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0700 - Aphilie

Titel: 0700 - Aphilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Weltuntergangsverkünder. Er sprach viel vom Teufel, der sich anschickte, die Menschen zu besitzen, und er wußte auf packende Weise aus seiner eigenen Erfahrung Begebenheiten zu schildern, die seine Hypothese unterstützten.
    Im Laufe kurzer Zeit waren seine Predigten zu den bestbesuchten Veranstaltungen in der Hauptstadt geworden.
    Aber noch immer wußte niemand, wer Vater Ironside war, woher er kam oder was er wollte. Man wußte nicht einmal, wie er wirklich hieß und wo er wohnte. Am Ende seines Vertrages brachte er es auf geheimnisvolle Art und Weise fertig, spurlos zu verschwinden, so daß niemand ihm folgen konnte.
    Auch an diesem Abend hatte Vater Ironside es verstanden, sich von der Menge seiner Zuhörer in einem Park am Nordrand der Stadt zu lösen, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen.
    Er schritt kräftig aus und erreichte etwa zwei Kilometer vom Ausgang des Parks entfernt einen Zugang zum unterirdischen Rohrbahnsystem. Mit der Rohrbahn fuhr er ein paar Stationen weit in Richtung Stadtmitte. Die Stelle, an der er ausstieg, war das Zentrum eines der älteren Viertel der Hauptstadt. Straßen und Gebäude stammten zumeist noch aus der Zeit des dritten Jahrhunderts. Hier gab es noch riesige Appartementhäuser mit Wänden, die fast nur aus Metall und Glas bestanden, eingelagert in nicht besonders großzügige Grünflächen. Die Straßen waren übermäßig breit und machten einen derart hohen Prozentsatz der insgesamt bebauten Fläche aus, daß einem modernen Städteplaner dabei das Schaudern kam.
    Auf einen der altmodischen Glas- und Stahlpaläste hielt Vater Ironside zu. Es ging auf Mitternacht, und die Straße war so gut wie verlassen. Sonnenlampen verbreiteten nichtsdestoweniger taghelles Licht - auch dies ein Ausdruck überalterter Planung, die noch nicht begriffen hatte, daß die Dunkelheit der Nacht ein natürliches Ereignis war, das nicht einer Mode zuliebe aus dem Leben der Menschen verbannt werden durfte. Am Haupteingang des Glaspalastes wurde Vater Ironside durch die schrille Stimme eines Wachroboters, der mindestens ebenso alt war wie das Gebäude, aufgehalten.
    „Wie ist Ihr Name?" wollte das Maschinenwesen wissen.
    „Man nennt mich Vater Ironside", antwortete der also Befragte in das Mikrophongitter hinein, das zu diesem Zweck seitwärts der Tür angebracht war.
    Der Roboter schien eine Zeitlang nachzudenken. Schließlich erklärte er: „Ist in Ordnung. Sie dürfen eintreten."
    Gleichzeitig öffnete sich die Tür. Durch den Antigravschacht glitt Vater Ironside hinauf bis zur zwölften Etage. Das Gebäude machte einen verlassenen Eindruck. Ironside schritt bis zu einer Tür aus grauer Metallplastik, auf der in einfachen, schwarzen Lettern geschrieben stand: MISSION DER BRÜDER DES HL. FRANZISKUS VON ASSISI.
    Die Tür öffnete sich ohne Ironsides Dazutun, allerdings keineswegs automatisch: ein kleiner, weißhaariger Mann in schwarzem Gewand hatte auf die Rückkehr des Predigers gewartet.
    „Gott zum Gruß, Bruder", sagte Ironside und blieb stehen, um den kleinen Weißhaarigen mit einem freundlichen Lächeln zu bedenken.
    Die beiden Männer bildeten einen eigentümlichen Gegensatz.
    Der Ältere, zierlich gebaut und mit einem fein geschnittenen, gütigen Gesicht personifizierte die Liebe, die Duldsamkeit seines Glaubens. Ironside dagegen, über sechs Fuß hoch, breitschultrig und mit einem grobgeschnittenen Gesicht, war eher der Streiter, der Kämpfer, der Ungeduldige.
    „Auch dir zum Gruß, Bruder", antwortete der Weißhaarige mit sanfter Stimme. „Hast du sie heute überzeugen können?"
    Ironside schüttelte den kantigen Schädel mit dem kurzgestutzten, eisgrauen Haar.
    „Ich habe sie nachdenklich gemacht", sagte er mit grollender Stimme. „Aber diese unheimliche Gewalt hat sie so fest im Griff, daß die Nachdenklichkeit alleine nicht mehr ausreicht. Ich glaube, ich werde es nicht schaffen!"
    „Es wird deine Schuld nicht sein, Bruder", tröstete ihn der Alte.
    „Du tust, was menschenmöglich ist. Wenn du trotzdem nichts ausrichtest, dann ist ein Wille im Spiel, gegen den wir nichts vermögen."
    Vater Ironside blickte ihn verwundert an. Aber bevor er noch etwas sagen konnte, kam der Weißhaarige ihm zuvor: „Es wartet übrigens einer auf dich, Bruder."
    „Einer?" entfuhr es Ironside. „Wer...?"
    „Ich kenne ihn nicht. Er sagt... er sagt..."
    „Nun, was sagt er?"
    „Er sagt, er wolle sich mit dir über die Beichte unterhalten", vollendete der Alte seinen Satz. „Ist das nicht

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