070 - Neues vom Hexer
ruhig nach Scotland Yard zurück, und überlassen Sie das Weitere mir«, entgegnete Chefinspektor Bliss kühl.
Spät am Abend wurde Mander in das Büro seines Vorgesetzten gerufen. Bliss saß in seinem Stuhl und rauchte eine Zigarre.
»Nehmen Sie Platz«, sagte er mit eisiger Höflichkeit. »Zunächst möchte ich Ihnen erklären, warum ich von Nizza zurückkehrte. Als ich Ihren Brief erhielt, war mir sofort klar, daß sich der Hexer Ihre geringe Erfahrung zunutze machen würde. Er wußte, daß ich London verlassen hatte, da Sie das ja dummerweise in der Zeitung veröffentlichten. Deshalb konnte er getrost damit rechnen, daß Inspektor Mander seinen Brief an mich lesen würde. Das war die gerissenste Sache, die er sich jemals geleistet hat. Es mag ein kleiner Trost für Sie sein, daß ich in diesem Fall wahrscheinlich ebensowenig Erfolg gehabt hätte wie Sie. Wissen Sie denn eigentlich, wer hinter der Firma Randwell & Coles steht?«
»Ich weiß nur, daß es Juweliere sind, mehr nicht«, erwiderte Mander verstört.
»Randwell & Coles ist nur der Firmenname. Der Eigentümer ist sehr reich und hieß früher selbst Lumière. Vor einigen Jahren änderte er seinen Namen in Chapman. Und als der Hexer Ihnen schrieb, daß er einen Mr. Lumière berauben wolle, meinte er damit Mr. Chapman, der früher diesen Namen führte.«
»Wer war denn der andere Lumière?«
Mr. Bliss lächelte nur mitleidig.
»Doch nicht etwa der Hexer selbst?« fragte Mander entsetzt. Bliss nickte.
»Natürlich. Der Millionär aus New York, der im Savoy-Hotel wohnte, war unser alter Freund, nach dem wir schon so lange suchten. Unter den gegebenen Umständen war es sehr leicht für ihn, sich in den Besitz der Halskette zu setzen. Den Scheck über dreißigtausend Pfund, den er dem Geschäftsführer gab, hatte er gefälscht. Nachdem er in Scotland Yard einen Dummen gefunden hatte, der gewissermaßen für seine Persönlichkeit bürgte, war dieser Betrug nicht schwer durchzuführen. Sie haben seinen Anforderungen tatsächlich in bester Weise entsprochen, Inspektor. Durch Ihre weitgehenden Maßnahmen haben Sie dem Geschäftsführer jeden Zweifel an der Person dieses angeblichen Mr. Lumière genommen. Hätten Sie sich telegrafisch mit Mr. Sullivan in New York in Verbindung gesetzt oder auch nur mit der dortigen Polizei, so hätten Sie erfahren, daß Mr. Sullivan vor einem Jahr gestorben ist. Und wenn Sie sich die Mühe gegeben hätten, sich einmal die Briefe von der Polizeidirektion in New York anzusehen, die sich in unseren Akten befinden, so hätten Sie bemerkt, daß der Briefkopf ein ganz anderer ist.
Den Feueralarm hat der Hexer fabelhaft ausgenutzt. Er hatte sich öfter mit Miss Stacey unterhalten und wußte, daß sie große Angst vor Hotelbränden hatte. Das kam ihm vortrefflich zustatten. Im richtigen Augenblick hat er Kurzschluß herbeigeführt und die Alarmglocke in Tätigkeit gesetzt. Selbstverständlich erschrak die junge Dame furchtbar und floh Hals über Kopf die Treppe hinunter. Dadurch lenkte sie natürlich die Aufmerksamkeit der beiden Detektive im Korridor auf sich, die sofort hinter ihr herstürzten.
Und auf diese günstige Gelegenheit wartete der Hexer. Er ging schnell zum Gepäckaufzug und fuhr damit zum Erdgeschoß hinunter. Sein Äußeres hatte er in wenigen Sekunden verändert und das Hotel verlassen, bevor Sie überhaupt wußten, was los war!«
Mr. Mander sagte nichts mehr.
»Es ist doch nicht so leicht, den Hexer zu fangen – meinen Sie nicht auch?« fragte Bliss ironisch.
6
DER ERPRESSER
Mr. Exsome hatte in der Chancery Lane eine Stellenvermittlung für Hauspersonal. Er machte eine Spezialität daraus, Leuten neue Stellungen zu verschaffen, die aus irgendeinem Grund kein Zeugnis ihrer früheren Herrschaft beibringen konnten.
Diese Tatsache gab er nicht besonders bekannt, aber in den betreffenden Kreisen wußte man sehr gut, daß er die notwendigen schriftlichen Unterlagen für eine neue Stellung beschaffte, wenn man dafür zahlte.
Wir wissen, daß dieser Mann in den Diensten Mr. Hackitts stand, der augenblicklich in Indien weilt. Mr. Hackitt mußte sehr eilig abreisen, aber in einem Brief an uns sprach er nur in den anerkennendsten Worten über seinen früheren Hausmeister…
Solche und ähnliche Briefe schrieb Mr. Exsome für seine Kunden. Er war sehr liebenswürdig und unterhielt sich freundlich mit ihnen. Gelegentlich ging er auch mit ihnen ins Wirtshaus und er fuhr dann gewöhnlich wichtige Dinge. Nebenbei war
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