0718 - Geheimmission der Frauen
eingesteckt?"
„Ja."
Sie hatten nur kleine Paralysatoren unter der Kleidung. Bisher gab es nicht die geringste Wahrscheinlichkeit, daß man sie mit der Jet und dem Zwischenfall mit der Polizei in Verbindung bringen konnte. Sie steckten das wenige Geld ein, ließen die Robots aufräumen und verließen nacheinander das Hotel.
Marhola war die erste, die das Gelände durchquerte und mit zielstrebigen Schritten in die Richtung des Stadtzentrums ging.
Die Stadt bot in den Augen Marholas ein normales Bild. Gleiter, Fußgänger, Maschinen und Bewegung.
Die junge Frau versuchte zu unterscheiden. Sie war Regierungschefin von Ovarons Planet, aber sie fühlte sich hier unbehaglich. Sie sah anscheinend lauter normale Menschen, die in einer normalen Umgebung ebensolchen Arbeiten nachgingen.
Marhola blieb stehen und blickte sich um. Seit zwei Stunden ging sie durch die Stadt. Es war ihr etwas aufgefallen, aber sie wußte nicht, was es war. Ihre Augen wanderten über das Bild, das sich ihr bot.
Es war ein kleiner Platz.
Rund, von halbhohen Gebäuden umgeben. Einige Treppen und Rampen führten aufwärts und abwärts. Vor langer Zeit hatte es hier einen Brunnen gegeben, eine Anzahl von riesigen Steinen, über die einst Wasserfontänen sprudelten. Die Bäume rund ums Zentrum waren jetzt verwildert, der Brunnen arbeitete nicht mehr.
Was ist hier nur los? Was ist mit diesen Terränern los? dachte sie.
Sie nahm alle Einzelheiten in sich auf. Sie sah Frauen und Männer, Kinder sah sie keine. Und plötzlich fiel es ihr ein.
Keine Kinder! Und keine Menschen, die älter als hundert, hundertzwanzig Jahre waren.
Sie erschrak.
Das war ein deutliches Zeichen dafür, daß die Entwicklung, die sich vor vierzig Jahren angekündigt hatte, inzwischen abgeschlossen war. Die Kinder, so hatte es damals geheißen, sollten unabhängig von ihren Eltern unter staatlicher Aufsicht heranwachsen, und die alten Menschen wurden aus dem öffentlichen Leben ausgegliedert und in die Stummhäuser gebracht, von denen man nicht wußte, was sie wirklich waren. Aber die Menschen, denen sie hier zusah, gingen gleichgültig ihren Arbeiten nach und kümmerten sich nicht um ihre Nachbarn und auch nicht um sie, obwohl jetzt der Verkehr auf der Brücke zunahm, auf der sie stand und schräg auf den Platz herunterblickte.
Ein Wort hakte sich in ihren Über- /legungen fest. Gleichgültigkeit. Dies war der zutreffende Begriff! Er drückte das Verhalten aller Menschen hier aus. Sie bewegten sich wie Marionetten, wie programmierte Maschinen. Also doch Aphiliker, denen die Gefühle genommen worden waren. „Nein! Nicht! Das ist zuviel!" flüsterte sie so laut, daß es einige Passanten hinter ihr hören mußten. Als sie abermals zusammenzuckte, weil sie sich verraten glaubte, mußte sie feststellen, daß ihr niemand zugehört hatte. Keiner der Passanten reagierte. Sie nahm sich zusammen, faßte in ihr schwarzes Haar und griff voller Aufregung und Nervosität zu dem langen Knotenzopf in ihrem Nacken. Ein Mann kam vorbei, sah sie an, dann zuckte er die Schultern und ging weiter. Er drehte sich dreimal nach ihr um.
Sie merkte, daß sie der einzige Mensch auf diesem Platz war, der genügend Zeit zu haben schien. Sie setzte sich wieder in Bewegung. Eine seltsame Furcht ergriff sie, als sie über die Brücke ging, einen Blick auf den Strom der Gleiter unter ihr warf und die Gesichter der Menschen betrachtete. Bisher hatte sie noch mit niemandem ein Wort gewechselt.
Und wieder fiel ihr auf, was sie zum erstenmal seit der Landung bewußt wahrnahm.
Kaum jemand sprach mit einem anderen Menschen. Sie schienen einander alle fremd zu sein. Es gab keine Kontakte. Ein eisiges Gefühl beherrschte sie, als sie von der Brücke herunterging und auf einen Kiosk ,zusteuerte, an dem sie Zeitungen und Zeitschriften erkennen konnte.
Vier Meter weiter öffnete sich in einem Haus eine Tür. Ein Mädchen stolperte heraus und schrie auf, als der Mann, der hinter ihr her auf die Treppe sprang, ihr einen heftigen Schlag ins Gesicht versetzte.
Marhola machte einen schnellen Schritt und hielt sofort ein.
Nicht eingreifen! sagte sie sich.
Das Mädchen wurde herumgerissen, sie trat neben eine Stufe und fiel schwer auf die Treppe. Es schrie ein zweites Mal laut auf. Der Mann, etwa fünfzig Jahre alt, packte das Mädchen am Arm und riß es hoch, und wieder holte sein Arm aus. Er schlug ihm mit der flachen Hand brutal ins Gesicht.
Marhola ging schneller und erreichte den Mann. Sie streckte ihre
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