0707 - Geheimbund Dunkler Gral
sagte ich.
»Wenn so etwas in einer bestimmten Gegend interessiert, die einen sehr verlassenen Eindruck macht, reden die Menschen darüber, denn es ist wie eine kleine, aber bleibende Sensation.«
»Spekulationen gibt es schon.«
»Und die genau interessieren uns«, sagte Suko. »Manche Menschen behaupten ja, in dieser Höhle würde ein Riese leben. Sie wäre das Grab eines mächtigen Menschen, eben eines Riesen. Er hätte sich dort für die Ewigkeit zum Schlafe hingelegt. Wie gesagt, das erzählt man sich. Was daran wahr ist, was gelogen wurde, kann ich Ihnen nicht sagen.«
Er rechnete damit, dass wir darüber lächeln würden, wunderte sich aber, dass wir es nicht taten. Statt dessen erkundigte ich mich nach dem Namen dieser Gestalt.
»Das weiß ich nicht.«
»Hat er keinen?«
»Kann schon sein, aber die Leute sprechen eben nur von diesem Riesen. Er kann auch namenlos sein.«
»Kann man in die Höhle hineingehen?« Suko kam wieder auf das Praktische zurück. »Sofern man sich im Besitz eines Schlüssels befindet.«
»Den gibt es also?«
»Ja.«
»Und wer hat ihn?«
»Das weiß ich nicht. Wir wissen nur, dass der Eingang mit einem alten Tor verschlossen worden ist, und ich will Ihnen auch sagen, dass wir keine Touristen dorthin führen und dass Sie eine Ausnahme erleben. Denn normalerweise rede ich mit keinem Fremden über die Dinge. Sie gehören zu uns, verstehen Sie?«
»Aber die Besitzer dieses Herrenhauses wissen darüber Bescheid, nehme ich an.«
»Das glaube ich schon.«
»Gut«, sagte ich und nickte Suko zu. »Wir werden uns die Höhle einmal anschauen.«
»Wollen Sie das Tor aufbrechen?«
Ich lächelte sparsam. »Das habe ich nicht behauptet. Aber es wäre eine Möglichkeit.«
Er sah aus, als wollte, er sich an mich hängen, um mich festzuhalten.
»Nein, um Himmels willen, versündigen Sie sich nicht. Das… das darf man nicht.«
»Weshalb nicht?«
»Ich will Ihnen sagen, dass…«
»Bitte, Monsieur van Ims. Vielleicht gelingt es uns auch, den Schlüssel zu finden, dann wäre alles andere kein Problem. Aber was ist so schlimm daran?«
»Man sagt, dass der Riese auf keinen Fall freikommen dürfe. Ja, das erzählt man sich.«
»Lebt er denn?«
»Ich kann es nicht sagen. Einige meinen ja, andere wiederum sind der Ansicht, dass er längst verfallen ist. Aber alle fürchten sich irgendwie davor.«
»Bon, Monsieur van Ims, gehen wir.«
Er nickte und drehte sich um.
Suko lächelte mir zu und hob die Schultern. Gemeinsam schauten wir auf den gebeugten Rücken des Verwalters, der vor uns herschlich wie ein armer Sünder.
Ich war auf die Höhle gespannt und dachte jetzt schon über einen Zusammenhang zwischen dem Riesen, dem Bild, den vier Männern und der Entführung meines Vaters nach. Irgendwo mussten sich die Fäden einfach treffen, davon war ich überzeugt.
Den restlichen Bildern warf ich keinen Blick mehr zu. Aber das Motiv des letzten Gemäldes hatte sich fest in meinem Gedächtnis eingegraben.
Der dort abgebildete Kelch war nicht der original Dunkle Gral, den ich besaß. Aber viel fehlte nicht, abgesehen von der Kugel. An der Außenhaut war er etwas anders gearbeitet worden, es fehlten auch die eingravierten Symbole, doch die relative Ähnlichkeit zwischen den beiden Gefäßen war schon erschreckend. Wir erreichten die Tür.
Der Verwalter zog sie auf. Der Gang zwischen den einzelnen Räumen lag bereits hinter uns. Wir würden mit den nächsten Schritten die Eingangshalle erreichen.
Und dort blieben wir stehen, wie vor eine Mauer gelaufen. Die vier Kuttengestalten mit den bleichen Gesichtern standen an strategisch günstigen Stellen, und jede von ihnen hielt eine Maschinenpistole in der Hand, deren Mündungen auf Suko und mich wiesen…
Das war eine Überraschung, wie sie spektakulärer nicht hätte sein können.
Es waren vier Männer, und ich dachte sofort an die Besitzer dieses Herrenhauses, die sich den Bau ja auch teilten. Dunkle Kutten und sehr bleiche Gesichter, wahrscheinlich mit Kreide oder Staub eingerieben, eigentlich wirkten sie wie zweckentfremdete Clowns, aber ich hütete mich davor, sie als lächerliche Gestalten aufzufassen, denn ihre Waffen waren alles andere als lächerlich.
Die Mündungen schauten uns drohend an. Die Maschinenpistolen waren gut gepflegt. Einen Kommentar gab ich nicht ab. Auch Suko sagte kein Wort. Er hatte die Arme leicht angehoben und war damit meinem Beispiel gefolgt. Nur der Verwalter huschte geduckt quer durch die Halle und verschwand in
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