0726 - Halias Höllenreiter
Place de la Concorde, hinüber zur Rue Royale. Hier wohnte dieser französische Millionär Antoine Rampart, dessen Lebensgefährtin Jane Westley die Halia-Statue gekauft hatte.
Die Dämonenjägerin hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Sie hoffte nur, dass sie noch nicht zu spät kam.
In diesem Teil von Paris standen altehrwürdige Luxushotels, befanden sich die teuersten Juweliere der Welt, Parfümerien und erstklassige Restaurants säumten die eleganten Straßen.
Der Luxus ließ Asha Devi kalt. Sie stammte aus einer der reichsten Familien Indiens. Ihrem Vater, einem einflussreichen Politiker, war es ohnehin ein Dorn im Auge, dass sie für ein paar Tausend Rupien im Monat als Polizistin ihr Leben riskierte.
Aber sie hatte Devi senior auch niemals den wahren Grund dafür verraten…
Die Polizistin blieb stehen. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Rue Royale Nr. 156 war ein erstklassig restauriertes Bürgerhaus aus dem 19. Jahrhundert.
Offenbar wurde es von drei Familien bewohnt, denen jeweils eine Etage gehörte. Das wunderte Asha Devi nicht. Der Stadtteil Palais Royal war so unglaublich teuer, dass sich noch nicht einmal Millionäre hier ein ganzes Haus für sich allein leisten konnten.
Die Inderin trat in den mit Marmor ausgelegten Hausflur. Ein Concierge blinzelte sie misstrauisch an. In einer solchen Gegend trug der Hausmeister und -Wächter natürlich einen Maßanzug.
»Sie wünschen?«
»Zu Monsieur Rampart!«, blaffte Asha Devi. Sie vergaß für den Moment, dass sie nicht in Uniform war. »Bitte«, fügte sie mürrisch hinzu. Ihre innere Unruhe verstärkte sich.
Gleichzeitig wurde ihr klar, dass sie den richtigen Riecher gehabt hatte. Man konnte die Anwesenheit des Bösen förmlich spüren.
»Ich melde Sie an.«
Der Concierge griff nach dem Haustelefon.
Asha Devi tippte ungeduldig mit der Schuhspitze auf den Marmorboden. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schaute sich um.
Nichts Verdächtiges zu sehen.
Aus dem Telefonhörer des Concierge drang das Freizeichen.
»In der Wohnung von Monsieur Rampart geht niemand an den Apparat«, sagte der Bedienstete. »Ich weiß nicht, ob ich…«
In diesem Moment tropfte etwas vom ersten Stockwerk herunter. Die Flüssigkeit landete wenige Schritte neben dem älteren Mann im Maßanzug.
Es war Blut!
Dicke Tropfen, die schnell eine kleine Pfütze bildeten.
Die Dämonenjägerin hatte ihre Schrecksekunde als Erste überwunden. Sie riss ihre Gebetsmühle aus der Umhängetasche und sprang die Treppe hoch. Nahm mehrere Stufen gleichzeitig.
»Rufen Sie meine Kollegen!«, brüllte sie den Concierge an. Erklärend fügte sie hinzu: »Die Flics, Mann!«
Asha Devi war im Handumdrehen im ersten Stock angelangt. Unter einer massiven Eichenholztür floss das Blut hervor. Es hatte bereits eine Lache gebildet und rann in dünnen Rinnsalen über den Treppenabsatz.
»Scheiße!«
Mit einem Fußtritt hämmerte die Frau von der Demon Police die Wohnungstür auf.
Antoine Rampart bewohnte eine ganze Etage.
Aber er war nicht allein in seinen vier Wänden gewesen, als Halia über ihn gekommen war.
Jedenfalls hatte die Polizistin keinen Zweifel daran, wer für dieses Blutbad verantwortlich war.
Unmittelbar vor der Wohnungstür lag eine ältere Frau in Dienstmädchen-Uniform. Seltsam verkrümmt war sie auf den Teppich gefallen, das Gesicht nach unten.
Aus ihrem Körper war das Blut geflossen, das hinunter auf die Treppe getropft war.
Asha Devi ging neben der Toten in die Hocke. Sie griff nach der Halsschlagader des Dämonenopfers. Aber eigentlich konnte sie sich die Mühe schenken.
Die Inderin hatte in ihrem 31-jährigen Leben schon genug Leichen gesehen. Und sie wusste, dass für diese Frau jede Hilfe zu spät kam.
Da klapperte etwas.
Die Polizistin erhob sich lautlos. Der Blutgeruch, der ihr in die Nase stieg, war einfach widerlich.
Aber das war jetzt nebensächlich.
Irgendwo in der Wohnung hatte sich etwas gerührt. Jemand lebte noch, brauchte vielleicht Hilfe.
Oder trieb Halia noch in der Nähe ihr Unwesen?
Asha Devi begann damit, ihre Gebetsmühle kreisen zu lassen. Durch die Drehbewegung wurden die heiligen Silben aktiviert, mit denen die Trommel beschriftet war. Auf diese Weise wurde die Polizistin einerseits weißmagisch abgeschirmt, und hatte andererseits eine mächtige Angriffswaffe gegen Dämonen aller Art.
Asha Devi schlich über den Flur. Ramparts Wohnung umfasste vermutlich neun oder zehn Zimmer, plus einer Kammer für das Dienstmädchen.
Die
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