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0707 - Im Schatten des Vampirs

0707 - Im Schatten des Vampirs

Titel: 0707 - Im Schatten des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Wand befand sich eine ungeheure, natürlich wirkende Felsmalerei, auf dem die Stadt und die umliegende Land schaft dargestellt war.
    Das Land der drei Flüsse, dachte er. Er verstand noch immer nicht, woher er solche Details wusste und wie ihm eine Grotte bekannt sein konnte, die es nur in einem Traum gab, aber er fand sich langsam damit ab. Im Moment gab es wichtigere Dinge.
    Wu stellte die Laterne auf den Boden und ließ sich im Lotussitz nieder. Zamorra folgte seinem Beispiel. Sie saßen sich gegenüber, waffenlos und ohne Hilfsmittel. Über letzteres war er nicht unglücklich, denn er hatte befürchtet, dass Wu schwarze Magie einsetzen würde und dafür einen Menschen op fern wollte. In dem Fall hätte er ein greifen müssen, was seine Tarnung endgültig hätte auffliegen lassen.
    Trotzdem fragte sich Zamorra, ob sie gemeinsam genügend Kraft besa ßen, um einen so starken Zauber eir zuleiten. Schließlich ging es nie! darum, einen Gegenstand zum Schwc ben zu bringen, sondern um einer Schutzzauber, der auf Hunderte von Menschen ausgedehnt werden sollte. Er wusste nicht, ob er sich das zutraute - vor allem nicht, weil er einen Teil seiner Kraft für einen ganz eigenen Zauber zurückhalten musste…
    »Bist du bereit?« Wus Stimme klang nervös. Er schien ebenfalls Zweifel am Ausgang des Zaubers zu haben.
    Zamorra nickte. Er ergriff Wus ausgestreckte Hände und schloss die Augen.
    »Vergiss nicht«, hörte er die Stimme des Zauberers. »Selbst wenn wir getötet werden, leben wir auf ewig in der Erinnerung unseres Volkes weiter, als die Helden, die Kuang-shi erweckt haben.«
    Wenn ich hier sterbe, dachte Zamorra sarkastisch, lebe ich in der Erinnerung meines Volkes als der Volltrottel weiter, der Kuang-shi nicht gestoppt hat, als er die Gelegenheit dazu hatte.
    »Unser Tod ist noch keine beschlossene Sache«, sagte er. »Das sollten wir auch nicht vergessen.«
    Wu antwortete nicht. Schweigen senkte sich über die Grotte, während Zamorra sich in Trance versetzte. Zeit und Raum verloren ihre Bedeutung. Er wusste nicht, wie lange er bereits an diesem Ort saß, ob Minuten oder Wochen vergangen waren, aber irgendwann begann Wu zu sprechen. Vor Zamorras Augen entstanden magische Linien, die sich verknoteten, durchkreuzten und langsam ausbreiteten.
    Als er die Gestalt von Wus Zauber erkannte, setzte er seine eigene Magie ein, unterstützte die Linien, verstärkte sie und baute sie weiter aus. Nach und nach nahmen die Linien eine filigrane Form an, wurden zu etwas Dreidimensionalem, Realem, das vor ihnen in der Grotte schwebte.
    Zamorra murmelte die uralten Worte, die aus Gedanken Wirklichkeit werden lassen, aber er war nicht ganz bei der Sache. Er hatte einen Teil seines Geistes abgekapselt, steckte diese Kraft nicht in Wus Zauber, sondern in seinen eigenen, der heimlich hinter seinem Rücken entstand. Wenn es ihm gelang, diesen Zauber mit dem anderen zu verbinden, würden sie nicht nur einen Schutzzauber zu den Träumenden schicken, sondern auch ihren Geist Das war zumindest die Theorie, aber wenn Wu Huan-Tiao bemerkte, was er tat, war alles umsonst…
    ***
    Ge Xinfa war müde, so unendlich müde, dass seine Füße wie die eines alten Mannes über den Beton schlurften. Mühsam stieg er die Leitern zum Bohrkopf empor und setzte sich erschöpft auf einen Vorsprung.
    Der Wind, der von See her wehte, war kühl und schmeckte nach Salz, aber Xinfa nahm ihn kaum wahr. Beinahe verzweifelt versuchte er sich daran zu erinnern, weshalb er auf den Turm gestiegen war. Jemand hatte ihm eine Anweisung gegeben, aber sie wollte ihm einfach nicht mehr einfallen.
    Die letzten Tage und Nächte verschwammen in seiner Erinnerung zu einer verworrenen Masse aus isolierten Momenten. Gebrüllte Befehle, routinierte Handgriffe, Gesprächsfetzen und hellwache, schweißgebadete Nächte in stickigen Quartieren. Wann hatte er das letzte Mal gegessen, wann getrunken oder geschlafen - Xinfa wusste es nicht.
    Er stand außerhalb der Welt, die immer schneller wurde, an ihm vorbei raste wie ein Karussell.
    Die Gasventile, dachte er plötzlich und spürte so etwas wie Stolz, dass er sich doch noch erinnert hatte. Er zog sich an der Leiter hoch und richtete seinen verschwommenen Blick auf die Anzeige über den Ventilen. Die Zeiger standen im roten Bereich, wiesen auf einen deutlichen Überdruck hin.
    Xinfa griff nach dem Ventil und stutzte. Er hatte diese Aufgabe schon so oft erledigt, dass er nicht mehr darüber nachdenken musste, aber jetzt kamen ihm zum

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