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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ein Gedanke gekommen, Sir. Die Wächter werden Verdacht schöpfen, auch wenn sie uns nicht sehen.“
    „Warum?“
    „Weil sie sich fragen werden, woher unser Schilf die Bewegung bekommt. Der See steht ja still.“
    „Da irrt ihr Euch. Er schickt sein Wasser da unten dem Rio Pecos zu, und infolgedessen hat es eine, wenn auch nicht sehr wahrnehmbare Bewegung nach dem Abfluß hin. Ein losgerissenes Schilf wird also langsam da hinunter schwimmen. Das werden sich die Roten wohl auch sagen. In dieser Beziehung habe ich keine Sorge.“
    „Aber wohl in andrer?“
    „Ja.“
    „Weshalb?“
    „Wegen Euch.“
    „Pshaw! Ich will mich jetzt nicht anstrengen. Wenn es losgeht, werdet Ihr mich ganz bei der Sache finden.“
    „Hm! Vom Schwimmen will ich jetzt nichts mehr sagen; dazu komme ich noch, ehe ich den Rückweg antrete. Es handelt sich jetzt vielmehr um das Tauchen. Wenn Euch das nicht gelingt, können wir verloren sein.“
    „Redet nicht, Sir! Ich habe ja weiter nichts zu tun, als im richtigen Augenblick das Floß loszulassen, unterzutauchen und an der andern Inselseite wieder heraufzukommen. Das ist kinderleicht, zumal bei meinem Körperbau. Wer so wenig Fleisch und so viel Knochen hat, dem wird es leicht, im Tauchen Meister zu sein.“
    Da hatte er freilich recht, und das Selbstvertrauen, welches er zeigte, beruhigte mich einigermaßen, obgleich ich einsah, daß es besser gewesen wäre, ihn zurückzulassen und das Vorhaben allein auszuführen.
    Wir näherten uns der Insel mehr und mehr, und ich lenkte jetzt das Floß von der bisherigen geraden Richtung nach aufwärts, weil wir uns später abwärts treiben lassen mußten. Die Lagerfeuer der Comanchen leuchteten hell, doch nicht zu uns herüber; das auf der Insel war klein; es brannte hinter dem Gebüsch; darum konnten wir die Flamme nicht sehen. Die wenigen sichtbaren Sterne des heutigen Himmels blickten von dem Firmament herab in die Flut und aus derselben wieder herauf. Ich schwamm so stät und ruhig wie möglich, um keine Wellen zu verursachen, in denen der Rückstrahl der Sterne schwankte, weil dies ziemlich weit zu sehen ist. So kam ich ohne Hast bis in solche Nähe der Insel, daß wir nun das Floß treiben lassen konnten. Ich machte Old Wabble darauf aufmerksam:
    „Jetzt ist die Zeit gekommen, Mr. Cutter. Wir müssen nun unter das Schilf kriechen.“
    „Well, soll gleich geschehen“, antwortete er.
    „Noch einen Augenblick! Wenn wir mit den Köpfen in den Löchern stecken und uns eine Mitteilung zu machen haben, so darf das nur flüsternd geschehen.“
    „Versteht sich ganz von selbst!“
    „Obgleich wir das Floß treiben lassen, muß es doch leise gelenkt werden; das überlaßt Ihr mir allein!“
    „Ist mir lieb. Sagt mir nur, wann das Tauchen losgehen soll! Bin dann gleich dabei.“
    „Werdet Ihr es wirklich fertigbringen?“
    „Ich sage Euch allen Ernstes, habt keine Angst um mich. Ich gebe Euch mein Wort, daß ich Euch gar nicht, aber auch gar nicht beschwerlich fallen werde!“
    Das war ein ganz andrer Ton als vorher. Hatte er sich nur verstellt? War er wirklich ein guter Taucher?
    Wir schlüpften unter das Floß und steckten die Köpfe in die dazu bestimmten Löcher; dann schoben wir die Arme in die Lederschlingen und hingen nun in aufrechter Haltung ungefähr so unten an dem Floß, wie ein Turner an den Schwingen hängt. Das Schilf trug uns; wir brauchten nicht zu schwimmen, und eine kleine Hand- oder Fußbewegung genügte zum Lenken. Es ging sehr, sehr langsam, und in der Erwartung, die uns ergriffen hatte, wurde uns die Zeit doppelt lang.
    „Verwünschte Eilschiffahrt!“ raunte mir der Alte zu. „Könnt Ihr gut sehen, Sir?“
    „Ja.“
    „Ich auch. Jetzt müßte ein Haifisch kommen und uns in die Beine beißen! Thunder, würde da unser Steamer in Bewegung kommen! Wie gut, daß es hier keine solchen Bestien oder gar Krokodile gibt! Da, schaut!“
    „Ich sehe ihn.“
    „Und er sieht uns. Was wird er tun?“
    Wir waren jetzt vielleicht sechzig Schritte von der Insel entfernt. Im Gebüsch derselben gab es eine breite Lücke, durch welche das Feuer zu sehen war. Im Schein desselben erblickten wir einen Indianer, welcher am Ufer Wasser schöpfte und dabei unser ‚Dampfschiff‘ bemerkte. Er sah kurze Zeit zu uns herauf und kehrte dann zum Feuer zurück.
    „Prächtiger Kerl!“ flüsterte Old Wabble. „Will gar nichts von uns wissen.“
    „Das kann uns ungeheuer lieb sein; aber warten wir es ab, ob ihm unser Schilf nicht doch noch

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