0701 - Duell der Amulette
spürte keine Dankbarkeit dafür, dass sie ihn verschont hatten, nur Verachtung. Sie hatten ihre Chance gehabt und nicht ausgenutzt.
Er würde dafür sorgen, dass sie keine zweite bekamen.
Wie immer, wenn Zamorra den Poolbereich betrat, warf er zuerst einen Blick auf die Fototapete, die er vor einigen Jahren hatte anbringen lassen. Der Fotograf hatte sich erst nach einigen unschönen Zwischenfällen bereit erklärt, die Montage durchzuführen. Sein Schweigen, als er das fertige Produkt sah, war für Zamorra der Beweis, dass er ein Kunstwerk erschaffen hatte. Natürlich hätte er auch nichts sagen können, da er sich bei einem durch Voodoo ausgelösten Anfall die Zunge abgebissen hatte, aber in seinen Augen war die Bewunderung deutlich sichtbar gewesen.
Mühsam riss sich Zamorra von dem Bild los und wandte seine Aufmerksamkeit dem Parkgelände zu.
Er entdeckte sie fast sofort.
Sie waren nicht dumm, soviel musste Zamorra ihnen zugestehen. Sie hatten die Sitzkissen der Liegestühle auf die Mauer geworfen, um sich vor dem Stacheldraht und den Glasscherben zu schützen. Nicole lag flach auf der Mauerkrone und half seinem Doppelgänger, der sich gerade hochzog.
Die perfekte Zielscheibe, dachte Zamorra zufrieden.
Geduckt lief er zu der geöffneten Tür, nahm die Pistole in beide Hände und legte an. Er wartete, bis er die Beine seines Doppelgängers im Schussfeld hatte.
Dann krümmte sich sein Zeigefinger um den Abzug.
***
Nicole sah ihn im gleichen Moment.
»Runter!«, rief sie Zamorra zu, der sich ohne Nachfragen fallen ließ. Es knallte, als eine Kugel direkt neben ihm einschlug. Steinsplitter spritzten hoch.
Nicole zog ihre Waffe, während Zamorra hinter einem Baum in Deckung ging. Sie sah den Doppelgänger durch die Glaswände des Poolbereichs. Er hockte neben einem Liegestuhl und richtete die Pistole auf sie.
Nicole dachte nicht nach. Sie streckte nur die Hand aus und schoss.
Eine der großen Frontscheiben zerbarst. Glasscherben flogen explosionsartig durch den dahinterliegenden Raum. Das Klirren war ohrenbetäubend.
Der Doppelgänger rette sich unter den Liegestuhl, als die nächste Scheibe von einer Kugel getroffen wurde.
Zamorra nutzte die Gelegenheit, nahm Anlauf und zog sich auf die Mauerkrone. In einiger Entfernung sah er die Sicherheitsleute, die durch den Lärm angelockt auf den Park zuliefen. Erschoss ein paarmal über ihre Köpfe hinweg, um sie aufzuhalten.
»Weg hier«, sagte er.
Nicole jagte noch einen Schuss in den Poolbereich und sprang dann auf der anderen Seite der Mauer nach unten. Zamorra folgte ihr nur Sekunden später. Vor ihnen lag dichter Wald, der sich bis zum Fuß des Berges erstreckte. Obwohl es in den letzten Wochen mehr als genug geregnet hatte, war der Boden wie ausgetrocknet. Zamorra sah einige tote Vögel und dachte schaudernd an die Amulettmagie, die das verursacht haben musste.
Hinter sich hörten sie die Stimmen ihrer Verfolger. Die Sicherheitsmaßnahmen, die Eindringlinge aufhalten sollten, funktionierten auch umgekehrt und hinderten die Wachen daran, das Gelände schnell zu verlassen.
Zamorra und Nicole schlugen sich in die Büsche. Das dichte Unterholz erschwerte ihren Weg, aber nach einer Weile entdeckten sie einen schmalen Tierpfad, dem sie folgen konnten.
»Ich habe nachgedacht«, sagte Zamorra schweratmend. »Wenn wir die Regenbogenblumen in Lyon erreichen, sollten wir nicht versuchen, in unsere Welt zurückzukehren.«
Nicole runzelte die Stirn. »Warum nicht?«
»Weil wir eine einmalige Gelegenheit haben. Das Amulett meines Doppelgängers funktioniert ebenso wenig wie meines. Wenn wir ihn jetzt angreifen, stehen ihm nur ein Bruchteil seiner Kräfte zur Verfügung.«
»Aber womit…«, begann seine Gefährtin, unterbrach sich dann jedoch.
»Ombre«, erkannte sie.
Zamorra nickte. »Das sechste Amulett. Wenn wir ihn dazu bringen, es uns zu leihen, haben wir eine echte Chance, meinen Doppelgänger auszuschalten.«
Nicole sah ihn nachdenklich an. »Vergiss nicht, dass wir nicht in unserer Welt sind. Wir greifen hier in etwas ein, dessen Konsequenzen wir nicht überblicken können. Bevor wir einen Krieg anzetteln, sollten wir uns fragen, ob wir überhaupt das Recht dazu haben.«
»Du hast nicht gesehen, was sie mit Fooly gemacht haben…«
»Nein, das habe ich nicht, aber darum geht es nicht. Wir sind in einer Parallelwelt gelandet, in der einige Dinge wesentlich schlimmer sind als bei uns. Aber es ist nicht unsere Welt. Es ist noch nicht einmal unser
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