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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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woraus sie schloss, dass ihn das bevorstehende Treffen ebenfalls nervös machte. »Du musst Fitzstephen ja nichts erzählen, wenn du kein gutes Gefühl dabei hast.«
      »Ich weiß«, antwortete Jack, indem er sich mit einer fahrigen Bewegung auf den Stuhl neben ihr fallen ließ. »Aber dann werde ich mir blöd Vorkommen, weil ich nur seine Zeit vergeude.«
      »Unsinn«, beruhigte sie ihn. »Es ist doch bloß ein geselliges Beisammensein.«
      »Stimmt.« Er quittierte ihre Bemühungen mit einem Grinsen und zog dann ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Jackentasche. »Aber ich habe hier etwas Handfesteres, worauf ich mich berufen kann.«
      »Ist das heute gekommen?« Winnie nahm das Blatt und fügte dann hinzu: »Ich rede ja gerade so, als sei es mit der Post gekommen.« Tatsächlich waren die Mitteilungen sporadisch, die Zusammenhänge zuweilen schwer zu erkennen. Oft brach eine Botschaft mitten im Satz ab, um dann ein oder zwei Wochen später an derselben Stelle fortzufahren, als hätte es gar keine Unterbrechung gegeben.
      Es war fast so, als arbeite man an einem Puzzle - indem man mal hier, mal dort ein Teil einsetzt, versucht man dem Gesamtbild Schritt für Schritt näher zu kommen.
      Aethelnoth war damals unser Abt, und unter ihm wurden wir noch ärmer. Zart wie ein Weidenschössling war ich, doch von zäher Konstitution. Zäher, als mein Vater geahnt hatte. Er hatte nicht mit der Fürsorge des Bruders Ambrosius gerechnet, unseres Hospitarius, der mich nicht vor die Tür ließ, wenn der Nordwind wehte, und der mir Kräuter und wärmende Suppen verabreichte. Da war ich denn endlich reif für meine Berufung, und mein Herz frohlockte. Doch all das war vor der Zeit, da... Gottes Zorn auf uns herabrief...
      Sie sah auf. »Das ist alles?«
      »Ja. Aber der Name des Abts gibt uns ein Datum. Aethel-noth war der letzte angelsächsische Abt, von 1053 bis 1078. Ich hoffe, Fitzstephen kann uns mehr erzählen.«
      Es würde sich nicht vermeiden lassen, dass sie Jack die Wahrheit über Simon sagte, das war ihr klar. Und je länger sie wartete, desto schlimmer würde es werden. Winnie nahm all ihren Mut zusammen und setzte zu ihrem Geständnis an. »Jack, es gibt da etwas, was ich -«
      »Da ist Nick.«
      Gerettet vom Geräusch eines Motorrads, dachte sie, als Jack aufstand, offenbar ohne ihre stockenden Worte überhaupt gehört zu haben. Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, während sie ihm zur Tür folgte, schwor sich aber, dass sie es ihm wirklich sagen würde, sobald sich die Gelegenheit ergäbe.
      Sie ließen Nicks Motorrad in der Einfahrt stehen und fuhren die kurze Strecke bis zu dem Dorf Pilton mit Jacks Wagen. Die sanften Hügel lagen im dämmrigen Abendlicht, und hinter ihnen schob sich die Silhouette des Tor vor die untergehende Sonne.
      Vor dem Dorfeingang machte die Straße eine scharfe Linkskurve. Nick dirigierte anhand einer Wegbeschreibung, die er auf einen Zettel gekritzelt hatte. »Es ist unterhalb der Kirche. Sie nehmen die Abzweigung mit dem Wegweiser »Zum alten Pfarrhaus<.«
      Pilton war gewiss eines der reizvollsten Dörfer in ganz Somerset, in ein mäanderndes Bachtal geschmiegt und umgeben von steilen bewaldeten Hügeln. Es war auch ein Labyrinth von gewundenen Sträßchen und Sackgassen. Nachdem sie abgebogen waren, führte der Weg bergab, vorbei an der hübschen kleinen Kirche St. John the Baptist, worauf sie ein weiteres Mal scharf links abbiegen mussten. Die jäh abfallende Straße war gerade eben breit genug für den Volvo. »Gleich auf der rechten Seite«, rief Nick und zeigte in die Richtung. »Riverside Cottage.«
      Jack folgte dem Sträßchen bis zum Ende und parkte den Wagen auf einem Rasenstück nahe einer Steinbrücke, die über ein felsiges Bachbett führte. Sie stiegen aus und sahen sich um. Unter dem dichten Baldachin der Bäume war das Licht von einem wässrig schimmernden Grün; die Stille wurde nur vom Geräusch des Wassers durchbrochen, das über die Felsen plätscherte. Vor ihnen stand das Häuschen, durch eine Steinmauer von der Straße getrennt. Jenseits der Mauer war eine Rasenfläche, die sanft zum Bach hin abfiel, und ein Weg aus Steinplatten führte von der Pforte zu der mit einem Rundbogen versehenen Eingangstür.
      Winnie ließ die Männer vorgehen und blieb einen Augenblick stehen, die Hand auf die Pforte gelegt. Sie hatte das Gefühl, in der seltsamen, bedrückenden Atmosphäre den Boden unter den Füßen zu

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