071 - Die weisse Wölfin
werden ihr folgen. Sie wird uns zu Hunter führen.
Ich werde jetzt alles Notwendige veranlassen. Coco soll nicht aufgehalten werden, wenn sie das Haus verläßt.“
Cohen nickte.
Coco ging ruhelos in ihrem Zimmer auf und ab. Sie hatte das Fenster geöffnet, doch das Licht nicht angedreht. Immer wieder versuchte sie zu einem Entschluß zu kommen.
Es war erst wenige Monate her, seit sie Dorian Hunter kennengelernt hatte. Hunter hätte in eine Falle gelockt werden und durch einen seiner Brüder den Tod finden sollen. Doch Coco hatte sich in Dorian verliebt und war aus der Schwarzen Familie ausgestoßen worden.
Coco kannte wie kaum sonst jemand die Macht der Schwarzen Familie.
Ihr Entschluß stand somit fest: Sie würde sich mit Hunter treffen. Sie mußte mit ihm sprechen. Sie kannte ihn zu gut, um danach nicht genau beurteilen zu können, ob er die Wahrheit sprach oder ob er sie belog.
Sie blickte auf die Uhr. Noch fünfundzwanzig Minuten bis Mitternacht.
Sie trat ans Fenster und sah in den Garten. Das Grundstück, auf dem die Jugendvilla stand, war von einer hohen, efeuumrankten Steinmauer umgeben. Der Garten und das Haus waren durch unzählige Dämonenbanner gegen einen Angriff der Schwarzen Familie abgesichert. Cocos Zimmer lag im ersten Stockwerk.
Sie schwang sich aufs Fensterbrett und ließ die Beine baumeln. Ihre Tasche hängte sie über die linke Schulter, dann ließ sie sich einfach zu Boden fallen, ging in die Knie und sprang auf.
Lauschend blieb sie stehen. Aus den Fenstern des Erdgeschosses fiel gelbes Licht in den Garten. Sie lief zwischen einigen Sträuchern zum Gartentor. Und nach wenigen Schritten verschmolz sie mit der Dunkelheit.
Am Tor klammerte sie sich an der Steinmauer fest und erreichte mit einem Klimmzug das Mauerdach. Vor dem Tor stand ein Posten. Sie lief geräuschlos auf der Mauer entlang, bis der Agent nicht mehr zu sehen war, dann sprang sie auf die Straße.
Zu dieser Zeit herrschte kaum Verkehr in der Baring Road. Immer wieder blickte sie sich um. Kein Mensch verfolgte sie.
Nach fünf Minuten erreichte sie die Bahnstation Grove Park. Sie löste ein Ticket und hörte den Vorortszug einfahren. Blitzschnell raste sie die Stufen hinunter und sprang in einen Waggon. Kaum hatte sie die Tür zugeschlagen, als der Zug abfuhr.
Sie hatte die Absicht, bis zur Endstation Charing Cross zu fahren und sich dort ein Taxi zu nehmen. Der Vorortszug fuhr rasch durch die Nacht. Coco lehnte sich zurück und dachte nach. Sie hatte mehr als zwanzig Minuten Zeit, bis sie Charing Cross erreicht haben würde.
In Charing Cross reihte sie sich in den Strom der Fahrgäste ein und verließ den alten Bahnhof. Sie betrat den Strand und blickte zur Nelsonsäule auf. Auf dem Trafalgar Square herrschte noch reger Betrieb. Kurz sah sie sich wieder um, erkannte aber kein bekanntes Gesicht. Trotzdem fühlte sie sich verfolgt.
Endlich kam ein freies Taxi vorbei. Sie fuhr in Richtung Norden, stieg nach zehn Minuten aus, fuhr abermals ein Stück mit der U-Bahn und nahm sich dann wieder ein Taxi.
In der Muswell Hill Road verließ sie das Taxi und sah ihm nach. Sie hatte sich während der Fahrt immer wieder umgeblickt, doch es war ihr kein Wagen aufgefallen, der sie verfolgt hatte.
Sie erreichte die schmale Wood Lane, die direkt zum Eingang des Queens Wood führte. Zwei betrunkene, junge, ungepflegte Männer kamen ihr entgegen.
„Hallo, Süße!“ lallte der eine.
Er trug einen Vollbart, und seine Augen waren blutunterlaufen. Er griff nach ihr, doch sie trat einen Schritt zurück, und er verfehlte sie.
„Nicht so schüchtern, Süße!“ sagte der andere. „Komm mit auf unsere Bude!“
Coco warf ihnen einen eisigen Blick zu, der die beiden aber nicht sehr beeindruckte. Sie folgten ihr. Nach einigen Schritten blieb Coco stehen.
„Verschwindet!“ zischte sie.
Doch die beiden ließen sich nicht abschütteln. Sie verfolgten sie weiter.
Coco ging am Eingang zum Queen’s, Wood vorbei. Nach etwa fünfzehn Schritten sprang sie blitzschnell zwischen einige Büsche, wandte sich nach links und überquerte einen schmalen Weg. Dann verschluckte sie die Dunkelheit. Sie hörte das wütende Geplärre der beiden Männer noch kurze Zeit, dann war es still.
Der Himmel war wolkenlos. Irgendwo schrie ein Nachtvogel, etwas raschelte im Gebüsch.
Coco ging zielstrebig weiter. Es war kurz vor ein Uhr.
Gleich vor dem Eingang Connaught Road lag ein kleiner Teich, der von einem schmalen Weg umgeben war, auf dem Bänke
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