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070 - Neues vom Hexer

070 - Neues vom Hexer

Titel: 070 - Neues vom Hexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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mit weinerlicher Stimme.
    »Nein, aber ich werde Ihnen ganz offen sagen, daß es ein Betäubungsmittel enthält. Sterben sollen Sie nicht, das verspreche ich Ihnen.«
    Julian trank das Glas in einem Zuge aus.
    »Wer sind Sie?« fragte er dann heiser.
    »Die Leute nennen mich den Hexer!«
    Das waren die letzten Worte, an die sich Julian Graddle später erinnerte.
    Am selben Abend hatte der Hexer eine längere Unterhaltung mit Kapitän Oring und seinen beiden Söhnen.
    »Das ist der Mann, ich weiß es ganz genau. Wir können Ihrer Tochter die Aufregung ersparen. Sie braucht wirklich nicht hierher zu kommen und ihn zu identifizieren. – Wo liegt Ihr Schiff?«
    »Bei Keenneys Werft, Rotherhithe«, sagte Oring nachdenklich. »Wenn es stimmt, daß das der gemeine Kerl ist – «
    »Er ist es sicher, aber Sie werden sich nicht an ihm vergreifen. Er darf nicht sterben. Ungefähr am Dreiundzwanzigsten kommen Sie in El Sass an. Man erwartet Sie dort. Bei Nacht übergeben Sie den Mann den Arabern, die in einem Boot zu Ihrem Dampfer gerudert kommen. Hier ist das Geld für seine Passage – zweihundertfünfundsechzig Pfund. Seine Mutter hat es bezahlt.«
    »Wenn das tatsächlich der Lump ist, Mr. Oppenton, dann brauchen wir kein Geld für seine Passage. Ich möchte diesen Lumpen am liebsten zu Tode peitschen. Aber wenn Sie dagegen sind, müssen wir uns natürlich nach Ihnen richten.«
    Was mit Julian Graddle passieren würde, erklärte ihnen der Hexer auf dem Weg zu der kleinen Garage. Sie trugen ihn in ein altes Auto und fuhren ihn zu Keenneys Werft, wo sie ihn an Bord brachten und in einer kleinen Kabine einschlossen.
    Dann schrieb der Hexer einen Brief an Ibn el Masjik und schickte ihn per Luftpost ab.
    Von seinem Freunde Arthur an Ibn el Masjik, den Diener Gottes. Friede sei mit Dir.
    Ich habe lange nachgedacht über die Sorgen, die Du mir mitgeteilt hast. Die Frauen in Deinem Hause wünschen die Haare nach westlicher Mode kurz geschnitten zu tragen, wie es sonst nur die Männer tun, und Du hast mir gesagt, daß Du niemand in Deiner Stadt finden kannst, der ihnen diesen Dienst erweist.
    Nun schicke ich Dir einen sehr tüchtigen Mann, der diese Dinge von Grund auf versteht. Er ist ein Sklave, der nicht durch das Gesetz geschützt wird, und Du sollst ihn sein ganzes Leben lang in Deinem Hause behalten. Immer soll er der Diener der Frauen sein, den sie mit ihren Pantoffeln schlagen können, wenn er nicht nach ihrem Willen handelt.
    Am vierzehnten Tag des Monats der Pilgerschaft wird ein kleiner Dampfer im Hafen von El Sass ankommen, und Du sollst ein Boot schicken .
    Er gab noch genaue Anordnungen, was mit Julian Graddle geschehen solle, und er wußte, daß seine Anweisungen buchstäblich befolgt werden würden.
    Vierzehn Tage später las er in großen Zeitungen eine Anzeige:
    Julian Graddle, der aus London verschwand, wird gebeten, sich mit seiner betrübten Mutter in Verbindung zu setzen.
    Der Hexer lachte grimmig, als er das las. Schon oft hatte er ähnliche Anzeigen von Eltern gesehen, die ihre Töchter suchten. Und wo diese Töchter hingeraten waren und warum sie nicht antworteten, wußte die menschenfreundliche Mrs. Graddle am besten.

5
    PAUL LUMIÈRE WIRD BESTRAFT
     
    »Ich möchte nicht etwa Kritik üben«, erklärte Inspektor Mander mit großem Nachdruck, »aber eins muß ich doch sagen: Sie haben sich zuviel mit dem Problem des Hexers beschäftigt und dadurch vielleicht den richtigen Maßstab verloren.«
    Chefinspektor Bliss klopfte nachdenklich mit dem Bleistift auf die Tischplatte. Er konnte Mander nicht ausstehen, aber der Mann hatte gute Manieren, sprach ein tadelloses Englisch und verstand, sich in guter Gesellschaft zu bewegen. In Scotland Yard sagte man ihm nach, daß er diesen Eigenschaften sein schnelles Avancement verdanke. Er hatte ein paar weniger wichtige Fälle gelöst und einen Mordfall bearbeitet. Aber der Täter meldete sich bereits bei der Polizei und legte ein Geständnis ab, bevor Mander auf der Bildfläche erschienen war.
    Trotzdem verstand er es, sich im geeigneten Augenblick bei seinen Vorgesetzten ins rechte Licht zu setzen. Bliss gehörte allerdings nicht zu ihnen, denn er hatte Mander noch nie für klug oder begabt gehalten und sprach gewöhnlich in wenig schmeichelhaften Ausdrücken über ihn.
    Bliss war im Begriff, nach Südfrankreich zu reisen, teils beruflich, teils zur Erholung. Er wußte ganz genau, wie Mander über ihn dachte, und es bereitete ihm ein unheimliches Vergnügen,

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