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071 - Die weisse Wölfin

071 - Die weisse Wölfin

Titel: 071 - Die weisse Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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gekommen.’ Hast du das verstanden?“ „Ja“, sagte ich.
    „Gut. Young ist ein Krüppel, ein ausgestoßenes Mitglied der Schwarzen Familie. Du kannst dich hundertprozentig auf ihn verlassen. Er wird dir helfen, wo immer er nur kann. Young ist faktisch der ungekrönte Herrscher der Krüppel von London.“
    „Danke, Tim“, sagte ich.
    „Du mußt mich später noch mal anrufen. Tu das aber von Young aus“, sagte Morton. „Vielleicht fällt mir was ein, wie ich dir helfen kann. Auf jeden Fall sitzt du ganz schön in der Tinte, aber damit war ja mal zu rechnen. Du hast zu viel Staub aufgewirbelt und bist zu lästig für die Schwarze Familie geworden. Bis bald!“
    Er legte auf, und ich verließ die Telefonzelle, zahlte und trat auf die Straße.
     

     

Eine halbe Stunde später stand ich vor dem Haus in der Parker Street. Es war einstöckig. Der Verputz war abgeblättert, und die Ziegel erinnerten an Zahnreihen. Die Fensterscheiben waren unglaublich schmutzig und im Erdgeschoß waren sie zugemauert.
    Ich blieb vor der Eisentür stehen und suchte nach einem Klingelknopf, fand jedoch keinen.
    Ein kleiner Hund schnüffelte an meinen Beinen, und eine alte Frau kam vorbei. Sie trug eine große Einkaufstasche in der Hand und beachtete mich nicht.
    Ich schlug mit der Faust gegen die Tür. Nichts rührte sich. Ich schlug nochmals dagegen, diesmal stärker. Dann trat ich einen Schritt zurück und starrte hoch. Kein Fenster wurde geöffnet. Alles blieb ruhig.
    Ich probierte es nochmals. Diesmal schlug ich einige Male mit beiden Fäusten gegen die Tür. Da wurde endlich eine winzige Klappe zur Seite geschoben.
    „Ja?“
    Die Stimme klang sehr leise.
    Ich blickte mich rasch um und drückte dann den Mund gegen die Öffnung, die durch ein feinmaschiges Gitter gesichert wurde.
    „Die Tage der Rache sind gekommen“, sagte ich.
    „Hoffentlich“, brummte die leise Stimme.
    Ein Schlüssel wurde zweimal im Schloß umgedreht, dann wurden drei Riegel zurückgezogen. Das Öffnen der Tür verursachte einen Höllenlärm. Sie wurde nur einen schmalen Spalt breit geöffnet, und ich hatte Mühe, mich hindurchzuzwängen.
    Die Tür wurde wieder zugedrückt, und ich hatte nun Gelegenheit, die seltsame Figur näher zu betrachten, die die Tür geöffnet hatte.
    Sie reichte mir kaum bis an die Brust. Eine dunkle Kapuze bedeckte den unförmigen Schädel, und der Körper steckte in einem bodenlangen dunkelblauen Umhang. Für einen Augenblick sah ich die verkrüppelten Hände, die aber sofort in den weiten Ärmeln des Umhangs verschwanden.
    „Ich bin Sheldon Young“, sagte der kleine Mann.
    „Dorian Hunter“, stellte ich mich vor.
    „Ich weiß“, sagte Young kichernd. „Morton telefonierte mit mir. Folgen Sie mir bitte!“
    Ein seltsamer Geruch hing in der Luft. Young ging voraus.
    „Könnten Sie nicht Licht machen?“ fragte ich.
    Young schüttelte den Kopf.
    „Später“, sagte er. „Ich vertrage Licht nicht besonders gut.“
    Ich gab mich mit seiner Erklärung zufrieden. Außerdem war ich froh, bei ihm Unterschlupf gefunden zu haben.
    Vorsichtig tastete ich mich vorwärts. Vor einer Treppe blieb der kleine Mann stehen.
    „Halten Sie sich an meiner Schulter fest, Mr. Hunter!“ sagte er.
    Ich strich über den weiten Umhang und spürte darunter dicke Geschwülste. Endlich hatte ich seine Schulter gefunden. Er ging langsam weiter. Es mußte sich um eine Eisentreppe handeln. Unsere Schritte hallten seltsam. Ich zählte die Stufen mit. Es waren genau zwanzig.
    Noch immer waren wir in undurchdringliche Dunkelheit gehüllt. Der intensive Geruch, der mir so bekannt vorkam, den ich aber nicht definieren konnte, wurde stärker.
    „Wir gehen jetzt nach rechts“, sagte Young.
    Ich klammerte mich noch immer an seiner Schulter fest. Nach etwa einem Dutzend Schritten blieb er ohne Vorwarnung stehen, und ich stieß gegen seinen Rücken. Er öffnete eine Tür, und im selben Augenblick ging die Deckenbeleuchtung an.
    Der Raum, der vor uns lag, war verschwenderisch ausgestattet. Der Krüppel regulierte die Lichtstärke, bis das Zimmer in weiches, gelbes Licht gehüllt war, das den Augen wohltat.
    Ich sah Sheldon Young genauer an. Er drehte mir den Rücken zu. In der Kapuze befanden sich gut ein halbes Dutzend Schlitze, durch die mich verschiedenfarbige Augen anstarrten. Aber auch in den weiten Umhang waren Schlitze geschnitten, durch die Augen blickten. „Ich hoffe, daß Sie mich nie ohne Kapuze und Umhang sehen werden, Mr. Hunter“, sagte der

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