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070 - Neues vom Hexer

070 - Neues vom Hexer

Titel: 070 - Neues vom Hexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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als Mr. Ross ruhig im Bett blieb, Zeitungen las und keine Neigung zeigte, die anderen Patienten in ihrer Ruhe zu stören.
    Es waren noch drei andere Kranke in demselben Stockwerk untergebracht, unter ihnen eine ältere Dame, die bereits zwei Jahre in der Pflege Dr. Lutteurs war. Mr. Ross beobachtete sie einmal im Garten. Sie sah bleich und ernst aus und betrachtete ihn argwöhnisch. Einem der Gärtner, der sie angefahren hatte, weil sie Blumen abgepflückt hatte, war vom Doktor gekündigt worden. Er erzählte Mr. Ross ausführlich, daß es eine gewisse Miss Alicia Timms sei.
    Mr. Ross war vier Tage in der Anstalt, als eines Nachmittags Besuch kam. Die Patienten ruhten sich gerade in verschiedenen Teilen des Parks aus. Auch Mr. Ross war eingenickt, denn das warme Wetter und die frische Frühlingsluft taten das ihre, um ihn nach einer guten Mahlzeit einzuschläfern.
    Das Arbeitszimmer des Doktors befand sich unter seinem Zimmer, und die schrille Stimme einer Frau weckte ihn. Sie protestierte gegen etwas, und der Doktor verwies sie zur Ruhe. Dann unterhielten sie sich in gedämpftem Ton.
    Mr. Ross war an dem Tage aufgestanden und hatte angekleidet auf dem Bett gelegen. Er nahm jetzt ein Buch und seine Brille und ging in den Park. Von dort aus sah er, wie das Auto der Anstalt den Besuch zur Bahn brachte. Die anderen Patienten schliefen fast alle, aber der entlassene Gärtner begegnete ihm nach einer Weile.
    »Ich bin gar nicht traurig, daß ich gehen muß«, meinte er. »Man sieht immer nur alte Leute, und meistens dauert es gar nicht lange, bis sie sterben. Wir haben nur einen einzigen Patienten hier gehabt, der nicht das Zeitliche segnete.«
    »Na, das sind ja düstere Aussichten, alter Freund«, entgegnete Mr. Ross.
    »Natürlich sterben sie, weil sie alt sind. Ewig kann der Mensch ja nicht leben. Ich halte ihn für einen recht guten Arzt, und bis jetzt ist es eben noch nicht gelungen, alte Leute wieder jung zu machen. Der einzige, der hier nicht starb, war ein alter Herr, den seine Verwandten wieder abholten. Und die Leute wissen auch, daß sie nicht mehr lange zu leben haben. Sie machen immer ihr Testament, wenn sie hier sind.
    Sehen Sie dort Miss Timms? Sie hat unheimlich viel Geld, und das hinterläßt sie alles ihrem früheren Mädchen, das sie gepflegt hat. Ich weiß es zufällig, weil ich das Testament als Zeuge unterschrieben habe. Ich habe es mir genau ansehen können, denn die alte Dame bekam einen Ohnmachtsanfall, als sie es unterzeichnet hatte.«
    »Können Sie sich vielleicht noch auf den Namen des Mädchens besinnen?« fragte Mr. Ross gleichgültig.
    »Ja. Sie hieß Hachett oder Hackitt oder so ähnlich. Die letzte alte Dame, die hier starb, vermachte ihr Geld übrigens auch einer Pflegerin. Den Namen habe ich allerdings vergessen. Ich weiß nur noch, daß sie ertrank, und zwar sechs Monate, nachdem sie die Erbschaft gemacht hatte. Dann war ein alter Herr hier, der vermachte ein Vermögen von fünfzigtausend Pfund einem Mädchen, weil er ihren Vater in seiner Jugend gut gekannt hatte.
    Ich erzählte das der jungen Dame, die gestern hier einen Besuch machte, während der Doktor in Bagshot war. Sie war sehr schön und ähnelte der Dame, die den Doktor vor ungefähr einer Stunde besuchte.«
    Spät am Abend, als die Patienten schliefen oder wenigstens schlafen sollten, kam das junge Mädchen, das schon am Nachmittag in der Anstalt gewesen war, wieder in das Haus zurück. Mr. Ross lag der Länge nach auf dem Fußboden und hatte ein kleines Hörgerät am Ohr angebracht. Er lauschte mit dem größten Interesse der mehr oder weniger verworrenen Unterhaltung, die im Zimmer unter ihm geführt wurde.
    »… Du magst mich für neugierig halten, aber ich habe jetzt alles herausgebracht… Ich bin dir bis zum Waterloo-Bahnhof gefolgt . Was hat das alles denn nur zu bedeuten?«
    Später schien sie nicht mehr so stürmisch zu sein und zu widersprechen. Es mußte wohl zu einer Verständigung zwischen ihr und dem Doktor gekommen sein. Mr. Ross hörte noch die Worte:
    »Kleines Haus«.
    Er hatte den Zusammenhang nicht ganz verstanden, denn er war überrascht, als er nach drei Tagen erfuhr, daß der Doktor eine Geschäftsreise nach Paris machen mußte.
    Eine Stunde später verließ auch er das Sanatorium, aber es dauerte lange, bis er den Aufenthalt des Doktors feststellen konnte.
    Die Ruhe der Enther Street in Lambeth wurde eines Nachts um zwei Uhr durch einen lauten Schrei gestört. In dieser traurigen Gegend war ein

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