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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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diejenige, die er seine Mutter nennt. Es wird dir also nicht mehr fremd vorkommen, daß ich gerne ihren Namen hören möchte.“
    „Von mir wirst du ihn nicht erfahren.“
    „Warum nicht?“
    „Ich sage ihn nicht. Howgh!“
    Dieses Wort kündete mir an, daß ich wirklich keine Antwort bekommen würde. War es wirklich nur der indianische Brauch, keine fremde Frau in den Mund zu nehmen, oder hatte er andere Gründe, über sein irrsinniges Weib zu schweigen? Sollte auch ich nun schweigen? Nein! Ich beobachtete sein Gesicht so scharf, wie es der schwache Mondschein erlaubte, und sagte langsam und mit Betonung:
    „Du bist Tibo-taka?“
    Er fuhr im Sattel auf, als ob eine Wespe ihn gestochen hätte, sagte aber nichts.
    „Und sie ist Tibo-wete?“
    Er antwortete nicht, hielt mir aber sein Gesicht zugewandt, auf welchem der Ausdruck großer Spannung lag.
    „Hast du meinen Wawa Derrick gekannt?“ fuhr ich fort. Das war die Frage, welche die Frau damals an mich gerichtet hatte.
    „Uff!“ rief er aus.
    „Das ist mein Myrtle-wreath!“ fuhr ich mit ihren damaligen Worten fort.
    „Uff, uff!“ wiederholte er, indem seine Augen mich förmlich anglühten. „Was sind das für Fragen?“
    „Du kennst sie ebensogut wie ich.“
    „Wo hast du sie gehört?“
    „Pshaw!“
    „Von wem?“
    „Pshaw!“
    „Warum antwortest du mir nicht?“
    „Weil ich nicht will.“
    „Fürchtet Old Shatterhand sich, mir Auskunft zu geben?“
    „Rede nicht so dumm!“
    „Es ist nicht dumm. Ich habe Auskunft zu fordern!“
    „Und gibst selber keine!“
    „Inwiefern?“
    „Hast du mir geantwortet, als ich dich vorhin nach deiner Squaw fragte?“
    „Diese Squaw gehört mir und nicht dir; ich kann über sie sprechen oder schweigen, ganz wie ich will!“
    „So verlangt auch nicht, daß andere sprechen sollen! Wenn du von Furcht oder Angst sprichst, so bist du es wohl selbst, der sich zu scheuen hat, Auskunft zu geben.“
    „Ich will aber wissen, wer dir diese sonderbaren Worte gesagt hat!“
    „Du erfährst es nicht.“
    „Hast du sie etwa von Apanatschka gehört?“
    „Nein.“
    „Von wem sonst?“
    „Pshaw!“
    Da fuhr er mich an:
    „Wäre ich nicht gefangen und gefesselt, so wollte ich dich zwingen, mir Rede zu stehen!“
    „Pshaw! Du und mich zwingen! Ein alter Medizinmann, welcher die Weiber und Kinder seines Stamms mit Hokuspokus betrügt und mit seiner Komödie fast dreihundert Krieger ins Verderben führt, will Old Shatterhand zu etwas zwingen! Wenn du nicht eben mein Gefangener wärst, mit dem ich Mitleid haben muß, wurde ich ganz anders mit dir reden.“
    „Du verhöhnst mich? Du nennst meine Zauberei Komödie? Nimm dich in acht vor mir!“
    „Pshaw!“
    „Und hüte dich, die Worte, welche ich jetzt gehört habe, weiterzutragen!“
    „Wohl weil dies für dich gefährlich werden könnte?“
    „Spotte nur! Es wird die Zeit kommen, wo dein Spott zur Klage und zum Jammer wird.“
    Er zischte diese Worte förmlich zwischen den Zähnen heraus. Durch diese Aufregung verriet er mir, daß das, was ich von seinem Weib gehört hatte, von Bedeutung oder vielleicht gar sehr wichtig war.
    „Elender Wurm, wie darfst du mir drohen!“ antwortete ich. „Ich darf nur wollen, so zerdrücke ich dich zwischen meinen Händen! Aber reite nur weiter! Ich werde dir später sagen, seit wann du Tibo-taka bist!“
    Ich hielt mein Pferd an und ließ den Zug an mir vorbeipassieren; dabei wurde ich von zweien erreicht, welche, in ein angelegentliches Gespräch vertieft, nebeneinander ritten, nämlich Old Wabble und der General. Als mich der alte Cowboy sah, lenkte er sein Pferd neben das meinige und sagte:
    „Seid Ihr noch so grimmig gegen mich gesinnt, wie am Nachmittag, oder habt Ihr Euch anders besonnen, Sir?“
    „Ich denke genau noch so.“
    „Was?“
    „Daß Ihr ein alter, leichtsinniger Bursche seid, den ich nicht bei mir dulden kann.“
    „Dulden? All devils! Das hat mir noch niemand gesagt! Wißt Ihr, was man unter dulden versteht?“
    „Ja.“
    „Ihr habt mich also bei Euch behalten, obgleich ich das nicht wert gewesen bin?“
    „So ähnlich.“
    „Das ist stark, Sir, ungeheuer stark! Ihr dürft nicht vergessen, wer und was ich gewesen bin!“
    „Der ‚König der Cowboys‘, pshaw !“
    „Ist das etwa nichts?“
    „Wenigstens nicht viel, zumal wenn man sich etwas darauf einbildet. Seit Ihr bei mir seid, habt Ihr nichts, aber auch weiter nichts als Dummheiten gemacht. Ich habe Euch wiederholt gewarnt; es fruchtete aber

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