0715 - Die Söhne des Asmodis
kann, nämlich durch die Regenbogenblumen.«
»Aber vielleicht kennt er die Auswahlkriterien nicht, und gerade die machen es mir so schwer, daran zu glauben, dass ich tatsächlich in die falsche Welt geraten bin, als ich dich um Hilfe bitten wollte«, konterte Nicole. »Denn ein paar kleine Unterschiede gibt es ja doch - dieses Château Montagne unterscheidet sich vom anderen zum Beispiel durch die Autos, die wir fahren. Ich bin sicher, dass es in deinem Palazzo Eternale auch ein paar Details gibt, die unterschiedlich sind…«
»Wir werden künftig«, sagte Zamorra, »beim Benutzen der Regenbogenblumen noch sorgfältiger sein müssen. Wir werden uns noch intensiver auf jedes wichtig erscheinende Detail konzentrieren müssen, bevor wir uns transportieren lassen. Nicht nur was die Zeit angeht, sondern jetzt auch in Sachen Spiegelwelt. Wer weiß, was dieses Unkraut noch an Überraschungen birgt…«
»Pater Ralph hat uns schon vor Jahren vor der Benutzung gewarnt und gemeint, dass da bestimmt noch ein Pferdefuß dranhängt«, sagte Nicole leise.
»Pater Ralph hat an diese kleinen Gemeinheiten sicher nicht gedacht -Hellseher ist er nicht, und der Kirche sind Regenbogenblumen herzlich unbekannt.«
»Aber gerade das Unbekannte pflegt sie zu bekämpfen oder wenigstens zu negieren«, warf Tendyke ein. »Ich erlebs schließlich seit fünfhundert Lebensjahren mit.«
»Du«, sagte Ted Ewigk, »dürftest schon von deiner Abstammung her der Kirche gegenüber voreingenommen sein, Sohn des Fürsten der Finsternis.«
Zamorra hob die Hand.
»Würden die Herrschaften so freundlich sein, ihre theologischen Spitzfindigkeiten nicht gerade jetzt auszutauschen? Ich denke, wir haben andere Probleme.«
»Zum Beispiel, den ganzen Dreck, der an uns klebt, wegzuduschen«, sagte Nicole. »Oder, noch besser, in einer gemütlichen Session in der Badewanne gründlich zu versenken.«
Zamorra sah sie nachdenklich an. Er glaubte nicht daran, dass sie es gemütlich finden würde. Sie machte sich Vorwürfe, auf den falschen Ted Ewigk hereingefallen zu sein. Sie gab sich die Schuld an den möglichen Konsequenzen für die Rebellen - Ewige, in deren Schuld Zamorra und Nicole standen, weil diese Rebellen ihnen damals sehr geholfen hatten. Ohne deren Einsatz wären sie beide vielleicht längst tot.
Er legte seinen Arm um ihre Schultern.
»Es war einfach Pech. Du kannst nichts dafür«, sagte er. »Gehen wir nach oben…«
***
El Paso, Texas
Vom Panoramafenster des Büros aus hatte man einen weiten Ausblick über einen Teil der Stadt, über den Rio Grande und die dahinter liegende andere Hälfte der Doppelstadt, Ciudad Juarez auf mexikanischem Hoheitsgebiet. Die Vormittagssonne warf ein bizarres Muster aus Licht und Schatten über die Landschaft und die Stadt. Rhet Riker, Geschäftsführer der Tendyke Industries, genoss diesen Ausblick - wenn er ihm nicht gerade von Ty Seneca verstellt wurde.
Der hatte sich ganz jovial auf Rikers Schreibtischkante gesetzt, ein paar Unterlagen beiseite gewischt und sah Riker jetzt freundlich an.
Freundlich wie ein Alligator , interpretierte Riker den Gesichtsausdruck seines Bosses und Firmengründers.
Vor einiger Zeit noch hatte Ty Seneca sich Robert Tendyke genannt. Warum er seinen Namen geändert hatte, war Riker ein Rätsel. Ebenso wie die Tatsache, dass das offenbar reibungslos funktioniert hatte - die Behörden und Banken akzeptierten den Namenswechsel problemlos.
Ebenso rätselhaft war es ihm, weshalb Tendyke ihn erst gefeuert und dann, nachdem er als Seneca auftrat, wieder in die Firma zurückgeholt hatte. Verständlicher war es da schon gewesen, den Möbius-Konzern, die größte Konkurrenz von Tendyke Industries, in einer feindlichen Übernahme zu schlucken, auch wenn dabei aus kartellrechtlichen Gründen ein Teil der eigenen Tochterfirmen abgestoßen werden musste. Aber das war einst ohnehin Rikers Plan gewesen, dem sich Tendyke lange widersetzt hatte, und die Übernahme war gerade noch rechtzeitig erfolgt, ehe in Germany, dem Stammsitz des Möbius-Konzerns, Gesetzesänderungen in Kraft traten, die eine solche Übernahme erheblich erschwert hätten.
Der Möbius-Konzern wurde jetzt nach dem unfriendly takeover regelrecht zerschlagen. Tochterfirmen, die nicht unbedingt benötigt wurden, oder die eigenen Unternehmen unmittelbare Konkurrenz im eigenen Haus machten, standen zum Verkauf an. Riker hoffte, dass er dafür andere Firmen, die er vorher hatte abstoßen müssen, wieder zurückgewinnen konnte.
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