07 - Die Angel Chroniken 2
nach meiner Berufung von allem getrennt - von Freunden, von der Schule, sogar von meiner Familie.”
„Was meinst du damit - sogar von deiner Familie?”
Mit ernster Miene schritt Kendra durchs Zimmer. „Meine Eltern schickten mich zu meinem Wächter, als ich noch sehr jung war.”
„Wie jung?” wollte Buffy wissen.
„Ich kann mich tatsächlich nicht mehr an sie erinnern. Ich habe Fotos von ihnen gesehen, aber bei meinem Volk wird die Berufung eben sehr ernst genommen. Meine Mutter und mein Vater übergaben mich der Obhut des Wächters, weil sie glaubten, das Richtige für mich
- und für die Welt - zu tun.” Kendra sah sie an. „Verstehst du?”
„Oh. Ich bin...”
Buffy wußte nichts dazu zu sagen. Als Kendra den Schock und das Mitleid in Buffys Augen sah, wurde sie sofort wieder abweisend.
„Bitte”, sagte sie mit fester Stimme. „Ich bemitleide mich nicht. Warum sollte ich?”
Und ich dachte, mir ging's schlecht! Buffy dachte einen Moment nach. „Es hört sich nur so einsam an.”
„Gefühle sind eine Schwäche, Buffy”, erklärte Kendra nicht unfreundlich. „Du solltest sie nicht zulassen.”
Buffy sah überrascht drein. „Was?! Kendra, meine Gefühle verleihen mir Stärke.”
„Vielleicht”, erwiderte Kendra zweifelnd. „Aber ich ziehe es vor, einen kühlen Kopf zu bewahren.”
Sie nahm einen Dolch in die Hand und begann ihn zu polieren. Lange Zeit sah Buffy sie stumm an. Dann zuckte sie mit den Achseln. „Tja. Ich schätze, das erklärt alles.”
Kendra blickte auf. „Das erklärt was?”
„Ich meine, als wir gekämpft haben. Du bist unglaublich. Deine Technik. Sie ist brillant. Viel besser als meine ...”
„Ich weiß."
Buffy wurde langsam wieder wütend, schaffte es aber, die Ruhe zu bewahren. „Und doch", seufzte sie, „hätte ich dich am Ende in den Hintern getreten. Und weißt du auch, warum? Weil du keine Vorstellungskraft hast."
Kendra runzelte die Stirn. Sie polierte den Dolch heftiger.
„Ach ja? Meinst du wirklich?"
„Ja. Du bist gut. Aber Stärke allein reicht nicht aus. Eine große Kämpferin schwimmt mit dem Strom - sie paßt sich an. Sie weiß, wann sie improvisieren muß." Buffy lehnte sich zurück und betrachtete Kendra neugierig. „Versteh mich nicht falsch, ich meine, du hast schon das Potential..."
„Das Potential?" Kendra legte den Dolch hin und baute sich drohend vor Buffy auf. „Ich könnte gleich hier und jetzt den Boden mit dir wischen."
Sie blitzten sich an. Dann grinste Buffy.
„Du kannst also Wut fühlen ..."
Das traf Kendra völlig unvorbereitet. „Was?"
„Du spürst es, stimmt's? Wie die Wut dir Kraft verleiht?" Buffy nickte weise. „Eine Jägerin braucht das."
In diesem Augenblick kam Xander herein und schnappte sich ein Buch von Giles' Schreibtisch. Kendra erstarrte sofort zur Salzsäule und schlug schüchtern die Augen nieder.
„Entschuldigung, Ladys", meinte Xander lässig. Er sah Kendra an. „Hübscher Dolch."
Als er hinausgegangen war, betrachtete Buffy mitleidig das stumme Mädchen. „Schätze, Dates stehen bei deinem Wächter nicht sehr hoch im Kurs."
„Es ist mir nicht erlaubt, mit Jungen zu sprechen", gab Kendra zu.
Buffy konnte nicht umhin zu grinsen. „Außer, wenn du auf sie einschlägst, was?" Dann riß sie plötzlich die Augen weit auf. „Wartemal... "
„Was?"
„Dieser Typ", sagte Buffy. „Dieser Drecksack, den du in der Bar fast umgehauen hast."
Kendra war verblüfft. „Glaubst du, er könnte uns helfen?"
„Ich denke, wir können ihn dazu bringen."
21. KAPITEL
Angel war vor Schmerzen fast ohnmächtig.
Drusilla kniete vor ihm, hatte ein Knie zwischen seine langen Beine geschoben und hielt die gefürchtete Flasche Weihwasser vor seine Augen. Neckend schwenkte sie sie hin und her.
„Sag Onkel... "
Schwach wandte er den Kopf ab.
„Oh, das ist fein." Sie lächelte verstohlen. „Du hast meinen Onkel
ermordet."
Wieder spritzte sie Wasser auf seine Brust und weidete sich an seinem Schmerz. Hinter ihr betrat Spike den Raum und sah sofort, wie nah seine Liebste bei ihrem ehemaligen Geliebten saß. Das gefiel ihm überhaupt nicht.
„Das reicht jetzt!" sagte er streng. „Ab in die Kirche!"
Drusilla blickte mit Unschuldsmiene zu ihm auf. Sie hielt ihm die Flasche mit dem Weihwasser hin.
„Das macht hübsche Flecken", lächelte sie.
Sie stand auf, um ihm einen Kuß zu geben, aber Spike reagierte nicht. Im Augenblick war er an etwas anderem interessiert.
Er wandte sich Angel zu, um die
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