07 Von fremder Hand
Partnerschaft jedoch würde es keinen Ersatz geben. »Das war ganz einfach etwas, was sie tun musste«, sagte er und hörte selbst die mangelnde Überzeugung aus seinen Worten heraus.
Kit sah ihn finster an, er ließ sich nicht so leicht beschwichtigen. »Warum könnt ihr dann nicht einfach heiraten? Dann könnten wir... na ja, so was wie eine richtige Familie sein.«
»Das ist kein Thema«, sagte Kincaid heftiger als beabsichtigt. Gemma hatte das unmissverständlich klar gemacht, und er tat sein Bestes, sich mit dem zufrieden zu geben, was möglich war. Schließlich hatten sie sich beide bei ihren ersten Eheversuchen nicht gerade mit Ruhm bekleckert, und jetzt, da Gemma so bewusst auf Abstand ging, erschien ihm ihre gemeinsame Zukunft umso ungewisser.
Aber was war nur in Kit gefahren? Ihre Vater-Sohn-Beziehung war immer noch ein heikles Thema, und soeben hatte Kit erstmals in seiner Gegenwart offen eingestanden, dass sie eine Familie waren - oder möglicherweise sein könnten. »Ist irgendetwas mit Ian, Kit?«, fragte er, während er Kits halb abgewandtes Gesicht zu lesen suchte. Kit war die Woche über immer bei Ian McClellan, dem Mann, den er fast zwölf Jahre lang als seinen Vater gekannt hatte; die meisten Wochenenden dagegen bei Kincaid.
Kit nagte an seiner Unterlippe; seine Augen waren halb verdeckt durch eine widerspenstige Haarsträhne, die ihm in die Stirn fiel. »Ich sollte es eigentlich nicht wissen. Aber ich habe den Brief gesehen, und ich habe gehört, wie er telefoniert hat.«
»Was für einen Brief?«
»Den von der Universität von Quebec. Sie haben ihm einen Job angeboten. >... seine akademische Karriere, mehr Möglichkeiten, bla bla bla...< Was sie meinen, ist mehr Geld.«
»Und du denkst, dass Ian das Angebot annehmen will?«
»Er hat so Andeutungen gemacht. »Hättest du nicht Lust, Ski fahren zu lernen, Kit? Was macht eigentlich dein Französisch, Kit?<«
Eine Welle von Panik erfasste Kincaid. Nach allem, was geschehen war, nach allem, was sie durchgemacht hatten, wollte er Kit nicht wieder verlieren. So ruhig, wie es nur eben ging, sagte er: »Du möchtest nicht mitgehen?«
Kit warf ihm einen Blick zu und wandte sich dann gleich wieder ab, mit einer gewollten Lässigkeit, die nicht ganz überzeugend wirkte. »Ich will hier bleiben. Bei dir.«
»Das würde bedeuten, von Grantchester fortzugehen und hier in London zu wohnen.«
»Ich weiß. Würde es dem Major etwas ausmachen, wenn Tess ab und zu mal im Garten rumlaufen würde?«
Kincaid lächelte. »Ich denke, du könntest ihn überreden.« Typisch Kit, dass er zuerst an den zotteligen kleinen Terrier dachte und nicht an eine neue Schule, neue Freunde und all die anderen logistischen Probleme, die einem den Verstand rauben konnten. Und selbstverständlich würde ohne Ians Zustimmung gar nichts gehen; er war immer noch Kits gesetzlicher Vormund.
Ian McClellans Verhalten war noch nie berechenbar gewesen. Zuerst hatte er Kits Mutter verlassen und war mit einer Studentin nach Frankreich durchgebrannt; nach Vics Tod hatte er dann jegliche Verantwortung für den Jungen abgelehnt. Und dann war er vor ein paar Monaten plötzlich aus Frankreich zurückgekommen, entschlossen, seinen Fehler wieder gutzumachen, und hatte Kit in sein Haus in Grantchester zurückgeholt. Nun sah es so aus, als ob der Mann es kaum erwarten könne, wieder zu verschwinden. Wie würde es Ian wohl gefallen, Kit zurückzulassen?
Und davon abgesehen, wie würde es ihm, Kincaid, wohl als allein erziehendem Vater ergehen? Seine Beziehung mit Gemma würde noch schwieriger werden, das war ihm klar, aber er wusste, dass Kits Wohl absoluten Vorrang hatte.
»Würde es... Du hättest doch nichts dagegen, oder? Wenn ich zu dir ziehen würde?« Diesmal sah Kit Kincaid in die Augen.
»Es gibt nichts«, antwortete Kincaid wahrheitsgemäß, »was mir lieber wäre.«
Winnie legte Wert darauf, wenigstens einmal im Monat mit Fiona Allen zu Mittag zu essen, entweder im Pfarrhaus in Compton Grenville oder bei Fiona in der Bulwarks Lane am Fuß des Tor. Heute trafen sie sich in Fionas Haus, da Winnie ohnehin in Glastonbury unterwegs war, und Fiona hatte in ihrer hellen skandinavischen Küche einen Nizzasalat zubereitet.
»Somerset im August ist furchtbar«, stöhnte Winnie, während sie sich auf einen Stuhl fallen ließ und an ihrer Bluse zupfte, die an ihrer feuchten Haut klebte. »Es ist, als ob man in einem
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