070 - Neues vom Hexer
ausgerechnet diesem Beamten die Bearbeitung der Akten des Hexers zu übertragen. An dieser harten Nuß mochte sich der Mann die Zähne ausbeißen.
»Also, während meiner Abwesenheit übernehmen Sie den Fall. Ich habe bereits Anweisung gegeben, daß Ihnen alle Nachrichten und Meldungen übermittelt werden. Leicht ist er allerdings nicht.«
Bevor Bliss aus London abreiste, las er noch in der Zeitung, daß Inspektor Mander während der Abwesenheit seines Vorgesetzten mit der Verfolgung des Hexers betraut war. Dieser Mensch war doch wirklich zu eitel!
Am folgenden Tag kam ein Brief an Scotland Yard. Er war zu Händen von Mr. Bliss adressiert, und der Assistent des Chefinspektors wußte sofort, von wem er stammte. Er überreichte das Schreiben Inspektor Mander.
»Was, das soll ein Schreiben vom Hexer sein? Das ist doch Unsinn! Na, geben Sie mal her.«
Mit einem verächtlichen Lächeln nahm er das Kuvert und öffnete es. Das Papier war von derselben hellblauen Farbe, wie es der Hexer gewöhnlich benutzte.
Mr. Paul Lumière ist mir äußerst unsympathisch. Er begann seine Laufbahn als gemeiner Dieb, drückt sich von der Arbeit und betrügt die Leute. Einem meiner Freunde hat er einmal sehr übel mitgespielt. Seine Vergehen sind zwar nicht so schwer, daß man ihn henken müßte, aber man müßte ihn berauben. Er verdient es. Ich mache daher den Vorschlag, ihm dreißigtausend Pfund abzunehmen. So hoch ist der Preis, den die Juweliere Randwell & Coles in der Bond Street für eine Halskette erhalten, die mit Brillanten und Smaragden besetzt ist. Wenn die Kette im Besitz des Käufers ist, werde ich sie mir aneignen.
»Wer ist Paul Lumière?« fragte Mander.
Der Sergeant ging zur Registratur, um Nachforschungen anzustellen, kam aber bald darauf zurück und mußte mitteilen, daß der Name Paul Lumière weder im Telefon- noch im Adreßbuch zu finden war.
»Purer Blödsinn«, sagte Mr. Mander. »Chefinspektor Bliss fällt natürlich immer auf derartige Schreiben herein.«
»Wir haben aber die Erfahrung gemacht, daß der Hexer solchen Briefen stets die Tat folgen läßt.«
Mr. Mander lächelte verächtlich.
Am Abend meldete ihm der Sergeant, daß er Paul Lumière doch aufgefunden habe. Er zog ein Abendblatt aus der Tasche und zeigte auf eine Notiz, die er rot angekreuzt hatte.
Mr. Paul Lumière, der amerikanische Millionär, kam vorige Woche von New York hierher. Er kaufte Gemälde alter Meister für seine Privatgalerie, und gestern gelang es ihm, ein besonders gutes Werk der alten Genter Schule für zehntausend Guinee von der Firma Theimer in der Grafton Street zu erwerben.
Manders Interesse erwachte nun. »Gehen Sie sofort zu den großen Hotels und stellen Sie fest, wo er wohnt.«
Die Aufgabe war nicht schwer. Lumière hatte im Savoy-Hotel eine Reihe von Zimmern gemietet. Mander läutete dort an, erfuhr aber, daß der Millionär bereits zur Ruhe gegangen sei und nicht gestört werden wolle.
Er entschloß sich am nächsten Morgen, persönlich vorzusprechen, aber bevor er den Besuch machte, ging er zu der Juwelierfirma in der Bond Street.
Der Chef der Firma war gerade in Südfrankreich, und Mander konnte nur den Geschäftsführer sprechen.
»Sie fragen nach Mr. Paul Lumière? Oh, der ist uns sehr gut bekannt. Wir stehen zur Zeit mit ihm in Unterhandlung wegen des Alexandrewitsch-Halsbands. Stimmt etwas nicht?« erkundigte er sich argwöhnisch.
»Machen Sie sich keine Sorge«, entgegnete Mander ungeduldig. Er liebte es nicht, gefragt zu werden. »Paul Lumière ist über jeden Zweifel erhaben – er ist wirklich Millionär. Ich bin nur in seinem Interesse hergekommen. Die genaueren Einzelheiten kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, aber man will versuchen, ihn zu berauben, und ich möchte Sie bitten, mich zu unterstützen, soweit es in Ihren Kräften steht.«
Der Geschäftsführer war natürlich neugierig, aber Inspektor Mander gab keine weitere Auskunft.
Er fuhr noch nach Scotland Yard, um die Post durchzusehen, bevor er zum Savoy-Hotel ging und fand, daß Mr. Paul Lumière ihm seine Aufgabe sehr erleichterte.
Der Millionär hatte ihm geschrieben und gleichzeitig ein Schreiben der Kriminalpolizei von New York beigelegt:
Sehr geehrter Herr,
ich darf Ihnen Mr. Paul Lumière empfehlen. Er reist nach Europa und erhielt vor einiger Zeit Drohbriefe vom Hexer. Es ist nun möglich, daß es mit der Sache nichts auf sich hat, aber es kam zufällig zu unserer Kenntnis, daß Mr. Lumière aus irgendeinem Grund den Unwillen
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