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071 - Die weisse Wölfin

071 - Die weisse Wölfin

Titel: 071 - Die weisse Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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den Vorhang hinunter und blieb vor dem Bett stehen. Er packte die Bettdecke mit beiden Armen und kroch hinauf.
    Seine kleinen Arme waren ungewöhnlich muskulös. Er hatte anfangs wochenlang geübt und konnte sich nun sehr behende bewegen.
    Endlich hörte er Schritte, schwere Schritte, die vor der Zimmertür verstummten. Ein Schlüssel wurde ins Schloß gesteckt. Die Tür ging auf, und das Licht wurde angeknipst. Dorian Hunter trat ins Zimmer.
    Chapman richtete sich auf. Irgend etwas stimmte mit Hunter nicht. Er lehnte sich an die Tür und hatte die Augen geschlossen.
    Hunter war ein Meter neunzig groß. Die Jacke hing um seine breiten Schultern. Das schwarze Haar schimmerte feucht, das Gesicht war bleich, und der dichte Schnurrbart hing traurig nach unten. Er schlug jetzt die Augen auf. Sein Blick war verschleiert. Er wirkte betrunken.
    Er schlug die Tür zu. Sein glasiger Blick wanderte durchs Zimmer und blieb an Chapman haften. „Auf dich habe ich gewartet, Chapman!“ keuchte Dorian. „Du bist eine Mißgeburt. Jemand, der keine Lebensberechtigung hat. Ich werde dich und alle Mißgeburten vernichten.“
    Hunter torkelte zum Bett und setzte sich. Chapman kroch aus seiner Reichweite und spannte die Muskeln an. So hatte er Hunter noch nie gesehen. Seine Stirn war mit Schweiß bedeckt, und die Augen schimmerten fiebrig.
    „Ich werde nicht nur die Dämonen vernichten“, sagte Hunter. „Ich vernichte alles, was nicht normal ist. Und dich werde ich auch töten, Chapman. Du bist kein Mensch, du bist ein Geschöpf der Dämonen. Und du mußt getötet werden.“
    Chapman rutschte an den Bettrand, und Hunter griff nach ihm. Seine Bewegungen waren jedoch unsicher. Er verfehlte Chapman und stieß einen wüsten Fluch aus.
    „Warte nur!“ keuchte er. „Ich erwische dich schon!“
    Wieder griff er nach dem Puppenmann, doch Chapman ließ sich einfach auf den Boden fallen und versteckte sich unter dem Bett.
    „Ich bekomme dich!“ schrie Hunter wütend.
    Er kniete vor dem Bett nieder und tastete mit beiden Händen den Boden ab.
    Er muß übergeschnappt sein, dachte Chapman.
    Hunter legte sich auf den Bauch.
    „Du entkommst mir nicht, du Mißgeburt!“
    Er sah Chapman, doch der Zwerg war rascher und rannte zum Fenster.
    Hunter richtete sich auf. Er mußte sich am Bett festhalten, als er aufzustehen versuchte.
    Chapman erreichte den Vorhang, hantelte sich hoch und sprang aufs Fensterbrett.
    Hunter stand schwankend im Zimmer.
    „Du entkommst mir nicht, du Teufelsgeschöpf!“ tobte er. „Ich werde dich wie eine Wanze zerdrücken.“
    Er taumelte ans Fenster und riß den Vorhang zur Seite.
    Chapman hatte sich inzwischen durch den schmalen Spalt gequetscht. Vom Fenstersims aus lief er zur Feuerleiter.
    Hunter öffnete das Fenster und lehnte sich hinaus. Mit fahrigen Bewegungen strich er über das Fensterbrett.
    „Wo bist du?“ schrie er. „Wo bist du, du Monster?“
    Er stierte auf die Straße und sah nicht, daß sich Chapman an der Feuerleiter festgekrallt hatte und gerade zu Boden glitt.
    Langsam torkelte er zurück und fiel aufs Bett.
     

     
    Ich richtete mich auf und blickte mich im Zimmer um.
    „Don?“ fragte ich.
    Keine Antwort. Verdammt noch mal, dachte ich, der Puppenmann muß sich doch im Zimmer befinden!
    Ich stand auf, und feurige Kreise drehten sich vor meinen Augen.
    Ich hatte in einem Restaurant ein Steak gegessen und war mit einem Taxi in die Nähe der Pension gefahren. Ich konnte mich noch erinnern, daß ich die Pension betreten hatte, dann war alles schwarz vor meinen Augen geworden, und ich war als nächstes in meinem Zimmer erwacht.
    „Don?“ rief ich nochmals.
    Doch es kam keine Antwort.
    Ich stand auf und durchsuchte das Zimmer. Von Chapman keine Spur.
    Ich trat ans Fenster und sah auf die Straße. Vielleicht war Chapman ungeduldig geworden. Oder er hatte vermutet, daß ich von der Polizei erwischt worden war.
    Ich steckte mir eine Zigarette an und setzte mich aufs Bett. Wieder einmal hatte ich eine Gedächtnislücke. Kopfschüttelnd drückte ich die Zigarette aus und blickte auf die Uhr. Es war kurz vor elf. Nach Mitternacht hatte ich mit Coco eine Verabredung. Hoffentlich würde sie kommen.
    Ich löschte das Licht und legte mich aufs Bett. Was sollte ich weiter unternehmen? Nein, ich hielt es nicht mehr länger im Zimmer aus.
    Ich stand auf und verließ die Pension wieder. Mehr als zwanzig Minuten schlenderte ich ziellos durch die verlassenen Straßen, dann ging ich in Richtung Queens

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