0720 - Teufelsnächte
können. [2]
Aber um diese Jahreszeit konnte man ein solches Prachtwetter auf der nördlichen Erdhalbkugel nicht mehr finden. Fehlte hier nur, dass auch noch Nebel hinzukam.
Aber damit musste man leben.
So wie mit dem ständigen Herumreisen in aller Welt - oder eher in allen Welten -, um den Schwarzblütigen und ihren Helfern das Handwerk zu legen, wo immer es erforderlich wurde.
So ganz gefiel ihm das Herumreisen in diesen Tagen gar nicht. Wie es aussah, befand sich Ty Seneca, der Spiegelwelt-Doppelgänger Robert Tendykes, in Frankreich, zuletzt in Paris, und es war damit zu rechnen, dass er irgendwann auch am Château Montagne auftauchen würde. Warum sonst sollte er nach Frankreich gekommen sein?
Vermutlich suchte er nach einem Weg, der ihn zurück in die Spiegelwelt führte, nachdem er hier entlarvt worden war und nur mit viel Glück und Frechheit entkommen konnte. Aber ohne Zamorras Hilfe würde er diesen Weg kaum finden. Zamorra dagegen hatte kein Interesse daran, ihm zu helfen. Seneca war eine skrupellose Negativ-Gestalt. Als noch negativer empfand Zamorra allenfalls noch seinen eigenen Doppelgänger, der sich in der Spiegelwelt der Schwarzen Magie verschrieben hatte und zu einem Dämon werden wollte.
Zamorra ein Dämon - unvorstellbar, unfassbar. Aber in der Spiegelwelt lief die Entwicklung bedauerlicherweise darauf hinaus…
»Constable Harrold fährt Sie jetzt zum Hotel«, unterbrach Timble Zamorras Gedanken und öffnete den Kofferraum eines blauen Fords. »Wenn Sie eingecheckt haben, bringt sie Sie zur Wache. Die Lagebesprechung mit dem Superintendent ist um zwölf, danach gehen wir mit dem Sonderkommando etwas essen. Nachmittags…«
Zamorra hob die Hand. »Und an welchem Punkt des Tages lassen Sie mich mit meiner Arbeit anfangen?«
Er bemerkte Timbles irritierten Blick und lehnte sich gegen die Wagentür. »Hören Sie, Inspector, ich bin kein Polizist, sondern Experte für Okkultismus. Sie haben mich angefordert, damit ich einen möglichen satanistischen Hintergrund überprüfe, aber dafür brauche ich keine Besprechungen, sondern nur die Akten und ein paar Stunden Zeit. Dann kann ich Ihnen vielleicht schon etwas sagen.«…
Timble schlug den Kofferraum zu. Er schien verärgert zu sein, überspielte das jedoch mit einem falschen Lächeln.
»Wie Sie wünschen, Professor, aber ich muss darauf bestehen, dass Sie mich über jeden Schritt, den Sie machen, informieren. Schließlich sind Sie auf Einladung meiner Abteilung hier.«
Zamorra nickte. »Natürlich.«
Timble ging zu seinem Wagen, den er hinter dem Ford geparkt hatte und öffnete die Fahrertür. Er zögerte, als wolle er noch etwas sagen, dann stieg er wortlos ein.
»Sie sollten sich nicht mit dem Inspector anlegen«, sagte Kathy Harrold, als Zamorra die Beifahrertür des Fords zuschlug und sich anschnallte. »Ihn interessiert die Aufklärung der Morde weniger als seine Darstellung in der Presse. Wenn Sie nicht mit ihm kooperieren, wird er jeden Erfolg für sich verbuchen und jeden Misserfolg auf Sie schieben.«
»Danke für die Warnung«, sagte er und sah sie an. »Wissen Sie, wie viel Zeit seit dem letzten Mord vergangen ist?«
Kathy warf einen kurzen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. »Ungefähr neun Stunden, würde ich sagen. Warum?«
Das reicht noch für eine Zeitschau, dachte Zamorra. Das magische Amulett, das er stets um den Hals trug, verfügte über die Fähigkeit, ihn Ereignisse aus der Vergangenheit sehen zu lassen. Allerdings lag die Obergrenze bei vierundzwanzig Stunden. Alles darüber kostete zuviel Kraft und führte unweigerlich zum Tod.
»Und Sie wissen natürlich auch, wo der Tatort ist?«, fuhr Zamorra fort, ohne ihr zu antworten.
»Nicht weit vom Lib Theatre entfernt. Wieso…?« Sie schüttelte den Kopf, hatte wohl verstanden, worauf seine Fragen abzielten. »Sie werden am Tatort nichts mehr finden. Die Spurensicherung hat ihn bereits freigegeben. Außerdem habe ich die Anweisung, Sie ins Hotel zu bringen, damit Sie sich mit den Akten beschäftigen können.«
Sie zeigte mit dem Daumen auf den Rücksitz und die braunen Umschläge die sich darauf stapelten. Zamorra fragte sich, wie es möglich war so viele Blätter zu füllen, wenn man eigentlich nichts wusste.
»Im Gegensatz zu Timble«, sagte er, »interessiert mich die Aufklärung der Morde mehr als mein Foto in der Zeitung. Es ist mir wirklich egal, wer nachher als strahlender Sieger dasteht, sofern wir diesen Irren stoppen können. Und damit das gelingt,
Weitere Kostenlose Bücher