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070 - Neues vom Hexer

070 - Neues vom Hexer

Titel: 070 - Neues vom Hexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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gefesselt haben. Seit einigen Tagen habe ich den Mann scharf beobachtet, und ich war auch in seinem Zimmer, als Sie das kleine Abenteuer von heute abend mit ihm besprachen. Als er das Klopfsignal an der Tür eine Stunde zu früh hörte, war er allerdings ein wenig erstaunt.« Er steckte das Negativ in die Tasche. »Grüßen Sie Ihre Schwiegermutter schön von mir«, sagte er noch, dann verließ er, vorsichtig rückwärts schreitend, den Gang.

13
    DER UNHEIMLICHE DR. LUTTEUR
     
    Mr. Mander hatte eine gute Freundin, aber Miss Carberry war doch nicht so zuvorkommend, wie er hätte wünschen mögen.
    Er hielt Scotland Yard für den interessantesten Platz der Welt und sprach dauernd über seinen Beruf. Sie dagegen liebte die Operette und den Tanz und verkehrte gern in besseren Nachtklubs, wo die Orangeade, die nach den Schankstunden verabreicht wurde, auch tatsächlich Orangeade war. Wenn er von Verbrechen und Verbrechern sprach, langweilte sie sich, und wenn sie vom letzten Tanzturnier berichtete, versuchte er immer wieder, das Gespräch auf das alte Thema zurückzubringen.
    Sie traf häufig einen eleganten fremden Herrn, der sie auch ins Theater und in die Nachtklubs mitgenommen hätte; aber er fürchtete, daß ihr guter Ruf darunter leiden könne. Sie dinierten deshalb in einem kleinen Restaurant zusammen. Sie nannte ihn Ernest, obwohl er nicht so hieß. Aber diese Tatsache war ihr unbekannt.
    Um ein erfolgreicher Detektiv zu sein, braucht man im Grunde keinen überragenden Verstand, man muß aber die Fähigkeit haben, sich in die Seele und in den Zustand des Mannes zu versetzen, den man fangen will. Die größten Detektive sind immer diejenigen gewesen, die sich vollständig der Denkweise ihrer Gegner anpassen konnten. Chefinspektor Bliss hatte Mr. Mander hierüber einen kleinen Vortrag gehalten.
    »Es ist eben schlimm, daß Sie versuchen, besonders klug zu sein. Viel besser wäre es, wenn Sie nur Ihre fünf gesunden Sinne brauchten und sich überlegten, was Sie an Stelle des Verbrechers tun würden, der sein Ziel erreichen will. Statt dessen vergeuden Sie Ihre Zeit mit dem Aushecken verrückter Theorien und lassen sich dabei von alten Detektivschmökern anregen, die vor fünfundzwanzig Jahren einmal gelesen wurden. Es wäre viel gescheiter, Sie schliefen in dieser Zeit.«
    Mr. Mander machte ein dummes Gesicht.
    »Der Verbrecher, den ich augenblicklich suche«, fuhr Bliss rücksichtslos fort, »trägt weder Abendkleidung noch bewegt er sich in den vornehmen Lokalen im Westen. Er verkehrt in >Elephant and Castlec, und Sie brauchen Ihren Verstand nicht übermäßig anzustrengen, um Theorien auszuknobeln. Sie müssen nur gut zuhören, denn Libby ist ein Mann, der seine Abenteuer überall zum besten gibt.«
    »Ich war im Augenblick nicht damit beschäftigt, Libby zu suchen«, verteidigte sich Mander. »Meiner Meinung nach ist der Hexer – «
    Bliss seufzte verzweifelt.
    »Libby ist ein ganz gewöhnlicher Verbrecher der einfacheren Klasse. Er ist ein Falschmünzer und schon zehnmal vorbestraft. Wenn Sie unter dem Eindruck leben, daß der Hexer auch nur das geringste mit ihm zu tun hat, dann irren Sie sich schwer.«
    Aber hierin täuschte sich Bliss in gewisser Weise.
    Henry Arthur Milton kümmerte sich gerade um diese schwer arbeitenden Menschen, die der Unterwelt angehörten. Er liebte sie nicht und verabscheute sie ebenso wie Chefinspektor Bliss. Aber er beobachtete sie.
    Der Hexer wohnte zu der Zeit in einem Haus in der Enther Street in Lambeth. Sein möbliertes Zimmer war größer, als diese Räume zu sein pflegen, und zeichnete sich vor allem durch tadellose Sauberkeit aus, da seine Wirtin fast den ganzen Tag putzte und fegte. Mrs. Kilford war Witwe und hatte zwei Töchter. Nelly, die ältere, war sehr schön und auch neugierig. Daß sie schön war, wußte Henry Arthur Milton längst, und daß sie auch neugierig sein konnte, entdeckte er, als sie ihm eines Morgens den Tee brachte und dabei etwas länger in der Tür stehenblieb, um ihm von ihren Erlebnissen zu erzählen.
    »… er ist viel älter als ich, aber er hat einen sehr vornehmen Charakter. Mutter sagt, er solle doch ins Haus kommen, aber das will er nicht. Er ist entsetzlich scheu.«
    »Soso, er wird also verlegen und errötet, wenn man ihn ansieht?« meinte der Hexer vergnügt.
    Er hatte augenblicklich nichts Besonderes vor. Er mußte sich nur vor der Polizei verstecken, die ihn so dringend suchte. Für die Liebesgeschichten dieses Mädchens interessierte

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