0708 - Verliebt in eine Tote
ebenfalls gegen eine der Türen.
Sein Körper glich noch immer einem mächtigen Geschoß, das nicht zu bremsen war. Aber die Wand stoppte ihn. Suko hatte sich zusammengerollt, um so wenig Aufprallfläche zu bieten wie nötig. Und er schaffte es. Er lag still, holte Luft, stellte in dieser kurzen Zeitspanne fest, daß er sich nichts gebrochen hatte, und konnte sogar ein kaltes Lächeln über sein Gesicht schicken. Er rappelte sich wieder auf. Das Donnern des Lastwagens war wie ein Schrei aus den Urtiefen der Hölle.
Durch die zerbrochene Tür zeichneten sich die Umrisse des rasenden Wagens ab. Er hatte jetzt wieder Kontakt mit dem Boden bekommen, und Suko wußte genau, was diese Monster auf vier Rädern vorhatten.
Es wollte das Haus zerstören und alles, was sich in ihm befand. Ob lebendig oder tot.
Für Suko war es grausam, dies zu wissen. Er mußte sich blitzschnell entscheiden, wie er da wegkommen konnte.
Er schnellte hoch. Da die Häuser alle gleich gebaut waren, wußte er genau, wo sich der größere Wohnraum befand.
Auf ihn hechtete er zu.
Er jagte hinein, als hinter ihm die Hölle losbrach, denn der Lastwagen hatte die Hausfront erreicht und donnerte hindurch, als wäre sie nicht vorhanden.
Der Teufel und sein Helfer versuchten, das Haus platt zu machen. Dem Erdboden gleich, einfach weg.
Suko war im Wohnzimmer nicht sicher. Dieses Monstrum auf vier Rädern würde alles vernichten, es war ein vom Teufel bewegtes, grausames Stück Technik.
Suko mußte weg.
Er wußte nicht, ob es richtig war, was er tat. Aber wie ein Stuntman im Film jagte er auf das seitliche Fenster zu und hechtete hindurch. Das Klirren der Scheibe ging in all den donnernden Geräuschen unter, als das Haus unter dem Ansturm zusammenbrach.
Um Suko herum veränderte sich die Umgebung. Nichts War mehr so wie vorher. Es war ihm unmöglich zu erkennen, was alles durch die Luft wirbelte. Balken, Holzteile, Türen, auch Glas und irgendwelche Metallgegenstände. Er hatte sich fest auf den Boden gepreßt, als wollte er das berühmte Mauseloch suchen, in das er sich verkriechen konnte. Aber das war nicht da. Und wenn, danii war Suko keine Maus. Er blieb liegen, während über ihm eine Welt zusammenbrach.
Das Donnern, das Schreien und Knirschen, der Staub und dann die Schläge, die er mitbekam.
Manchmal hatte er das Gefühl, als wären zahlreiche Hände dabei, auf ihn einzuprügeln. Und sie trafen ihn überall. Zeit dehnte sich. Suko meinte, daß dieser Tornado nie aufhören würde, und um ihn herum wurde es immer dunkler. Er kam sich vor wie in einer Höhle liegend, durch die der Staub wallte.
Und dann war es vorbei.
Erkennen konnte er nichts. Der Staub war einfach zu dicht.
Obwohl es eigentlich still war, kam es Suko vor, als wäre er von einer Grabesruhe umgeben. In seiner Nähe knackte und schabte es, wenn sich das Holz bewegte. Es dauerte noch eine Weile, bis sich die einzelnen Trümmer beruhigt hatten und nicht mehr weiterrutschten.
Starr blieb der Inspektor liegen. Über sein verschwitztes, staubgraues Gesicht glitt ein hartes Grinsen. Ein kurzes Gefühl des Triumphs, daß er noch lebte.
Nur - wie sah seine Zukunft aus?
Suko übte sich in Geduld. Bisher hatte die andere Seite hier in der Siedlung agiert. Das wollte er ihnen auch gern weiterhin überlassen, aber sie meldeten sich nicht.
Es blieb still.
Suko konnte sich einfach nicht vorstellen, daß sie sich mit dem zufrieden geben würden, was sie erreicht hatten. Irgend etwas hielten sie in der Hinterhand.
Er bewegte sich sehr behutsam, als er damit begann, die seinen Körper bedeckenden Teile und Reste zur Seite zu schieben. Zumeist waren es Holzlatten, die ein wirres Muster gebildet hatten. Zunächst vergrößerte Suko die Lücke direkt über seinem Gesicht, so war der Blick nicht mehr zu stark eingeschränkt.
Ein seltsam verschwommener Augusthimmel lag über ihm. Selbst die Sonne sah schwadig aus, als hätte jemand mit einem Schwamm über den hellen Kreis gerieben.
Zu atmen war die Luft kaum. Wenn er sie einsaugte, dann hatte er das Gefühl, den Staub zu trinken, der sich eklig in seiner Kehle festsetzte und dazu noch kratzte.
Er richtete sich auf, stemmte dabei Bretter zur Seite und konnte erkennen, wie hold ihm das Glück dabei gewesen war. Quer über seinen Unterkörper lag etwas erhöht und verkantet ein sehr starkes und auch breites Brett, das ihn vor fallenden Trümmern geschützt hatte. Suko zog seine Beine darunter hervor, merkte schon, daß sie an einigen
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