0706 - Verkünder des Sonnenboten

Jet startete. Er setzte sich wieder und wartete ab.
    Vergeblich dachte er darüber nach, was der Start zu bedeuten hatte. Er fragte sich, warum Tabhun oder Woreman ihn nicht suchten, und was sie veranlaßt haben mochte, den Landeplatz wieder zu verlassen.
    Er blickte auf sein Chronometer. Nur drei Minuten verstrichen, dann setzte die Jet wieder auf. Kurz darauf verstummte der Antrieb. Es wurde wieder still an Bord.
    Al Larris lehnte sich mit dem Rücken an das Türschott und horchte. Endlos dehnte sich die Zeit. Das Leben an Bord schien erstorben zu sein. Dann aber ertönten Schritte. Der Sergeant fuhr herum und hämmerte seine Fäuste gegen die Tür.
    „Oberst", schrie er. „Sir, holen Sie mich hier heraus."
    Jemand schlug von der anderen Seite gegen die Tür. Larris wich zurück und trat etwas zur Seite. Sekunden später fraß sich ein grüner Desintegratorstrahl durch das hochverdichtete Metallplastikmaterial. Er schnitt das zerschmolzene Schloß aus.
    Als der Energiestrahl erlosch, trat der Sergeant erleichtert vor. Er griff in die entstandene Öffnung und schob das Schott zur Seite.
    Unwillkürlich schrie er auf.
    Vor ihm stand ein Überschwerer, der mit seinem Desintegratorstrahler genau auf seinen Bauch zielte. Larris fiel es wie Schuppen von den Augen. Plötzlich wußte er, weshalb er Schritte gehört hatte. Wenn Oberst Tabhun oder Captain Woreman in die Jet zurückgekehrt wären, dann hätte er sie sicherlich nicht an ihren Schritten bemerkt. Der Boden der Jet war viel zu gut isoliert. Ein Mensch konnte nahezu lautlos über ihn hinweggehen, nicht aber ein Überschwerer. Unter der Wucht des Umweltangepaßten hatte der Boden gedröhnt. Die Erschütterungen waren so stark gewesen, daß sie sich bis zu ihm in die Kammer fortgepflanzt hatten, aber er hatte die Wahrheit nicht erkannt.
    „Oh, Mann, danke, daß Sie mich herausgeholt haben", sagte er mit stockender Stimme.
    Das Gesicht des Überschweren blieb unbewegt. Die Augen musterten ihn kalt und abwägend.
    „Ich bin unbewaffnet", erklärte Al Larris. Er hob die Arme.
    Im Energiefeldprojektor der Desintegratorwaffe blitzte es grün auf. Der Sergeant erkannte die Bedeutung dieser Erscheinung voller Entsetzen. Er wollte aufschreien, aber es war schon zu spät für ihn. Der materievernichtende Strahl durchbohrte seinen Oberkörper.
    Lautlos brach Al Larris zusammen.
    Der Überschwere bückte sich und schleifte ihn aus der Jet.
    Draußen warf er ihn auf den Boden. Dann justierte er den Desintegrator auf breitgefächerte Wirkung und feuerte ihn auf den Toten ab, bis nichts mehr von diesem übrigblieb.
     
    6.
     
    Ungeduldig wartete Kaiser Karl die Nacht ab.
    Viel zu lange dauerten ihm die Gespräche mit den Männern, die ihn nicht interessierten. Okunan Opan führte das Wort. Er war so etwas wie ein Priester Vhratos in dieser Gemeinde. Wenn man Vhrato auch nicht für eine gottähnliche Persönlichkeit hielt, so schienen doch viele zu glauben, daß er über gewisse Beziehungen zu überirdischen Mächten unterhielt.
    Kaiser Karl stellte überrascht fest, daß es keine wirklich entscheidenden Unterschiede zwischen dem Vhratoismus von Gäa und dem von Fretiklia gab. Bei anderer Gelegenheit hätte das ausgereicht, ihn zu faszinieren. Er hätte sich bemüht, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, das eine Entwicklung dieser Art an zwei deutlich voneinander getrennten Orten möglich gemacht hatte.
    Jetzt aber hoffte er nur, sich bald auf ein Zimmer zurückziehen zu können, wo er allein war. Doch Opan und sein Assistent Atrup Ahan entließen ihn erst, als die Nacht hereingebrochen war. Sie führten ihn im Hause des Priesters ins erste Stockwerk, wo eine winzige Kammer für ihn vorbereitet worden war.
    „Mehr können wir Ihnen leider nicht bieten, Kaiser", sagte Ahan.
    „Die großen Zeiten sind auch für Fretiklia vorbei."
    „Das spielt keine Rolle", entgegnete der Greis gähnend. „Ich bin so müde, daß ich sogar in einer Besenkammer schlafen könnte."
    „Vergessen Sie nicht, Ihre Gedanken noch einmal auf Vhrato zu richten", bat Okunan Opan salbungsvoll. „Er wartet auf unsere Rufe und Bitten."
    „Hoffentlich läßt er sich bis morgen Zeit. Dann habe ich wenigstens ausgeschlafen." Kaiser wollte die Tür schließen, zögerte jedoch noch damit. Er blickte Opan forschend an: „Sagen Sie, werden Sie nicht in einen Gewissenskonflikt geraten, wenn Vhrato wirklich auf Fretiklia landen sollte?"
    „Ich verstehe nicht. Wie meinen Sie das?"
    „Nun, Vhrato soll die