07 Von fremder Hand
aufgedeckt.«
»Ja, aber hätte er es Ihnen auch gesagt?«, murmelte Suzanne. Und dann, als sie merkte, wie alle Augen erwartungsvoll auf sie gerichtet waren, schüttelte sie ein wenig den Kopf. »Oh, das hätte ich nicht sagen sollen. Ich habe wohl schon zu viel Wein getrunken. Ich meinte nur, es ist schon mal vorgekommen, dass Simon Informationen für sich behalten hat, wenn es für ihn von Vorteil war. In der Kirchenpolitik kann es zuweilen überraschend intrigant zugehen, und Simon hat das Spiel schon immer meisterlich beherrscht.«
David Sanborne stand auf. »Ich denke, ich sollte dich besser nach Hause bringen, bevor du noch mehr Geheimnisse ausplauderst. Und ich habe morgen Frühdienst - Sie wissen ja, wie es heißt: Bauern und Ärzte können nie richtig ausschlafen.«
»Wir gehen dann am besten auch«, sagte Bram Allen. »Fiona braucht ihre Ruhe. Es war ein interessanter Abend. Irgendwie einmalig, könnte man sagen.«
Als sie sich verabschiedeten, ergriff Fiona Jacks Hand. Mit einem Seitenblick auf ihren Mann sagte sie leise: »Ich freue mich wirklich, Sie kennen gelernt zu haben.«
Es war ein angenehmer Abend. Die Luft war frisch, und die Sterne strahlten hell und klar von einem wolkenlosen Himmel herab. Als die beiden Paare gegangen waren, blieb Andrew auf dem Treppenabsatz stehen und trat von einem Fuß auf den anderen. Winnie rückte näher zu Jack und legte den Arm um seine Hüfte.
»Na, dann sollte ich die jungen Liebenden wohl besser allein lassen, was?«, zischte Andrew, machte auf dem Absatz kehrt und ging mit großen Schritten davon. Einen Augenblick später sahen sie seinen Wagen die Auffahrt hinunterrasen.
Jack nahm Winnie bei der Schulter, ging mit ihr ins Haus und schloss die Tür. Im helleren Licht der Eingangshalle konnte er sehen, dass in ihren Augen mühsam zurückgehaltene Tränen standen.
»Er hat sich scheußlich benommen«, sagte sie. »Absolut scheußlich.«
»Es tut mir Leid, Schatz. Es ist meine Schuld, ich habe dich da hineingezogen -«
»Wenn irgendjemand Schuld hat, dann ich, weil ich es nicht habe kommen sehen - aber für sein Verhalten gibt es trotzdem keine Entschuldigung.«
»Winnie, er ist eifersüchtig! Und ich glaube, er hat panische Angst, dich zu verlieren.«
»Nein, irgendetwas stimmt da nicht, irgendetwas Ernstes, aber er will ja nicht mit mir reden. Fast unser ganzes Leben lang waren wir die besten Freunde, und jetzt scheine ich plötzlich der Erzfeind zu sein.«
»Lass uns jetzt nicht an Andrew denken.« Er zog sie an sich heran und strich ihr übers Haar. »Du frierst. Komm mit ans Feuer. Ich muss dir etwas erzählen.«
Gemma schob den Stuhl zurück, streckte sich und gähnte ausgiebig, dann nippte sie noch einmal an dem Rest von kaltem Tee in ihrem Becher. Die Uhr an dem Herd in ihrer winzigen Kochecke zeigte halb zwölf, und wenn sie nicht bald zu Bett ginge, würde sie morgen bei der Arbeit mit der Müdigkeit zu kämpfen haben. Lustlos schob sie die Papiere auf dem Tisch zusammen und stand dann auf, um auf Strümpfen in Tobys Zimmer zu schleichen.
Obwohl es eine der ersten kalten Herbstnächte war, hatte er sich von dem kleinen Federbett freigestrampelt und lag auf dem Bauch, alle viere von sich gestreckt. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er zu groß für sein Kinderbett war; aber wie sollten sie irgendetwas Größeres in diesem Zimmer unterbringen, das im Grunde nur eine Abstellkammer war?
Sie strich noch einmal über die Bettdecke und wandte sich mit einem Seufzer ab. Irgendwie würden sie klarkommen müssen. Sie war noch nicht bereit, über einen Auszug aus der Garagenwohnung nachzudenken - mit der einen Veränderung in ihrem Leben hatte sie zunächst einmal genug zu tun.
Die Eingewöhnung in den neuen Job war schwieriger, als sie geglaubt hatte. Damals in Notting Hill war sie zwar ein Greenhorn gewesen, doch sie hatte sich auch nur um ihr eigenes kleines Revier kümmern müssen. In den vergangenen zwei Monaten hatte sie herausgefunden, dass die Wirklichkeit einer Führungsposition etwas völlig anderes war, und sie brachte einen Berg von Papierkram mit sich, der nie kleiner wurde - daher auch ihre Mitternachtsschicht mit dem kalten Tee am Küchentisch. Dazu kam noch der latente Sexismus ihres Chief Inspectors und einiger der männlichen Beamten, die ihr unterstellt waren. Erst jetzt wurde ihr klar, wie sehr sie ihr dienstliches Verhältnis zu Kincaid als
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