0701 - Draculas Blutgemach
was auch dem Pfähler auffiel, und er versuchte, Luka zu warnen.
»Reiß dich zusammen…«
Luka hörte nicht, wollte vielleicht auch nicht hören. Sein rechter Arm zuckte, die Finger bewegten sich, faßten nach der Lasche und zerrten sie hoch.
Marek ahnte Schlimmes. Er wollte Lukas Hand festhalten, aber der Offizier war schneller. Mit einem geschmeidigen Schritt ging er zur Seite, brachte sich so aus der Reichweite und zerrte die Pistole hervor.
Marek fluchte. Er wollte seine beiden Freunde informieren, wollte sie warnen – zu spät.
Luka schoß.
Er schrie dabei. Sein Zeigefinger zog den Abzug mehrmals nach hinten, die Augen leuchteten. Detonationen zerhackten die Stille des Kellers. Echos jagten zwischen den Wänden hin und her. Eine Hölle brach los, die keinen von uns ausließ.
Suko und ich hatten den beiden anderen den Rücken zugedreht, hatten nur auf die Geräusche geachtet, die eigentlich harmlos klangen. Nun aber wurde geschossen.
Und das nicht zu knapp.
Schon nach den ersten beiden Detonationen lagen wir flach. Instinktive Reaktionen, wobei Suko ebenso schnell war wie ich. Wir rollten über den Boden, weil wir durch das rasche Wechseln der Plätze dem Schützen ein so kleines Ziel wie möglich bieten wollten.
Es war nicht nötig gewesen, weil er es nicht auf uns abgesehen hatte. Luka war durchgedreht, weil er mit der Gestalt der Hexe nichts anfangen konnte. Das übertraf seinen Verstand. Diese Person war erschienen und hätte nicht sein dürfen.
Deshalb schoß er.
Und deshalb hatte er auf sie geschossen.
Obgleich die Kugeln mit einer raschen Geschwindigkeit aus dem Lauf hervorbrachen, konnten sie die Hexe nicht vernichten. Die Geschosse jagten in den Umhang hinein, sie hätten den Körper ebenfalls durchbohren müssen, aber beim Aufschlag der Geschosse trat etwas anderes ein.
Die Hexe verschwand!
Nicht mit Rauch, Feuer oder einem Knall, nein, sie war einfach weg. Von einem Moment auf den anderen!
Vorbei, nicht mehr zu sehen.
Sie war als Spuk gekommen und als Spuk verschwunden. Zurück blieben die beiden Leichen und die kalten Eisstangen. Gegen eine von ihnen war auch ich gerutscht. Wie eine eisige Hand lag sie auf meinem Kopf und an meinem rechten Ohr.
Ich konnte von Suko nur die Füße sehen. Sein Sprung hatte ihn hinter den Container gebracht. Gehetzt drehte er sich und stand auf.
Seine Waffe zielte in den Kellerraum hinein, ohne ein Ziel zu finden.
Auch ich hatte mich erhoben. »Sie ist weg!« sagte ich. »Von einer Sekunde zur anderen verschwunden.«
Mein Freund nickte mir zu. Auch seine Augen erinnerten an Eisblöcke. Dann ließ er langsam seine Hände sinken und steckte die Waffe weg.
Ich wollte etwas sagen, als mich ein lautes, scharfes, gellendes und fast irres Lachen unterbrach.
Luka stieß es aus.
Er stand nahe des Ausgangs, hatte seinen Rücken rechts neben die Tür an die Wand gepreßt, und das Lachen schüttelte seinen Körper, als würde er von Stromstößen durchzuckt. Der stand beinahe schon auf der Schwelle zum Wahnsinn, und das Gelächter blieb auch. Es nahm nur einen anderen Klang an. Abgehackt, beinahe wie das trockene Husten eines Kranken wehte es uns entgegen.
Marek sah hilflos neben ihm aus. Er schüttelte den Kopf, sprach ihn dann an.
Das Lachen hörte nicht auf.
Es konnte schon an den Nerven zerren, und auch der Pfähler war kein Übermensch.
Er ging und schlug Luka zweimal hart gegen die Wangen. Das Klatschen übertönte sogar das Gelächter, und die Schläge erreichten, was sie wollten.
Das Lachen verstummte.
Luka drehte den Kopf. Die beiden Männer starrten sich an. Marek sagte etwas, umfaßte den Offizier an der rechten Schulter, schüttelte ihn, und Luka senkte den Kopf. Er hob beide Arme, seine Hände umklammerten das Gesicht, und er lehnte sich auch weiterhin mit dem Rücken gegen die Wand. Dann fing er an zu schluchzen, denn was er gesehen hatte, war einfach zu viel gewesen.
Marek hob die Schultern, ließ ihn stehen und kam mit schleppenden Schritten auf uns zu, wobei er die beiden Toten umging. »Wißt ihr nun, wer die Täterin ist?«
»Sicher«, sagte ich.
»Und wir haben sie auch zum erstenmal gesehen«, erklärte Suko.
»Es war Assunga.«
Marek holte tief Luft. Er schaute gegen den Container, als würde die Erscheinung im nächsten Augenblick dort auftauchen. Aber sie kam nicht. »Wie ein Geist war sie«, flüsterte er. »Verdammt noch mal, die ist wie ein Geist gewesen. Könnt ihr das begreifen? Könnt ihr das verstehen? Ich… ich
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