071 - Die weisse Wölfin
sein.“
Chapman lachte spöttisch.
„Nichts einfacher als das, Sir“, sagte er. „Er braucht doch nur sein Äußeres etwas zu verändern.
Geld hat er. Und sich einen Paß zu besorgen, ist für ihn ein Kinderspiel. Garantiert sitzt er jetzt schon in einem Flugzeug. Oder er verkriecht sich irgendwo in einer kleinen Stadt. Er kennt alle Tricks. Das dürfen Sie nicht vergessen.“
„Chapman“, sagte der O.I. „Sie verlassen das Haus nicht. Das gilt auch für Sie, Miß Zamis.“ Chapman nickte.
„Wir stehen also unter Hausarrest?“ fragte Coco.
„Nennen Sie es, wie immer Sie wollen“, sagte der O.I. böse.
„Und was geschieht nun mit der Inquisitions-Abteilung?“ erkundigte sich Chapman.
„Keine Ahnung“, sagte der O.I. „Wahrscheinlich wird sie aufgelöst werden.“
Coco stand auf und schob sich eine Haarsträne aus dem Gesicht.
„Das wäre aber böse“, sagte sie. „Je länger ich über alles nachdenke, um so sicherer bin ich, daß dies alles nur von Dämonen inszeniert wurde, um uns alle zu erledigen. Und wie es jetzt aussieht, ist ihnen das prächtig gelungen. Dorian wird von der Polizei gehetzt, und die Abteilung löst sich auf. Alles, was wir mühsam in einigen Monaten aufgebaut haben, ist nun fast gänzlich zerstört. Sie sollten auch einmal darüber nachdenken, O.I.“
Der O.I. grunzte unwillig. „Ich denke daran.“
„Hoffentlich kommt etwas dabei heraus“, sagte Coco spöttisch.
„Werden Sie nur nicht frech!“ fauchte sie der O.I. an.
Coco winkte ab. „Sie können mich nicht einschüchtern.“
„Das will ich auch nicht“, brummte der O.I. „Ich hätte nur gern Ihre Unterstützung.“
„Und wie stellen Sie sich die vor?“
„Ich möchte, daß Sie mir helfen, Hunter zu erwischen“, sagte der O.I.
„Ich kann Ihnen nicht helfen“, sagte Coco.
„Sie können, wenn Sie wollen“, meinte der O.I. „Sie kennen Hunter am besten. Sie kennen alle seine Schwächen. Sie wissen, wie er sich in dieser oder jener Situation verhält. Versetzen Sie sich in seine Lage! Was wird er jetzt tun?“
Coco setzte sich wieder, griff nach den Zigaretten, und der O.I. gab ihr Feuer. Sie schloß die Augen und lehnte sich zurück. Sie kannte alle, oder fast alle Freunde Hunters. Er hatte nicht allzu viele. „Meiner Meinung nach kann er sich nur an zwei Leute um Hilfe gewandt haben“, sagte Coco.
„Und die sind?“
„Jeff Parker und Tim Morton.“
„Parker ist nicht in London“, sagte Chapman. „Er kreuzt mit seiner Jacht irgendwo im Mittelmeer herum. Parker können wir also ausscheiden.“
„Und Morton?“ fragte der O.I.
„Da bin ich überfragt“, sagte der Zwerg. „Wahrscheinlich ist er in New York.“
„Da kann er Hunter aber auch nicht viel helfen“, meinte der O.I.
„Rufen Sie Morton an!“ sagte Coco. „Aber wenn er Hunter tatsächlich geholfen hat, dann glaube ich nicht, daß er Ihnen viel erzählen wird.“
Der O.I. zog die Stirn in Falten. „Nicht ich werde anrufen, sondern Sie werden sprechen, Miß Zamis!“
„Aber …“
„Ja, Sie!“ sagte der O.I.
Er hob den Hörer ab und meldete ein Gespräch mit Morton an. Er instruierte Coco ganz genau, was sie sagen sollte.
Coco hatte Morton nur einmal ganz kurz gesehen, das war vor wenigen Wochen in Hongkong gewesen, wo sie im letzten Augenblick den Ghouls entkommen waren. Morton war damals zu Hunters Begräbnis gekommen.
Es dauerte kaum fünf Minuten, und die Verbindung mit New York war hergestellt.
„Morton“, meldete sich der FBI-Agent.
Seine Stimme klang ziemlich unfreundlich.
„Hallo!“ sagte Coco. „Hier spricht Coco Zamis.“
„Das ist aber eine angenehme Überraschung!“ rief Morton, und seine Stimme war wie ausgewechselt. „Weshalb rufen Sie mich an, Miß Zamis?“
„Das ist eine lange Geschichte“, sagte sie. „Ich bin in Sorge um Dorian. Es sieht so aus, als wäre er in eine Falle der Schwarzen Familie gelaufen. Er wird jetzt vom Secret Service und der Polizei gejagt. Ich wollte ihm helfen, doch ich wurde verfolgt, und Dorian konnte im letzten Augenblick entkommen. Ich vereinbarte mit Dorian, daß er mit Ihnen Kontakt aufnehmen soll, wenn etwas schiefgeht. Sie sollen mir dann sagen, wo er sich versteckt.“
Morton schwieg einige Sekunden, dann brummte er: „Bei mir hat er sich nicht gemeldet. Aber vielleicht meldet er sich noch später. Was soll ich ihm dann ausrichten?“
„Er soll Ihnen sagen, wo er sich versteckt. Ich rufe Sie in zehn Stunden wieder an.“
„Gut“,
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