0707 - Im Schatten des Vampirs
Leibwächter den Raum verlassen hatte und fuhr fort. »Don Pedro, ich möchte diese Angelegenheit so schnell wie möglich hinter mich bringen. Also, wo ist dieser Verräter und was will er mir sagen?«
»Der Verräter«, sagte eine Stimme aus den Schatten, »kann für sich selbst sprechen.«
Diego kniff die Augen zusammen, als ein Vampir, den er nur zu gut kannte, in den Schein des Feuers trat. Nur seine ausgeprägte Selbstdisziplin hinderte ihn daran, sich zähnefletschend auf ihn zu stürzen.
»Fu Long«, begrüßte er seinen Gegenüber mühsam beherrscht, »ich hätte nicht gedacht, dass du es je wieder wagen würdest, mir in die Augen zu sehen.«
Der Chinese verneigte sich leicht. »Deine Wut ehrt mich, denn ich weiß, dass du sie nur für deine größten Feinde empfindest. Ich bin stolz, ein Mitglied dieses edlen Kreises zu sein.«
Diego schluckte seinen Ärger herunter. Fu Long verstand es wie kein anderer, eine Beleidigung in ein Kompliment und Schwäche in Stärke zu verwandeln. Nach der Zerschlagung seiner Familie war er völlig mittellos nach Denver geflohen, hatte einen neuen Clan gegründet - Diego verstand bis heute noch nicht, wie ihm das in so kurzer Zeit gelungen war [4] - und die Hölle dazu gebracht, ihn als Herrscher von Colorado anzuerkennen. Damit war er praktisch unantastbar, außer man erklärte ihm den Krieg.
Aber das wollte Diego nicht riskieren. Die politischen Verflechtungen zwischen den Familien waren so kompliziert, dass die Konsequenzen unabsehbar waren.
»Du brauchst meine Hilfe«, sagte Fu Long unvermittelt. »Ich bin hier, um sie dir zu geben.«
Du verschlagener schlitzäugiger Bastard, dachte Diego. Was planst du dieses Mal?
»Die einzige Hilfe«, sagte er laut, »die ich von dir erwarte, ist eine gewisse Kooperation, wenn ich dir einen Holzpflock ins Herz ramme. Auf alles andere verzichte ich gerne.«
Sein Gegenüber hob die Augenbrauen. »Dann hast du es noch nicht gehört?«
»Was gehört?«
»Dass er in Los Angeles ist.«
»Wer?«, kam die Frage von Don Pedro, aber Diego ahnte bereits, wie die Antwort lautete. Trotzdem zuckte er zusammen, als Fu Long seine schlimmsten Befürchtungen aussprach.
»Kuang-shi.«
***
Der Hubschrauber setzte mit solcher Wucht auf der Plattform auf, dass Zamorra den Kontakt mit der Holzbank verlor und zwischen den Kisten auf dem Boden landete. Die Arbeiter lachten. Einige klopften ihm gutmütig auf die Schulter, als sie sich an ihm vorbeidrängten und die Laderampe öffneten.
»Ich hatte gesagt, dass Sie sich festhalten sollen«, sagte Yu Li-Wen lächelnd.
»Ja, ja«, gab Zamorra mürrisch zurück und klopfte sich den Dreck aus der Kleidung. Er bemerkte, dass die Arbeiter an der Rampe stehen geblieben waren und jetzt begannen, sich Tücher vor Mund und Nase zu binden.
»Warum machen sie das?«, fragte er.
»Wegen des Windes. Wenn er von Land weht, bringt er den Sand aus tausend Kilometer entfernten Steppen mit. Die Menschen, die hier arbeiten, nennen ihn Qi Long.«
Drachenatem , übersetzte Zamorra in Gedanken, ohne es laut auszusprechen. Er griff nach der Reisetasche, die er als einziges Gepäckstück bei sich trug, und betrat die Rampe. Der heiße Wind stach in seinen Augen, aber er nahm sich dennoch die Zeit, den beeindruckenden Anblick zu genießen.
Rechts von ihm schraubte sich eine quadratische Turmkonstruktion in die Höhe. Treppen und Leitern zogen sich hindurch und rahmten eine riesige Metallröhre ein, die Zamorra für den eigentlichen Bohrer hielt.
Links neben dem Hubschrauber erstreckte sich ein Betonblock. Die Strahlen der aufgehenden Sonne spiegelten sich in Hunderten von Fenstern, hinter denen sich Büros, Arbeiterquartiere, Maschinenanlagen und Lagerräume verbargen.
Der Boden bebte unter einem rhythmischen Stampfen, das wohl von den Förderanlagen ausging. Im Heulen des Windes waren die dröhnenden Motoren kaum zu hören. Die Luft schmeckte nach Salz und Öl.
Eine Stadt mitten im Ozean, dachte Zamorra, als er sich umdrehte und einen Blick auf das Meer warf. Er schätzte, dass die Bohrinsel so groß wie ein Fußballstadion war und die Höhe eines vierzigstöckigen Hochhauses hatte, aber inmitten der endlos erscheinenden Wellen wirkte sie klein und zerbrechlich.
»Wie viele Leute arbeiten hier?«, fragte er.
»Ungefähr zweihundert.« Yu Li-Wen zeigte auf die Turmkonstruktion. »Die meisten arbeiten hier oben auf der Plattform, und zwar Tag und Nacht. Es ist eine harte und gefährliche Arbeit, aber sie wird auch
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