0708 - Der Höllenkerker
Netzhaut-Muster- na, Fingerabdrücke reichen wohl schon. Foolys Finger, hm…« Er lächelte.
»Wo gerade von Fooly die Rede ist«, unterbrach ihn Nicole, die zurückgekehrt war. »Ich wollte mich gerade im Bad ein wenig schön machen. Und was rieche ich da? Gestank! Und was sehe ich da im Waschbecken? Irgendeine verschmorte Substanz, die… Sag mal, du hast dich doch vor einer halben Stunde um Fooly gekümmert. Ist dir da vielleicht etwas Besonderes aufgefallen, mein heißgeliebter Herr und Gebieter?«, säuselte sie.
»Nichts, überhaupt nichts«, schwindelte Zamorra. »Ich verstehe nicht…«
»Gut, dann kannst du dich ja auch darum kümmern, dass das stinkende Nichts vom Verursacher entfernt wird. Und zwar schnellstens, bevor sich jemand im Bad das letzte Essen noch einmal durch den Kopf gehen lassen muss… es ist doch einfach nicht zu fassen…«
Der Dämonenjäger seufzte. Fooly und Rhett für den verschmorten Plastikbecher verantwortlich zu machen, war höchst unfair. Also musste er nun doch selbst ran.
Oder…
Er kehrte ins Arbeitszimmer zurück und schaltete per Sprachsteuerung das Visofon ein, das nicht nur Telefonate und Bildtelefonate nach draußen ermöglichte, sondern auch alle bewohnten Räume von Cháteau Montagne miteinander verband. »William…?«
Der Butler meldete sich sofort.
»Äh, William, es gibt da ein kleines, unwesentliches Problem…«
***
Die zuckenden Blitze, die Schüsse… für einen Moment hatte die Gefangene Hoffnung geschöpft. Aber dann wirbelte eines der Ungeheuer herum, sprang die Wand an, jene Stelle, von der die Blitze gekommen waren.
Vorübergehend hatte es den Anschein, als wolle die riesige, saurierhafte Bestie sich den Schädel einrennen. Aber sie glitt einfach durch den Fels. Dann glitt wie wieder zurück in die Kerkerhöhle, mit blutigem Maul. Und sie spie den Kopf eines Mannes aus.
Viel war davon nicht übrig. Nur noch wenige Fleischfetzen hingen an dem Schädel, der zwischen die anderen Knochen rollte. Aus leeren Augenhöhlen schien er die Gefangene anzustarren.
Das zweite Monster war jetzt vollends in den Raum herein gekrochen. Irgendwie schienen die beiden Bestien sich lautlos miteinander zu verständigen. Dann zogen sie sich zurück.
Kein Grund, aufzuatmen.
Immer noch war die Goldhaarige an den Pfahl gefesselt, ohne sich befreien zu können. Und als eine Art Abschiedsgruß zuckte ihr aus dem Bestienmaul eine lange Zunge entgegen, wie die eines Chamäleons. Sie stoppte nur wenige Zentimeter vor dem Körper des Opfers und wurde dann blitzschnell wieder eingerollt.
Es war kein Zufall.
Das Ungeheuer wusste verdammt genau, wie weit seine Chamäleonzunge reichte! Es spielte nur mit dem Opfer. Versetzte es in Schrecken.
Dumpfes Knurren folgte. Dann waren die beiden Bestien fort.
Aber sie würden zurückkehren.
Vielleicht in ein paar Minuten.
In ein paar Stunden.
In ein paar Tagen…?
Und das Warten ging weiter. Das Warten auf den Tod…
***
Zamorra und Nicole hatten sich gerade »marschfertig« gemacht, um mittels der Regenbogenblumen nach Anglesey zu wechseln. In der Nähe von Gryfs kleiner Blockhütte wuchs eine kleine »Kolonie« dieser magischen Pflanzen, die einen zeitverlustfreien Transport von einem Ort zum anderen ermöglichten. Angesichts dessen, dass über den britischen Inseln eine Schlechtwetterfront zu erwarten war, zwängte Nicole sich in Jeans, Sweatshirt und feste Stiefel.
Aber zur Reise nach Wales kam es erst mal nicht.
Ted Ewigk rief an. »Könnt ihr mal eben zu mir kommen? Die Sache könnte euch interessieren.«
»Welche Sache?«, wollte Zamorra wissen.
»Laßt euch einfach überraschen.«
Zamorra und Nicole sahen sich an - und nickten. »Tun wir ihm den Gefallen, aber dann nehmen wir vorsichtshalber noch ein wenig Ausrüstung mit.«
Es dauerte nur ein paar Minuten, Zamorras »Einsatzkoffer« zu holen, in dem sich allerlei weißmagische Hilfsmittel befanden. Dann wechselten sie vom Cháteau Montagne zu Ted Ewigks Villa am Nordrand von Rom - ebenfalls mittels der Regenbogenblumen.
Der Freund, der es längst nicht mehr nötig hatte, als Reporter zu arbeiten, und sich nur noch ganz besondere Fälle herauspickte, erwartete sie schon.
»Hallo, ihr Zwei!«, begrüßte er sie. »Carlotta ist in der Stadt. Wir können also ungestört loslegen.«
Damit spielte er auf das Verhalten seiner Freundin an, die ihn in letzter Zeit immer öfter und stärker bedrängte, die Finger von lebensgefährlichen Abenteuern zu lassen.
Früher
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