0717 - Das Treibhaus des Schreckens
eintreffen werden. Ich wage nicht, daran zu denken und hochzurechnen. Wir haben zudem vor Jahren mal mit einem ähnlichen Phänomen zu tun gehabt, als ein ganzes Hotel von Riesenpflanzen überwuchert werden sollte, aber das hier kann schlimmer enden, weil wir nicht wissen, wohin die Ampullen mit dem Teufelszeug verschickt wurden.«
»Da muss es doch eine Liste geben.«
»Ja. Und die hat der Vertriebsleiter bestimmt.«
»Ich rede mit ihm.« Suko ging auf die Tür zu. Ich drehte mich noch einmal um.
Von der menschenfressenden Pflanze war nichts mehr zu sehen.
Nur eine braune Brühe mit bleichen Gebeinen als Inhalt schwamm im Topf. Dieses Schicksal hatte ein gewisser Mr. Fletcher bestimmt nicht erwartet.
»John!«
Sukos Schrei ließ mich herumfahren.
»Verdammt, John, du musst kommen! Die Hölle ist hier los, die Hölle, und ich…« Seine weiteren Worte waren nicht mehr zu hören, weil sie in einem dumpfen Gurgeln erstickten.
Ich aber hetzte los! Auf der Schwelle blieb ich stehen, rutschte noch nach vorn und fing mich wieder.
Auch im Vorzimmer standen zwei Pflanzen. Ich hatte sie vorhin gesehen und als völlig normal und harmlos eingestuft, aber das waren sie nicht mehr, denn auch sie lebten.
Sie hatten ihre mit Blättern bedeckten und gewaltigen Stiele nach vorn gedrückt, sodass sie wie ein Dach wirkten, das jedoch nicht schützte, denn die unteren Enden hielten den Körper des Kindes Suko umschlungen und hatten ihn sogar angehoben.
Suko konnte nicht mehr schreien, weil sich einer dieser verfluchten Arme quer über seinen Mund gelegt hatte.
Über Suko schwebte eine offene, bläulich schimmernde und mich an verdorbenes Fleisch erinnernde Blüte wie ein gieriger, weil aufgerissener Rachen, der jeden Augenblick zuschnappen konnte, um das lebendige Opfer zu verschlingen.
Es war ein Albtraum, der allerdings mit Suko nicht beendet war, denn im Gestrüpp der Pflanzen hatte sich Sylvester Abbot verfangen wie in einem Netz.
Da kam er einfach nicht mehr heraus, sosehr er sich auch abmühte und um sich schlug.
Die Stängel und Stiele ließen sich zwar bewegen, aber sie waren ungemein zäh und setzten ihm einen beträchtlichen Widerstand entgegen, denn sie pressten sich eng um ihn, um den Mann allmählich zu strangulieren und dann zu verschlucken.
Aber Suko schwebte in noch größerer Gefahr. Ich zog meine Beretta und feuerte eine Kugel schräg in diese maulartige Blüte hinein. Es patschte, ein Loch entstand, die Blüte sackte zusammen und kroch ineinander, als sie verfaulte.
Dann nahm ich wieder den Dolch. Ich hackte voller Wut und Hass die dicken, klebrigen Halme auseinander, die meinen Freund hielten. Er fiel zu Boden, ich fing ihn ab. Keuchend lief er zur Seite, während ich mich um den zweiten Gefangenen der Horrorpflanze kümmerte.
Ich wollte ihn lebend, auch wenn er nicht mehr so aussah. Wie ein bleiches, regloses Gespenst hing er zwischen den einzelnen Armen, den Mund aufgerissen, wobei leise, röchelnde Laute über seine Lippen drangen.
Es würde nicht einfach für mich werden, den Mann zu befreien, da ich zusätzlich darauf achten musste, ihn nicht zu verletzen.
Er kam mir vor wie die Fliege im Spinnennetz. Abbot versuchte alles, vergeblich. Wenn er sich etwas Platz geschaffen hatte, griffen die Arme immer wieder nach, schnellten und peitschten gegen ihn, um ihn festzuhalten.
Wieder nahm ich den Dolch. Seine Kraft, seine außergewöhnliche Magie machte die Befreiung erst möglich.
Ich schnitt schräg von oben nach unten, ebenfalls in die entgegengesetzte Richtung und befreite Abbot zunächst von den Armen, die seinem Gesicht ziemlich nahe waren.
Er drückte es mir entgegen. Würgend hörte ich ihn atmen. Sein Mund war weit aufgerissen. Speichel rann hervor, aber noch hing er fest, auch wenn die von mir erwischten Pflanzenarme allmählich verfaulten und wie braune, feuchte Arme zu Boden hinge Ich schnitt weiter. Säbelte wie verrückt. Querschnitte, dazwischen wieder das Hacken der Waffe, als wäre sie eine Machete.
Und die Pflanzenreste fielen. Sie lösten sich auf, sie zogen sich zusammen, sie sonderten einen fauligen Geruch ab. Schließlich war es so weit. Mit der linken Hand griff ich zu und zerrte Sylvester Abbot zu mir heran.
Er fiel mir entgegen, prallte in meine Arme und war nicht mehr in der Lage, auch nur ein Wort zu sprechen. Was aus seinem Mund drang, war eine Mischung aus Weinen und Husten.
Das alles war nicht weiter tragisch. Für mich zählte nur, dass der Mann noch
Weitere Kostenlose Bücher