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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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sich eben so gut es ging durchgeschlagen. Sie bettelte Freunde an, sie durch ihr Schlafzimmerfenster einsteigen zu lassen und ihr einen trockenen Schlafplatz zu gewähren. Später, als deren Gastfreundschaft erschöpft war, schlief sie im Freien, wo immer sie ein Plätzchen finden konnte, und nahm Almosen von den örtlichen Wohltätigkeitsvereinen an.
      Die Schule erschien ihr wie ein fernes Universum, und manchmal vermisste sie auch das, und zwar mit einer Heftigkeit, die sie selbst überraschte. Aber jetzt lief es besser, seit sie Buddy begegnet war und den Job im Café bekommen hatte. Sie war zunächst misstrauisch gewesen, aber es hatte sich herausgestellt, dass es wirklich nicht mehr war als das freundliche Angebot, das es zu sein schien. Nach ein paar Wochen erbot sie sich freiwillig, das Öffnen und Schließen des Cafés zu übernehmen. Wenn ihr Boss wusste, dass sie die Nächte in der winzigen Kammer im Obergeschoss verbrachte, dann ließ er sich jedenfalls nichts anmerken. Und wenn es ihr manchmal unheimlich war - die schimmlige Feuchtigkeit, die aus den Wänden sickerte, die seltsamen Träume, die ihr keine Ruhe ließen und sie schweißgebadet aufschrecken ließen -, dann wusste sie doch immer, dass diese Lösung besser war als jede Alternative.
      Oben gab es eine Toilette und ein Waschbecken, und so konnte sie sich immerhin sauber halten und ihre wenigen Kleidungsstücke waschen. Aber inzwischen war ihr alles zu eng, die Sachen spannten über ihrem anschwellenden Bauch.
      Sie dachte nicht darüber nach, wie sie zurechtkommen würde, wenn das Baby da war.
      Man musste einfach eins nach dem anderen erledigen, und jetzt musste erst einmal die Suppe umgerührt werden. Es handelte sich um eine reichhaltige Mischung aus Kohl, Tomaten und Kümmelkörnern - von Buddy Schii genannt, nach dem Rezept seiner deutschen Großmutter, die ins Texas Hill Coun-try ausgewandert war. Faith schmeckte die Suppe ab, griff nach dem Salz und hatte plötzlich ein ganz komisches Gefühl im Bauch. Ein Flattern, fast ein Kitzeln - da war es schon wieder.
      Sie stand da, den Löffel in der einen Hand, das Salzfass in der anderen, den Mund vor Verblüffung geöffnet, als die Tür aufging und eine Frau eintrat. Dunkles Haar mit silbernen Strähnen, hinten zu einem Zopf gebunden, hageres Gesicht, klimperndes Ohrgehänge, langes indisches Baumwollkleid. Faith kannte die Frau - sie war eine Stammkundin und mit Buddy befreundet, aber sie hatte eigentlich nie richtig mit ihr gesprochen.
      »Fehlt dir etwas?«, fragte die Frau und trat auf die Theke zu.
      »Ich - ich hab nur gerade etwas gespürt... Ich glaube, das Baby hat sich bewegt.«
      »Ist es dein erstes?«
      Faith nickte. Sie stellte das Salzfass ab und legte den Löffel hin, dann legte sie die Hand behutsam auf ihren Bauch.
      »Gut. Das ist ganz normal, weißt du. Kein Grund zur Sorge. Ehe du dich versiehst, wird sie dich treten und kicken wie ein Fußballer.« Die Frau musterte Faith mit einem offensichtlich fachmännischen Blick. »Hast du eine Hebamme?«
      Faith schüttelte den Kopf.
      »Warst du schon zur Schwangerschaftsberatung?«
      »Nein.« All diese Dinge bedeuteten, dass man sich bei den Sozialdiensten registrieren lassen musste, Namen und Adresse angeben, die Namen der Eltern...
      Die Frau betrachtete sie noch einen Moment. »Aha, so ist das also. Wie alt bist du?«
      »Siebzehn. Alt genug, um auf eigenen Füßen zu stehen.«
      »Deine Eltern wissen, wo du bist?«
      »Die wollen das gar nicht wissen«, entgegnete Faith. Sie musste Acht geben, dass ihre Stimme nicht versagte. »Und ich wüsste auch nicht, was Sie das angeht.«
      »Wie wär’s, wenn du mir eine Tasse Tee machst?«, sagte die Frau, offensichtlich unbeeindruckt von Faiths Grobheit. »Übrigens, ich heiße Garnet. Ich wohne oben am Berg.«
      Faith erfüllte ihr den Wunsch, dankbar für die Gelegenheit, sich ein wenig zu sammeln. Garnet blieb an der Theke stehen und beobachtete sie.
      Nachdem Garnet ihren Tee bekommen hatte, sagte sie beiläufig, als führe sie eine zwanglose Plauderei fort: »Dürfte nicht sehr bequem sein, da oben in der Abstellkammer zu schlafen. Und auch nicht gerade ideal für ein Mädchen in deinem Zustand - die ganze Feuchtigkeit.«
      Faiths Herz begann vor Panik zu rasen. »Aber... woher haben Sie -«
      »Buddy und ich sind alte Freunde. Er macht sich Sorgen um dich.«
      Faith lief vor Scham über ihre eigene Dummheit

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