde Kuh.
Ich ging nach oben. Mein Zimmer war im obersten Stockwerk des Hauses, und als ich dort angekommen war, zitterten mir die Knie, und der Schweiß stand mir im Nacken. Ich drückte meine Stirn an die Tür, während ich dachte, scheiß auf sie, scheiß auf alles. Ich mußte hinaus aus diesem Haus, wenigstens für eine Nacht. Das war plötzlich die Kur und die Lösung zugleich. Ich lief ins Bad, wo ich besseres Licht hatte, um mich zu schminken. Und da rief Richie Brewster an.
»Du fehlst mir, Baby«, sagte er. »Es ist aus. Ich hab sie verlassen. Ich möchte, daß du wieder glücklich bist.«
Er riefe vom Julip's aus an, sagte er. Die Band habe gerade einen Vertrag mit sechsmonatiger Laufzeit unterschrieben. Sie hätten in verschiedenen Klubs in Holland gespielt. In Amsterdam hätten sie eine Ladung anständiges Haschisch gekauft und rausgeschmuggelt. Richies Anteil warte hinter der Bühne auf mich.
Er sagte: »Weißt du noch, wie schön wir's im Commodore hatten? Aber diesmal wird's noch besser. Ich war ja ein Idiot, dich zu verlassen, Liv. Du bist das Beste, was mir seit Jahren passiert ist. Ich brauch dich, Baby. Mit dir kann ich Musik machen wie mit keiner anderen.«
»Ich hab das Kind
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