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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Täuschung!
    Es dunkelte schnell; bald konnte ich das Gesicht Old Surehands nicht mehr sehen. Hätte ich es doch nicht für Täuschung gehalten und ihm von der Indianerin erzählt! Sie wäre viel, viel eher aus der Nacht des Wahnsinns errettet worden! Doch habe ich mir keine Vorwürfe zu machen, denn ich wollte gerecht und wahr gegen sie sein und meinem Versprechen treu bleiben. Ihm aber wäre die Last, an der er so schwer trug, auch viel eher vom Herzen genommen worden!
    Wir saßen lange still und ohne Worte, bis Old Wabble die Geduld verlor und mich fragte:
    „Nun, Sir, wie lange habt Ihr denn eigentlich noch nachzudenken? Wollt Ihr mir nicht erlauben, Euch dabei zu helfen?“
    Da hielt Old Surehand es für nötig, sein Schweigen zu brechen, um ihn zu vermahnen:
    „Bei Old Shatterhand bedarf es Eurer Hilfe nicht, alter Wabble; er wird ohne Euch fertig.“
    „Aber wann! Der Abend vergeht, und wir haben doch keine Zeit zu verlieren.“
    „Habt nur Geduld!“ bat ich ihn. „Wir können nicht eher etwas tun, als bis die Roten schlafen.“
    „Aber dann? Wie fangen wir es an?“
    „Ich weiß, wo das Zelt steht, in dem Bob steckt. Wir schleichen uns hin, schlagen die Wächter nieder –“
    „Tot?“ unterbrach er mich.
    „Nein. Es genügt, sie zu betäuben.“
    „So übernehmt das selbst! Ich bringe es nicht fertig. Aber Ihr tut, als ob man es nur so zu sagen braucht: Wir schleichen uns hin, schlagen die Wächter nieder – – –“
    „Und holen ihn heraus – – – fertig!“
    „Fertig! Weiter nichts?“
    „O doch!“
    „Was?“
    „Dann gehen wir zum Häuptlingszelt und nehmen die Medizinen, die dort an den Stangen hängen.“
    „Medizinen?“
    „Ja, die Medizinen seiner Vorfahren.“
    „Thunder-storm! Wenn er das erfährt, wird er verrückt. Da geht ihm ja die Ehre verloren und mit ihr alles, was er hat und was er ist!“
    „Nein.“
    „Nicht? Ich denke doch auch, die Gebräuche und Gewohnheiten der Roten zu kennen. Wer solche Medizinen verliert, der ist moralisch tot.“
    „Allerdings; aber er soll sie nicht verlieren.“
    „Was? Nicht?“
    „Wenigstens nicht für lange Zeit.“
    „Ihr wollt sie ihm wiedergeben?“
    „Ja.“
    „Sir, das ist widersinnig!“
    „Nein!“
    „Doch! Wenn Ihr sie ihm wiedergeben wollt, so laßt sie doch lieber gleich hängen!“
    „Ich habe meine Absicht dabei.“
    „Welche? Bin wirklich neugierig, sie zu hören!“
    „Ich will Blutvergießen vermeiden.“
    „Mit den Medizinen?“
    „Ja.“
    „Sonderbarer Kauz, der Ihr seid! Wenn Ihr mir die Sache nicht erklärt, so begreif ich sie nicht.“
    „Was wird wohl geschehen, wenn der Häuptling erfährt, daß ich seine Medizinen habe?“
    „Er wird einen heillosen Schreck bekommen; th'is clear!“
    „Und alles in Bewegung setzen, um wieder in ihren Besitz zu gelangen. Nicht?“
    „Das versteht sich ganz von selbst. Es wird kein Opfer geben, welches ihm zu schwer und zu groß ist, wenn es nur gebracht werden kann.“
    „Das Opfer, welches ich von ihm verlange, ist gar nicht zu groß. Er soll mit den Apachen Frieden schließen, ohne gekämpft zu haben, und Bloody-Fox in Ruhe lassen.“
    „Mr. Shatterhand, Ihr seid kein sonderbarer Kauz, sondern ein tüchtiger Kerl, ein sehr tüchtiger Kerl; das muß ich sagen! Er wird darauf eingehen.“
    „Das denk ich auch.“
    „Ja, er wird es tun, leider, leider wird er es tun!“
    „Warum leider?“
    „Weil ich dadurch um mein Vergnügen komme, um mein ganzes, großes, schönes Vergnügen. Ich hatte mich so darauf gefreut!“
    „Worauf?“
    „Auf die Lehre, welche die Roten erhalten sollten. Ihr seid zwar anderer Meinung, aber ich sage Euch wieder und immer wieder, daß man gar nicht genug Indsmen auslöschen kann. Dieses Ungeziefer muß weg von dieser Welt.“
    „Da spricht wieder einmal der Cowboy aus Euch, und zwar in einer Weise, die mich zornig machen kann!“
    „Den Zorn, den schenk ich Euch. Wenn Ihr Cowboy gewesen wärt wie ich, so wüßtet Ihr, daß jeder Rote ein geborener Pferdedieb ist. Haben mir die Halunken zu schaffen gemacht!“
    „Wie es scheint, hat Euch das nichts geschadet. Ihr seid trotzdem gesund geblieben und alt geworden.“
    „Ja, der Ärger ist mir außerordentlich gut bekommen; das gebe ich zu. Aber trotzdem hasse ich sie, und ich freute mich darauf, möglichst viele von ihnen wegputzen zu können. Doch bin ich gerecht genug, zuzugeben, daß Euer Gedanke großartig ist. Wenn er gelingt, komm ich, wie gesagt, um all meine

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