070 - Neues vom Hexer
er nämlich auch noch Privatdetektiv und benützte die Mitteilungen seiner Kunden auf geeignete Weise.
War es möglich, daß Mrs. Z. in Abwesenheit ihres Gatten Mr. Y. eingeladen hatte? Wußte sie auch, daß ein Erpresser aus dieser Kenntnis Kapital zu schlagen suchte? Er gab den bestürzten Herrschaften dann den Rat, ihm die Angelegenheit zu überlassen. Er würde schon alles in Ordnung bringen, und über die Kosten könnte man ja später verhandeln.
Gewöhnlich willigte dann auch die fragliche Mrs. Z. in ihrem Schrecken ein, und von Zeit zu Zeit zahlte sie an ihren >Beschützer< hohe Summen. Auf diese Weise verdiente Mr. Exsome ein Vermögen.
Seine Bekannten nannten ihn nur den >Aal<, weil er es vorzüglich verstand, allen Gefahren gewandt zu entkommen.
Er hatte eine schöne Villa in Ekham und eine Wohnung in Maida Vale. Auch besaß er ein prachtvolles Auto. Er machte sich nicht das geringste Gewissen daraus, daß zwei Menschen, die er erpreßt hatte, Selbstmord verübten und daß viele andere in schwere Sorgen gerieten. Um den Schmuck für seine etwas phlegmatische Frau kaufen zu können, hatten viele andere Schmuck-Studie in die Pfandleihe wandern müssen, und die unglücklichen Leute, die er aussaugte, hatten ihre Villen mit Hypotheken überlastet oder verkauft.
Mr. Exsome war noch nie mit den Gerichten in Konflikt gekommen, denn er wußte sich in jedem Fall aalglatt aus der Affäre zu ziehen.
Mrs. Verriners Hausmeister verschwand eines Morgens mit dem Inhalt ihrer Schmuckkassette, während sie zu einer befreundeten Familie aufs Land gefahren war. Als sie zurückkam, entdeckte sie, daß ihr Safe geöffnet war und daß sie Juwelen im Wert von dreitausend Pfund verloren hatte. Sie zeigte den Diebstahl sofort bei der Polizei an. Erst später kam ihr zum Bewußtsein, daß sie auch noch andere wertvolle Dinge vermißte.
Sie war eine energische Frau, ging zu Scotland Yard und teilte ihre Sorgen Chefinspektor Bliss mit. Offen sprach sie von ihrem Freund Bobbie, der sich zur Zeit in Indien aufhielt, und von ihrer Furcht vor ihrem eifersüchtigen Gatten. Sie erzählte Mr. Bliss allerdings nicht alles, was in Bobbies Briefen stand, aber der Polizeibeamte konnte sich den Rest selbst zusammenreimen.
Der Hausmeister wurde verhaftet, und Bliss verhörte ihn in Scotland Yard. Die meisten Juwelen hatte er bereits verkauft, und er behauptete, daß er die Briefe verbrannt habe.
»Ich hoffe, daß das stimmt, Cully«, sagte Bliss, der die Akte des Mannes genau kannte. »Fünf Jahre Zuchthaus bekommen Sie für die Sache. Aber wenn sich später herausstellen sollte, daß Sie die Dame erpreßt haben, verschaffe ich Ihnen eine weitere Strafe von zehn Jahren.«
»Ich will tot umfallen, wenn ich die Unwahrheit gesagt habe und wenn die Briefe nicht verbrannt sind.«
Mr. Cully fiel aber nicht tot um.
Das Gericht diktierte ihm eine Strafe von nur drei Jahren zu, und als er wieder aus dem Gefängnis kam, sah er sich nach einer neuen Beschäftigung um. Die Stellenvermittlung von Mr. Exsome war in Dartmoor wohlbekannt, und an diese Firma wandte er sich auch.
Mr. Exsome kannte die Vergangenheit Cullys und behandelte ihn außerordentlich liebenswürdig. Cully machte bald dunkle Andeutungen über eine gewisse Korrespondenz, die sich in seinem Besitz befand.
Am nächsten Tag brachte er die Briefe in Mr. Exsomes Büro, und dieser las sie sorgfältig durch. Später informierte er sich über die finanzielle und gesellschaftliche Stellung von Mrs. Verriner und entdeckte dabei, daß ihr ein jährliches Einkommen von zweitausend Pfund persönlich zur Verfügung stand und daß ihr Mann sehr wohlhabend war.
Nach längerem Feilschen kaufte er die Briefe von Cully für dreihundertzwanzig Pfund und begann dann sofort aufgrund seines neuen Besitzes mit der Empfängerin der Briefe zu verhandeln .
Mrs. Verriner hörte ihm zu, ohne ihn zu unterbrechen.
»Ihr früherer Hausmeister hat damit nichts zu tun«, erklärte Mr. Exsome. »Ich habe mir große Mühe gegeben, ihn aufzufinden, und er sagte mir, daß er die Briefe damals fortgeworfen habe. Der Mann, der sie augenblicklich in der Hand hat, muß sie gefunden haben.«
Mr. Exsome wartete vergeblich auf eine Erwiderung und sprach schließlich weiter.
»Dieser Mann will nach Australien gehen und sich dort eine neue Existenz gründen – «
»Das ist eine ganz allgemeine Phrase«, entgegnete sie kühl.
Mr. Exsome erkannte, daß er einen schweren Stand mit ihr haben würde. Sie gehörte zu den
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