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0707 - Im Schatten des Vampirs

0707 - Im Schatten des Vampirs

Titel: 0707 - Im Schatten des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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in ihrem inneren Zentrum, bis sie die Gedanken an den nächsten Schritt nicht mehr länger verdrängen konnte.
    Vorsichtig dehnte sie ihren Geist aus. Da war die Aura eines Arbeiters, langsam verwehend wie ein Geruch im Wind. Er hatte vor kurzem einen Hammer benutzt, der neben ihr auf einer Kiste lag und sich damit auf den Daumen geschlagen. Li-Wen spürte seinen Schmerz als dumpfe Erinnerung.
    Sie folgte der Aura nicht, sondern verharrte im Schuppen und konzentrierte sich auf eine zweite Präsenz. So wie sie es bei einem Träumenden erwartet hatte, pulsierte das fremde Bewusstsein schwach, aber konstant.
    Li-Wen spürte einen Stich des schlechten Gewissens, als sie daran dachte, dass sie den Nebel zum zweiten Mal hinterging. Er wäre sehr wütend geworden, wenn er gewusst hätte, dass sie Zamorras Verbindung zum Traum nutzen wollte, um selbst dorthin zu gelangen.
    Die Chinesin kannte das Risiko, aber sie war bereit, ihre eigene und die Existenz des Nebels aufs Spiel zu setzen. Langsam glitt sie auf das Bewusstsein des Europäers zu. Sie tastete nach seiner Aura, berührte sie - und wurde zurückgeschleudert.
    ***
    William Chang atmete schwer. Das Jackett hatte er längst abgelegt, aber trotzdem klebte das Hemd an seinem Körper. Der Schweiß lief in breiten Bahnen über sein Gesicht und stach in seinen Augen.
    »Wir haben den Sarkophag in den Keller bekommen«, sagte er, »also muss es auch eine Möglichkeit geben, ihn wieder herauszuholen.«
    Die drei anderen Männer, Danny Li, Adam Chung und Jackie Tong, richteten sich auf und klopften den Staub von ihren Händen. Gemeinsam versuchten sie seit über einer Stunde den schweren Steinsarkophag über den Kellerboden zu schieben. Ihr Erfolg ließ sich in wenigen Zentimetern messen.
    »Rein war einfach«, widersprach Danny, »weil wir ihn mit dem Flaschenzug bis zur Tür bringen und dann auf Rollen setzen konnten. Wenn wir den Flaschenzug hier einsetzen, bricht vielleicht die Decke ein.«
    »Was ihm bestimmt nicht gefallen würde«, sagte Jackie mit einem Blick auf den schlafenden Tulis-Yon. Seit Chang ihnen von der Legende erzählt hatte, machten sie einen großen Bogen um den Mann und bemühten sich, so leise wie möglich zu arbeiten.
    Adam kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Wir könnten Sand auf den Boden streuen und den Sarg darüber ziehen. Das haben die Ägypter beim Pyramidenbau auch gemacht. Dafür bräuchten wir allerdings Tragriemen.«
    »Dann besorg welche!«, schrie William unvermittelt. Die anderen zuckten zusammen und sahen betreten zu Boden. Nur Danny hielt den Kopf gerade.
    »Schreien bringt uns nicht weiter. Wir müssen ruhig bleiben.«
    William wusste, dass er Recht hatte, aber die Zeit schien mit jedem Blick auf die Uhr schneller zu verstreichen. Die Angst vor den Tulis-Yon war so groß, dass sie ihn beinahe lähmte. Jedes Geräusch ließ ihn aufhorchen. Jede Störung der Überwachungskameras, deren Bild auf die Wandmonitore übertragen wurde, verstärkte seinen Herzschlag zu einem schmerzhaften Pochen. Am liebsten wäre er davongerannt, weit weg an einen Ort, an dem er nie wieder von Kuang-shi hören würde. Doch das ging nicht. Er musste diese Aufgabe bewältigen, bis zum Ende seines Lebens.
    »Also gut«, sagte William ruhiger. »Adam, du besorgst Tragriemen, Sand und was dir sonst noch einfällt. Währenddessen ruhen wir uns aus, damit -«
    »Scheiße«, unterbrach ihn Jackie mit einem Blick auf die Monitore. »Wir bekommen Besuch.«
    William fuhr herum. Das grünschwarze körnige Bild der Infrarotkameras warf flackernde Lichter durch den großen Kellerraum. Gleich drei Monitore zeigten zwei dunkle Gestalten, die sich auf das Haus zu bewegten. Sie hatten die Eingangstür fast erreicht.
    »Sind das Tulis-Yon?«, flüsterte Danny.
    »Ich weiß nicht…« William spürte seinen Herzschlag bis in die Schläfen. Er schnappte nach Luft und hielt sich reflexartig an dem Sarkophag fest. Der Kellerraum verschwamm vor seinen Augen.
    »Keine Panik«, hörte er Adams beruhigende Stimme. Eine Hand legte sich auf seine Schulter. »Du weißt, dass wir die Abwehrmechanismen verdoppelt haben. Jetzt kommt auch kein Tulis-Yon mehr lebend bis in den Keller.«
    Die anderen stimmten zu, redeten auf ihn ein, ohne dass er ihre Worte verstehen konnte. Schließlich nahmen ihre Gesichter wieder Form an, sein Herzschlag verlangsamte sich.
    William atmete tief durch.
    »Macht euch um mich keine Sorgen«, sagte er heiser. »Denkt lieber an Kuang-shi.«
    Das Bild auf dem

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