07 - Old Surehand I
unsre Relaisposten ohne Pause tätig waren, kamen nach und nach weitere Sendungen an, mit denen wir zuletzt auch die Pferde wenigstens soweit befriedigen konnten, daß sie imstande waren, den Rückweg auszuhalten.
Nach dieser Verteilung des Wassers ging die Zeremonie des Kalumets vor sich, durch welche Apanatschka uns zur immerwährenden Freundschaft verbunden wurde, und ich hatte die feste Zuversicht zu ihm, daß er es nicht so wie Schiba-bigk machen würde, der mir einmal untreu geworden war.
Unser Rückweg mußte natürlich nach der Oase führen, schon des Wassers wegen, welches die vielen Menschen und Pferde brauchten. Vom Satttrinken konnte besonders bei den Tieren keine Rede sein, und das nötigte uns, die Rückkehr möglichst bald anzutreten; darum beschlossen wir, den Abend und die Nacht zu reiten, was auch darum vorzuziehen war, weil dadurch die ermattende Hitze des Tages vermieden wurde.
Die Waffen der Comanchen wurden unter den Apachen verteilt, und dann brachten wir die Gefangenen auf ihre Pferde, wegen deren Ermattung der Ritt leider nur langsam vor sich gehen konnte. Doch trafen wir unterwegs von Relais zu Relais auf so viel Wasser, welches die armen Tiere bekamen, daß sie es bis zur Oase aushalten konnten.
Natürlich schloß sich jeder dieser Posten, sobald wir ihn erreichten, an, auch wurde jeder Pfahl, an den wir kamen, aus der Erde gezogen und mitgenommen; denn wenn wir sie stecken lassen hätten, wären sie möglicherweise für andere Leute die Wegweiser zu Bloody-Fox geworden, was vermieden werden mußte.
Der ‚General‘ hatte sich uns mit seinen weißen und roten Begleitern angeschlossen, was wir nicht gut verhindern konnten, obgleich uns seine Anwesenheit nichts weniger als willkommen war. Was die Beaufsichtigung der Gefangenen unterwegs betrifft, so fiel uns dieselbe nicht schwer, weil wir die Maßregel getroffen hatten, daß je ein Comanche zwischen zwei Apachen ritt; die beiderseitige Anzahl machte dies bequem.
Unser nächtlicher Ritt ging ganz gut vonstatten und wurde nur dann für kurze Zeit unterbrochen, wenn wir auf die uns entgegenkommenden Posten stießen, welche Wasser brachten; da wurde angehalten, um es sogleich zu verteilen.
Schon damals, gleich nach meinem Zusammentreffen mit der irrsinnigen Frau am Kaam-kulano, hatte ich mir vorgenommen, falls ihr Mann in unsere Hände fallen sollte, den unauffälligen Versuch zu machen, etwas über sie zu erfahren. Jetzt, da wir ihn hatten, konnte ich diesen Vorsatz ausführen. Ich lenkte, als wir unterwegs waren, mein Pferd an seine Seite und fragte ihn:
„Mein roter Bruder ist der Medizinmann der Naiini-Comanchen?“
„Ja“, antwortete er verdrossen.
„Alle roten Männer pflegen, ehe sie einen Kriegszug beginnen, die Medizin nach dem Ausgang desselben zu befragen. Habt ihr das nicht getan?“
„Wir taten es.“
„Was sagte die Medizin?“
„Sie sagte, daß wir siegen würden.“
„So hat sie gelogen!“
„Die Medizin lügt nie, denn der große Manitou spricht durch sie. Aber die Medizin kann das größte Glück verkünden, wenn die Krieger so, wie es jetzt geschehen ist, Fehler über Fehler begehen, so muß sich dieses Glück in Unglück verwandeln.“
„Ist mein Bruder ein geborener Naiini?“
„Ja.“
„Ich höre, daß er der Vater des jungen Häuptlings Apanatschka ist?“
„Apanatschka ist mein Sohn.“
„Hast du noch andere Söhne?“
„Nein.“
„Oder Töchter?“
„Nein.“
„Lebt die Gefährtin deines Wigwams noch?“
„Sie lebt.“
„Darf ich wissen, welchen Namen sie trägt?“
Er stutzte, zögerte eine Weile und antwortete dann:
„Old Shatterhand ist ein berühmter Häuptling. Pflegen Häuptlinge sich um die Squaws anderer Leute zu bekümmern?“
„Warum nicht?“
„Die Bleichgesichter mögen anders denken; aber für einen roten Krieger oder gar Häuptling will es sich nicht schicken, fremder Weiber zu gedenken!“
Ich ließ mich durch diesen Verweis natürlich nicht stören und fuhr in meiner Erkundigung fort:
„Ich bin eben kein roter, sondern ein weißer Krieger und habe mit Apanatschka die Pfeife der Bruderschaft geraucht. Weißt du das?“
„Ich habe es gesehen“, grollte er. „Apanatschka konnte etwas Besseres tun als das!“
„Hat es deinen Beifall nicht?“
„Nein.“
„Er denkt ganz anders darüber als du, und da er mein Bruder geworden ist, empfinde ich natürlich Teilnahme für alle, die ihm nahe stehen, für dich, seinen Vater also, und auch für
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