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0724 - Vampirträume

0724 - Vampirträume

Titel: 0724 - Vampirträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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liegen neben ihrem Bett. Die Oberschwester muss nur alles abzeichnen, dann können Sie die Dinge mit aufs Revier nehmen.«
    »Danke, Doktor.«
    O'Neill verabschiedete sich und betrat das Zimmer. Eiserner Blutgeruch hing in der Luft. Die Monitore, die rund um das Bett standen, waren dunkel. Schläuche hingen nutzlos von Geräten herab, deren Funktion er nicht kannte.
    Langsam trat O'Neill an den menschlichen Umriss unter dem Laken heran. Instinktiv streckte er eine Hand danach aus, wandte sich dann jedoch ab und betrachtete die wenigen Gegenstände, die Hope in ihren letzten Stunden begleitet hatten.
    Kerze, Feuerzeug, Löffel - die unverzichtbaren Hilfsmittel der Junkies. Ein paar Cents und ein Lederarmband, an dem ein kleines rotes Plastikherz hing. O'Neill fragte sich, ob sie es geschenkt bekommen oder gestohlen hatte.
    Hope, dachte er. Ihr Name war wie der zynische Kommentar auf ein zerstörtes Leben. Für sie existierte keine Hoffnung mehr, nur noch die letzte einsame Reise in ein städtisches Grab. Er fragte sich, ob es irgendwo Eltern gab, die in stummer Verzweiflung auf die Rückkehr ihrer Tochter warteten, oder ob es eben jene Eltern waren, die jede Hoffnung vernichtet hatten.
    »Ich wünschte, ich hätte dir helfen können«, sagte er leise.
    Im gleichen Moment setzte Hope sich auf.
    ***
    Youwei sah die Stadt als Fragmente, die im Nebel auftauchten. Eine kunstvoll geschnitzte Tür, ein goldenes, in der Sonne blitzendes Dach, Vampire, die in Sänften vorbeigetragen wurden oder neugierig stehen blieben, wenn die Soldaten sie mit dem Gefangenen passierten. Die Straßen waren gepflastert, die Auslagen vor den Geschäften mit Waren gefüllt. Es gab keinen Zweifel daran, dass Choquai eine reiche Stadt war.
    Woher kommt das Geld?, dachte Youwei. Mit wem treiben die Vampire Handel?
    Die Fragen lenkten ihn von der Sorge um sein eigenes Schicksal ab. Neugierig kniff er die Augen zusammen, als die Gasse in einen großen Platz mündete, und versuchte so viel wie möglich von der neuen Umgebung aufzunehmen. Die Rufe der Marktschreier, die Dämpfe aus den Garküchen und das aufdringliche Anpreisen der Waren erinnerte ihn an die Märkte in Wuchang, aber selbst ohne die Gewissheit, von Vampiren umgeben zu sein, wäre er nie auf die Idee gekommen, sich in einer Stadt der Drei Reiche zu befinden.
    Es waren vor allem die ständig wiederkehrenden Symbole des Wolfskopfs und des Mondes, die ihn mit ihrer Fremdheit verstörten. Die Mythenwelt der Drei Reiche war vielfältig, trotzdem war er sicher, diese Abbildungen noch nie gesehen zu haben. In Choquai waren sie jedoch allgegenwärtig. Sie tauchten auf den Brustpanzern der Soldaten, den Bannern und Fahnen der Marktstände und in den Türschnitzereien auf. In den Gassen waren sie sogar einer Gruppe leise singender Mönche begegnet, die Wolfsmasken über ihren Gesichtern trugen. Zumindest glaubte er, dass es Masken waren…
    Youwei bemerkte den Palast erst, als seine Zehen gegen eine kühle Marmorstufe stießen. Geistesgegenwärtig fing er sich und stolperte die Treppe hoch, bis er zwischen zwei riesenhaft wirkenden Torflügeln hindurchschritt. Sie waren so hoch, dass sich ihre Enden im Nebel seiner Sicht verloren.
    Das Innere des Palasts wurde durch einige, in regelmäßigen Abständen angebrachten Gaslampen erhellt. Ihr bläuliches Licht fiel auf Diener, Soldaten und Beamte, die geschäftig zwischen den einzelnen Bereichen hin und her eilten. Youwei versuchte ihre Gesichter zu erkennen, aber sie kamen nie nahe genug heran. [4]
    Nach einer Weile stoppten die Soldaten vor einer Tür und verneigten sich vor vier kahlköpfigen Wächtern, deren Lederuniformen mit Wolfsfell verziert waren. Sie trugen lange hölzerne Stäbe in den Händen. Ein paar geflüsterte Worte wurden ausgetauscht, dann gaben die Wächter den Weg frei. Zwei Soldaten schoben die schweren Türen auf und verneigten sich erneut.
    Youwei spürte eine Hand in seinem Rücken.
    »Gehe hinein und verhalte dich so, wie ich es dir gesagt habe«, sagte der Kommandant der Soldaten leise. »Zeige den Respekt und die Ehrfurcht, die unser Herr verdient.«
    Zögernd trat Youwei vor. Es behagte ihm nicht, dem Herrscher der Stadt allein gegenübertreten zu müssen. Er spürte den Schweiß auf seinen Handflächen und das Zittern seiner Beine. Sein Mund war ausgetrocknet, das Schlucken fiel ihm schwer.
    Hinter ihm wurde die Tür geschlossen.
    Youwei spähte in den Nebel hinein, sah jedoch vor sich nichts außer dem hellen Marmorboden

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