07 - Old Surehand I
gibt einen andern und viel triftigem Grund. Die Roten folgen, wahrscheinlich des Pferdetränkens wegen, diesem Wasser, welches zwar auch, aber in einem weiten Bogen nach dem Rio Pecos führt; sie machen also einen Umweg. Wir dagegen werden das Wasser hier verlassen und in gerader, östlicher Richtung nach dem Pecos reiten; wir sagen also ihrer Fährte lebewohl und werden den von mir beabsichtigten Zweck erreichen, daß wir eher als sie bei dem Saskuan-kui ankommen. Wie vorteilhaft das für uns ist, brauche ich Euch wohl nicht zu erklären.“
Da verschwand das überlegene Lächeln aus Old Wabbles Gesicht, und er sagte:
„Ja, wenn es so ist, Mr. Shatterhand, da bin ich freilich still. Habe wunder gedacht, wie klug ich bin, sehe aber ein, daß ich von Euch noch lernen kann, th'is clear. Aber sagt, ist der Weg, den Ihr im Sinn habt, sehr beschwerlich?“
„Gar nicht. Es geht immer abwärts; die Gegend ist meist eben, zuweilen Fels, zuweilen Sand; Wasser freilich gibt es nicht; in dieser Beziehung müssen wir uns bis zum Rio Pecos gedulden.“
„An welchem aber die Comanchen liegen. Wird uns das nicht verhindern, an das Wasser zu kommen, welches wir nach einem solchen Ritt so notwendig brauchen?“
„Nein. Ich kenn die Lage des Saskuan-kui ganz genau, an dem wir sie zu suchen haben. Wir werden den Fluß an einer ganz andern Stelle erreichen und unsre Pferde ganz gefahrlos tränken können.“
„Well, so bin ich beruhigt. Es war überhaupt überflüssig, diese Bedenken zu äußern, denn wenn Ihr unser Führer seid, können wir die Überzeugung haben, daß alles geschieht, was zu unsrer Sicherheit geschehen kann. Auf Old Shatterhand kann man sich verlassen, und darum will ich Euch etwas sagen, was Euch große Freude, ja große Freude machen wird.“
„Was mag das sein, Mr. Cutter?“
„Ich bin viel älter, viel, viel älter als Ihr, und darum würde es sich eigentlich ganz von selbst verstehen, daß Ihr mich als Anführer wähltet; dennoch will ich – will ich – will ich – hm, ja, ich will –“
Es schien ihm nicht leicht zu werden, den Entschluß, den er gefaßt hatte, auszusprechen; er schlang und schlang; er drückte und drückte, um die Worte herauszubringen; er bewegte die Arme und Beine; er drehte und wendete den dürren Körper, als ob alle seine Knochen locker geworden seien; es wackelte und wabbelte jedes Glied an ihm, bis er endlich hervorstieß:
„Ja, ich will darauf verzichten und mich unter Euch stellen; Ihr sollt unser Kommandant sein, dem wir zu gehorchen haben. So etwas hat Old Wabble noch nie getan. Was sagt Ihr dazu, he? Ihr werdet es mit Anerkennung und Dankbarkeit hinnehmen, Mr. Shatterhand; th'is clear.“
Ja, er war der Mann, der sich niemals einem andern unterordnete; das wußte ich. Man sah es ihm auch deutlich an, welche Überwindung es ihn gekostet hatte, es jetzt einmal zu tun, und daß er dafür Lob von mir erwartete. Er sah mich mit großen Augen und weit geöffnetem Mund erwartungsvoll an; aber diese Erwartung ging nicht in Erfüllung, denn ich antwortete:
„Nein, das ist nicht so klar, wie Ihr denkt. Wir sind freie Westmänner und nicht Soldaten, bei denen immer eine Charge über der andern steht; von einem Kommandanten im militärischen Sinn des Worts kann also bei uns nicht die Rede sein, sondern einer hat ganz und genau dieselben Rechte und Pflichten wie der andre.“
„Aber, Sir, Ihr könnt doch nicht verlangen, daß wir alle stets und immer eines und desselben Sinns sind.“
„Allerdings nicht.“
„Nun, was soll denn dann geschehen, wenn wir uns streiten?“
„Streiten? Das kann bei verständigen Männern gar nicht vorkommen. Wenn Meinungsverschiedenheiten eintreten, so besprechen wir uns, Mr. Cutter.“
„Well, wir besprechen uns. Und dann?“
„Dann handeln wir nach derjenigen Ansicht, welche die richtige ist.“
„Und wenn nun die andern gerade diese Ansicht nicht für die richtige halten?“
„Dann sind sie dumm, und mit dummen Menschen pflege ich nicht zu verkehren.“
„Wie – wa – – – waaaaaas?“ fragte er.
Es war ein geradezu köstliches Gesicht, welches er jetzt sehen ließ, halb das Gesicht eines listigen Fuchses und halb dasjenige eines Schafs, wenn es blöken will. Er blieb eine Zeitlang ohne Bewegung, dann wabbelte er seine Glieder schnell untereinander und fuhr fort:
„Dumm, also dumm, und mit dummen Menschen verkehrt Ihr nicht! Ihr meint also, daß nur wir es sind, welche dumm sein können?“
„Ich meine
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