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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Todesfalles zu helfen, war sie ermordet worden, und er war mit dem Gefühl zurückgeblieben, dass zwischen ihnen noch vieles zu klären gewesen wäre.
      Als er nun Kit beobachtete, wie er auf Schritt und Tritt an seiner Seite ging, stellte er fest, dass es ihn nicht mehr wie früher schockte, sich einer jüngeren Version seiner selbst gegenüber zu sehen. Und auch die Ähnlichkeit des Jungen mit Vic - ihrem Lächeln, ihren Gesten, ihren Eigenarten - schmerzte ihn nicht mehr so wie in den ersten paar Wochen nach ihrem Tod.
      Endlich erreichten sie Piccadilly Circus und gingen von dort den Piccadilly entlang in Richtung Hyde Park. Und während sie so marschierten, sprang etwas von Kits Begeisterung auf Kincaid über, der sich daran erinnerte, wie herrlich ihm die Stadt erschienen war, als er vor zwei Jahrzehnten zum ersten Mal nach London gekommen war. Kit sah ihn an, und sie strahlten beide vor purer Freude an dem bunten Treiben rings um sie herum.
      Als sie schließlich das Hard Rock Café erreichten, waren sie beide erhitzt und ausgehungert. Eine Stunde später kamen sie wieder heraus, randvoll mit Cheeseburgern, Pommes frites und Schoko-Milchshakes; zudem war Kit nun stolzer Besitzer eines begehrten T-Shirts, auf dem zu lesen war, dass das Londoner Hard Rock das »Original« sei.
      Auf der anderen Straßenseite lockte der Green Park, und schon bald hatten sie ein geeignetes Plätzchen gefunden, wo sie sich im Gras ausstrecken konnten. Die Menschen rekelten sich auf Handtüchern oder in mit gestreiftem Stoff bespannten Klappstühlen, um den Sommer noch einmal in vollen Zügen zu genießen. Obwohl es Kincaid gewöhnlich schwer fiel, sich an einem öffentlichen Ort zu entspannen, ließ er nun die Sonnenwärme wie eine Droge in seine Haut einziehen, und schon bald wurden ihm die Lider schwer.
      Er schreckte aus seinem Schlummer hoch, als Kit sich auf den Bauch rollte und erklärte: »Ich wünschte, wir hätten Tess mitnehmen können.« Kit deutete auf die zahlreichen Hunde, die neben ihren Herrchen und Frauchen herliefen, nach Frisbees schnappten oder einfach nur zufrieden hechelnd in der Sonne lagen.
      »Dann hätten wir aber nicht in den Spielsalon gehen können«, erinnerte ihn Kincaid, während er sich noch den Schlaf aus den Augen rieb.
      »Ich weiß. Ich beschwere mich ja auch nicht. Es ist halt einfach so schön hier, das ist alles.« Kit kaute nachdenklich auf einem Grashalm herum. »Komisch, irgendwie will ich, dass wir beide allein sind, aber gleichzeitig vermisse ich auch Gemma und Toby.«
      »Das ist der Grund, weshalb die Zen-Philosophen lehren, dass man sich auf den Augenblick konzentrieren muss. Sonst verpasst man das Jetzt, weil man zu sehr damit beschäftigt ist, etwas anderes zu wollen.«
      »Bist du gut darin, im - wie hast du es noch mal genannt?«
      »Auf den Augenblick konzentrieren? Ich kann es nicht halb so gut, wie ich gerne möchte. Aber du hast mir geholfen, besser zu werden.«
      »Ich?«
      »Wenn ich mit dir zusammen bin, will ich nicht über die Arbeit und solche Dinge nachdenken. Und wenn dann so ein nerviger Gedanke in meinem Kopf auftaucht, denke ich einfach: Verschwinde! Und das tut er gewöhnlich auch.«
      »Aber Gemma vermisst du dann immer noch, nicht wahr?«
      Die Frage traf Kincaid wie ein Schlag in die Magengrube.
      Er starrte seinen Sohn an. Wenn es um Gefühle ging, neigte Kit sonst dazu, sich wie ein Krebs in seine Schale zu verkriechen. »Ja«, sagte er, zu überrascht, um nicht ehrlich zu antworten. »Allerdings.«
      »Ich verstehe nicht, weshalb sie Weggehen musste.«
      »Sie ist auf einem Lehrgang, Kit. Das weißt du doch.«
      »Aber warum musste sie sich denn um eine Beförderung bewerben? Hätte sie nicht alles beim Alten lassen können?«
      Ja, warum eigentlich nicht?, dachte Kincaid bitter. Gewiss, die rationalen Argumente waren ihm alle bekannt - er hatte ja selbst ein Lippenbekenntnis darauf abgelegt -, und er hatte Verständnis für Gemmas Motive, aber in seinem Herzen fühlte er sich genauso unglücklich und allein gelassen wie Kit. Sie hatte ihn im Stich gelassen, und die Arbeitstage kamen ihm ohne ihre Gesellschaft schier endlos vor. Die neuen Assistenten, die einander in rascher Folge ablösten, machten ihn nur noch gereizter. Wenn Gemma aus Bramshill zurückkam, würden sie wenigstens einen Teil ihrer Freizeit zusammen verbringen können, je nachdem, wohin man sie versetzen würde; für ihre berufliche

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