070 - Neues vom Hexer
stand bereitwillig auf und ging zur Tür.
»Ich lasse allerdings nicht gern meinen Wein stehen«, meinte Mr. Bliss.
Elliott drehte sich um und sah, daß der Chefinspektor das kostbare Rubinglas hob.
»Also darauf, daß der Hexer bald gefaßt und bestraft wird«, sagte Bliss.
»Darauf muß ich unbedingt mit Ihnen anstoßen. Ich glaube allerdings nicht recht, daß es Ihnen gelingen wird, ihn zu fassen.«
Er füllte sein halbgeleertes Glas noch einmal und trank es aus.
Dann gingen sie hinaus in den Garten. Vor der Tür wartete das Auto. Mr. Elliott sprach ununterbrochen, während sie über den breiten, gepflegten Rasen zu einer Gruppe von drei großen Kiefern schritten. Plötzlich hielt Mr. Elliott inne, denn er war gestrauchelt. Als er sich bückte, sah er einen zusammengeschlungenen Strick im Gras liegen.
»Zum Henker, was -?« begann er, unterbrach sich aber sofort. »Sie wollten mir doch noch etwas über Leslie Carter sagen?«
»Nur so viel, daß sein Bruder in Berlin nicht krank war. Der Anruf, den er auf Ihre Veranlassung erhielt, war ein Scheinmanöver. Und dabei haben Sie einen bösen Fehler gemacht. Haben Sie nicht gesehen, wie verstört er beim Abendessen gewesen ist?«
»Doch«, gab Elliott zögernd zu. Der andere lachte leise.
»Ich sagte ja schon, daß ich mit ihm gesprochen habe. Er war deshalb so bestürzt, weil er in einem kleinen Haus an der Grenze Ihres Landbesitzes ein Motorrad mit Beiwagen gefunden hat, und zwar dasselbe, das der Räuber bei dem Überfall auf den Postwagen benützte. Der junge Mann ist nicht dumm, und der Anruf, der ihn zu der Reise nach Berlin veranlaßte, hat ihn auf die Spur gebracht. Es ist ja nur zu klar, daß Sie dadurch den Verdacht auf ihn lenken wollten. Vielleicht hat er auch noch andere Dinge herausgefunden. Darüber habe ich allerdings nicht mit ihm gesprochen.«
»Hat er Ihnen das alles erzählt?«
»Ja, Joe.«
Joe Ellroyd wandte sich zur Flucht, aber im nächsten Augenblick packte ihn eine eiserne Faust, und er fühlte sich merkwürdig schwach. Das letzte Glas Wein hatte ein starkes Betäubungsmittel enthalten.
»Joe, der letzte Toast war ein Gnadenakt. Sie waren der Täter! Sie fuhren nach Berlin und schrieben den Brief an Mr. Bliss. Ich habe zufällig im Hotel das Löschpapier gefunden, auf dem Sie ihn löschten. Das war natürlich ein glücklicher Umstand, aber ich hätte Sie auf jeden Fall erwischt. Ich habe Sie gewarnt, aber Sie haben nicht hören wollen .«
Das Telefon schrillte laut in der Bibliothek von Long Hall, und Leslie Carter nahm den Hörer ab.
»Mr. Bliss? Aber das ist doch unmöglich! Mr. Bliss ist im Augenblick hier. Er ist gerade mit Mr. Elliott in den Park gegangen.«
Der Chefinspektor begriff sofort und sprach schnell in den Apparat.
»Ich wunderte mich schon über das Telegramm, daß ich heute abend nicht kommen solle. Telefonieren Sie so schnell wie möglich an die nächste Polizeiwache . haben Sie eine Pistole? Nehmen Sie sie mit, bewaffnen Sie alle Diener und suchen Sie den Park ab.«
Eine Stunde später kam Bliss selbst, aber man fand weder Elliott noch seinen Gast. Erst als der Morgen graute, entdeckte man Joe Ellroyd, der an einer der großen Kiefern aufgehängt war. Als sie den Toten genauer untersuchten, bemerkten sie einen Zettel und eine Zehnpfundnote, die an seinem Ärmel angesteckt waren.
Bitte geben Sie dieses Geld dem Henker. Ich lasse mich vielmals bei ihm entschuldigen, daß ich ihm ins Handwerk gepfuscht habe.
Die Mitteilung war nicht unterzeichnet, aber Bliss kannte die Handschrift des Hexers gut genug.
4
DER SKLAVE DER FRAUEN
Während des Krieges, als das menschliche Leben wenig galt, machte ein Fliegeroffizier einen Erkundungsflug nordwestlich von Bagdad. In der Wüste, tief unter sich, sah er einen Mann und ein totes Kamel liegen.
Der Fliegeroffizier war niemand anders als Henry Arthur Milton. Er ging tiefer, um die Sache genauer zu untersuchen, und bemerkte, daß der Mann die Hand schwach hob, als ob er um Hilfe bitten wolle.
Captain Milton stellte den Motor ab, nachdem er in der Nähe einen Landeplatz gefunden hatte, und fünf Minuten später war er bei dem Verwundeten. Soviel man aus seiner Kleidung und dem Zaumzeug des Kamels schließen konnte, mußte der Araber ein Mann von Bedeutung sein. Er hatte eine schwere Schußwunde an der Schulter und war halb verdurstet. Sein Name war Ibn el Masjik, und er war in einem Vorpostengefecht mit britischen Truppen verletzt worden.
Milton gab ihm zu trinken
Weitere Kostenlose Bücher