0703 - Stunden der Angst
aufreißen können sie, mehr aber auch nicht.«
Seine Füße hinterließen blutige Spuren auf dem Teppich. Bei jeder Bewegung spritzten dunkelrote Tropfen durch die Luft. Normalerweise wusch er sich nach einem Ritual zumindest das Tierblut vom Körper, aber Nicole bezweifelte, dass ihm in seiner Wut überhaupt bewusst war, welchen Anblick er bot. Vermutlich interessierte es ihn auch nicht.
»Bei LUZIFER, ich habe von Zarra wirklich nicht zuviel verlangt. Leg meinen Doppelgänger um, habe ich zu ihr gesagt, mehr nicht. Eine Kleinigkeit für eine Dämonin, sollte man meinen, aber nein, diese dämliche Ziege bringt es fertig, selbst draufzugehen. Ich frage mich, weshalb ich mir überhaupt die Mühe mache, über dieses Pack herrschen zu wollen.«
Er trat zum Visofon-Terminal an der Wand und aktivierte das Bildtelefon. Der metallische Blutgestank, der bis zum Bett reichte, raubte Nicole fast den Atem.
»Zarra ist tot?«, hakte sie vorsichtig nach.
»Spreche ich Suaheli?! Natürlich ist sie tot. Es hat mich drei Katzen gekostet, um ihrer verdammten Signatur zumindest bis zu dem Ort zu folgen, an dem sie den Doppelgängern begegnet ist.«
Zamorra strich sich mit den Fingern durch das blutige Haar und tippte mit der anderen Hand eine Telefonnummer in die Tastatur des Terminals.
»Erstaunlich, wie viel Blut in so einem Tier ist…«, murmelte er.
Nicole wusste, dass es nicht sehr klug war, ihn in dieser Stimmung zu unterbrechen, aber die Neugier war größer als die Vorsicht.
»Und wo ist sie ihnen begegnet?«
Ihr Partner reagierte nicht. Angewidert beobachtete Nicole eine dünne Blutspur, die auf der Tastatur entstand und dann abwärts lief. Sie dachte bereits, Zamorra würde sie ignorieren, als er schließlich doch noch antwortete: »Florida, bei Seneca. Ich bin sicher, dass der nicht weiß, wer sich da bei ihm eingenistet hat. Aber das werde ich ändern.«
Nicole hörte, wie die Verbindung mit einem Klicken aufgebaut wurde, dann das Freizeichen und ein weiteres Klicken.
Der Bildschirm blieb dunkel.
»Hallo?«, sagte eine Stimme.
***
Natasha stand am Fenster und beobachtete Ty, der sich angeregt mit Zamorra, Nicole und einem Fremden unterhielt, den sie noch nie gesehen hatte. Sie wirkten wie Verschwörer, auch wenn Natasha nicht sagen konnte, weshalb ihr dieser Gedanke kam. Vielleicht lag es daran, dass sich alle sehr merkwürdig verhielten.
Ty war so entspannt wie seit Monaten nicht mehr und das, obwohl er und Zamorra nicht gerade die besten Freunde waren. Sie hatten gemeinsame Interessen und strebten ähnliche Ziele an, aber als Freunde hätte Natasha sie nicht bezeichnet. Es war eine Zweckgemeinschaft, die beiden Vorteile brachte - das war alles.
Auch Nicoles Verhalten war seltsam. Sie hatte den Professor bei seiner Rückkehr so stürmisch umarmt, als hege sie wahre Gefühle für ihn und wartete nicht nur auf die passende Gelegenheit, um ihm ein Messer in den Rücken zu stoßen. Selbst die Beleidigung, die sie Natasha entgegen geschleudert hatte, wirkte unecht und irgendwie aufgesetzt.
Was geht hier vor?, dachte Natasha.
Das Klingeln des schnurlosen Telefons riss sie aus ihren Gedanken. Im ersten Moment wollte sie das Geräusch ignorieren, doch Butler Scarth, der eigentlich für die Entgegennahme von Anrufen zuständig war, stand etwas abseits im Garten und unterhielt sich mit den Leibwächtern.
Natasha wandte sich vom Fenster ab und griff nach dem Hörer. Eher zufällig fiel ihr Blick auf die Nummer, die im Display angezeigt wurde und auf die französische Vorwahl.
Natasha runzelte überrascht die Stirn.
»Hallo?«, sagte sie dann in den Hörer.
»Natasha?«, fragte eine Stimme, die sie gut kannte, zurück. »Hol mal Ty ans Telefon. Ich muss mit ihm reden.«
Sie wandte den Kopf wieder zum Fenster, unter dem Ty sich immer noch mit Zamorra unterhielt.
Das tust du doch gerade, wollte sie der Stimme entgegnen, schwieg dann aber.
Am anderen Ende lachte der Professor laut, als sie nicht antwortete.
»Ich rede bereits mit ihm, richtig?«, sagte er. »Okay, wenn du nicht willst, dass Ty dich zurück in das Rattenloch schickt, in dem er dich gefunden hat, solltest du mir jetzt ganz genau zuhören.«
Und Natasha hörte zu…
***
»Es sieht so aus, als wolle Seneca unsere Welt an die seine angleichen«, sagte Tendyke nachdenklich. »Er bastelt an einem Wirtschaftsimperium, mit dem er Regierungen manipulieren kann. Der Möbius-Konzern scheint in dieser Welt allerdings keine Rolle zu spielen. Zumindest
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