0717 - Das Treibhaus des Schreckens
er, wenn er gute Laune hatte. Dann erklärte er mir, dass es Kräfte gibt, von denen die meisten Menschen nichts wissen. Er war davon überzeugt, sie beherrschen zu können. Er wollte der Natur ein anderes Gesicht geben.«
»Durch dieses Zeug?«, fragte Suko und deutete auf den abgestellten Karton.
»Ja.«
»Wie viele Ampullen enthält er?«
»Zwölf.«
Suko schaute mich an. »Was willst du damit machen, John? Du musst etwas tun, du hast sie dir kommen lassen. Sie liegen vor dir. Also entsorge sie auch.«
»Keine Bange, Suko. Ich wollte nur sichergehen.« Dabei lächelte ich Abbot zu. »Gibt es hier ein Waschbecken? Oder müssen wir dazu auf die Toilette?«
»Das wäre besser.«
»Wo? Auf dem Gang?«
»Ich gehe vor.«
Es war still hier oben. Keiner der anderen Mitarbeiter hatte gemerkt, was hier abgelaufen war. Ich war froh darüber, denn Angst und Panik konnte ich nicht brauchen.
Den Karton nahm ich. Auch Suko wollte mit und erkundigte sich flüsternd, ob ich schon einen Verdacht hatte.
»Nein, überhaupt nicht. Ich denke nur, dass es diesem Fletcher so ergangen ist wie dem Zauberlehrling. Er hat Kontakt mit anderen Mächten aufgenommen, die er nicht mehr kontrollieren konnte. Die ihn dafür kontrollierten.«
»Ja, das denke ich auch.«
Die Tür zur Toilette war schmaler als die anderen. Ein kleiner Waschraum nahm uns auf. Er enthielt zwei Becken und einen Handtuchspender an der Wand.
Ich bat Sylvester Abbot, doch draußen vor der Tür Wache zu halten. »Lassen Sie bitte keinen hinein, auch wenn es noch so dringend ist.«
»Ja, das mache ich.« Er schielte auf den Karton. »Wie wollen Sie es anstellen, Mr. Sinclair?«
»Das weiß ich noch nicht. Aber eine magische Entsorgung ist schon angebracht.«
»Das ist mir unheimlich«, flüsterte er. »Wenn ich erst einmal Zeit habe und darüber nachdenke, was mir widerfahren ist…«
Ich winkte mit beiden Händen ab. »Tun Sie sich selbst einen Gefallen und lassen Sie es bleiben, bitte. Es würde Sie bestimmt viel zu sehr aufregen.«
»Das glaube ich auch.«
Als er gegangen war, fing Suko damit an, den Karton zu leeren. Er hockte vor ihm und reichte mir die erste Ampulle. Die zweite lehnte ich zunächst ab.
»Warte noch, Suko. Ich will sie mir mal genauer anschauen.« Es war wichtig, die Stelle zu finden, wo ich die Ampulle öffnen konnte.
Ihre Enden sahen beim ersten Betrachten gleich aus. Ich musste schon genauer hinsehen, um die Kappe zu finden, die abgezogen werden musste. Ich zeigte es Suko. Er lächelte und drückte dann einen Stöpsel in den Ausguss des Waschbeckens.
»Das war es doch – oder?«
»Genau.«
Nun ging alles sehr schnell. Nacheinander leerten wir die Ampullen und schauten zu, wie das dickflüssige Zeug in das Waschbecken glitt. Es sah aus wie dickes Öl. Auch als ich den Finger hineintauchte und nachprüfte, hatte ich das Gefühl, Öl an den Händen zu spüren.
»Kannst du mir sagen, was das für ein Zeug ist?«, fragte er.
»Nein.«
»Spürst du denn etwas, John?« Suko bohrte weiter. »Du musst doch etwas merken, wenn hier eine Magie…«
»Noch nicht.«
»Und du bleibst dabei«, sagte er, als er mir die letzte Ampulle reichte, »dass du es entsorgen willst?«
Ich grinste nur.
Die letzte Ampulle war endlich leer. Suko hatte die kleinen Gefäße wieder zurück in den Karton gelegt. Ich aber schaute auf das zu einem Drittel mit diesem magischen Sirup gefüllten Waschbecken, schnupperte, aber es war nichts zu merken. Absolut geruchlos das Zeug, das Pflanzen in Killer verwandelte.
»Alles klar?«
Suko gab sich forsch. Er grinste mir zu, aber seine Augen lächelten dabei nicht. In ihnen zeigte sich die Spannung, die er empfand. Beide wussten wir, dass wir an einem Scheideweg standen.
Ich löste mein Versprechen und streifte die Kette mit dem daran hängenden Kreuz über den Kopf.
Nichts tat sich auf meinem Talisman. Kein Schimmern, keine Bewegung, kein Schatten glitt darüber hinweg, aber die magische Flüssigkeit zeigte eine Reaktion, als ich das Kreuz über das Waschbecken schwenkte.
Sie bewegte sich plötzlich. Niemand hatte etwas hineingetaucht, um darin zu rühren, und es war auch keine Flamme da, die sie erhitzt hätte. Sie brodelte von selbst.
Erste Blasen entstanden. An den Rändern zog sich die Flüssigkeit zusammen wie eine Haut, die sich vor der Kälte schützen wollte.
Suko, nicht größer als ein Kind, hatte Mühe, über den Rand des Waschbeckens zu schauen. Er musste sich dabei auf die Zehenspitzen
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