0729 - Nullbewahrer
etwas verraten hatte, was man ihr ursprünglich hatte verheimlichen wollen. Die Diktatoren beabsichtigten demnach nicht, ehrliches Spiel zu treiben.
„Olw ist von den Terranern geraubt worden", erklärte Mitron.
„Anschließend haben die Terraner sich mit ihrem Schiff in eine Ausbuchtung zurückgezogen. Leider wissen wir kaum etwas über dieses Volk und seine technischen Möglichkeiten. Deshalb - und weil wir Olw befreien möchten - brauchen wir Ihre Hilfe, Py."
Du lügst! dachte die Spezialistin der Nacht. Meine Analyse von Tellests impulsiver Aussage und deiner Behauptung lassen nur den Schluß zu, daß Olw freiwillig mit den Terranern gegangen ist und mit ihnen zusammenarbeitet.
„Wie kann ich Ihnen helfen?" erkundigte sie sich.
„Indem Sie gemeinsam mit uns das Tempelarchiv durchsehen, in dem alle gesammelten Informationen über fremde Völker gespeichert sind", antwortete Mitron. „Ich bitte Sie nur, sich vorher einer Senisbilitätsüberprüfung und immunologischer Vorbeugebehandlung zu unterziehen."
Dagegen hatte Py nichts einzuwenden. Sie war lange Zeit im Tiefschlaf gewesen. Erfahrungsgemäß mußten seit ihrer letzten aktiven Phase zahllose Krankheitserreger Mutationen entwickelt haben, denen ihr Organismus niemals ausgesetzt gewesen war.
Demzufolge hatte er auch niemals Abwehrstoffe gegen diese Mutationen entwickeln können.
Wenn ihr Immunapparat nicht entsprechend vorbereitet wurde, würde sie Gefahr laufen, an einer an sich harmlosen Infektion zu sterben.
Sie wunderte sich nur darüber, daß die sieben Nullbewahrer sie ins immunbiologische Strahlenlabor begleiteten.
Doch erst, als sie auf dem schwenkbaren Untersuchungs- und Behandlungstisch lag und einen dumpfen Spannungsdruck im Schädel spürte, durchschaute sie die List, mit der die Nullbewahrer sie hereingelegt hatten.
Einer der Apparate im Labor war ein spezieller Sextadimsender, dessen gerichtete Impulse eine bislang inaktive morulaförmige Zellballung im Zentralnervensystem so manipulierte, daß sie auf einen kodierten Sendeimpuls hin in die aktive Phase trat.
Als Folge davon würde die Zellballung nicht nur Signale im Hyperimpulsbereich aussenden, sondern eine Strahlung emittieren, die alle Lebewesen in tiefe Lethargie versetzte - sofern sie sich in Pys unmittelbarer Nähe befanden.
Py zweifelte nicht daran, daß die Nullbewahrer sie in eine Falle für Olw und die Terraner umfunktionierten. Wahrscheinlich rechneten die Diktatoren damit, daß Olw sie, weil sie sich liebten, befreien würde.
Dann brauchten die Nullbewahrer ihre manipulierte Zellgruppe nur zu aktivieren - und sie, Py, würde den Zgmahkonen den Weg zu den Fremden weisen und diese außerdem kampfunfähig machen, so daß sie relativ mühelos überwältigt werden konnten.
Py dachte nicht daran, sich von den Diktatoren für etwas mißbrauchen zu lassen, das so schmutzig war, daß sie sich nicht getrauten, offen mit ihr darüber zu sprechen.
Sie wußte allerdings auch, daß es sehr schwierig sein würde, den heimtückischen Plan der Nullbewahrer zu durchkreuzen.
Aber irgendwie hoffte sie, es zu schaffen.
6.
„Es geht los!" sagte Mentro Kosum.
Der Emotionaut saß diesmal vor dem Bildschirm des Elektronenteleskops. Dafür hatte sein Sohn den Platz des Piloten eingenommen.
Soeben wanderte die Meerenge von Triglaw in den Erfassungsbereich des Teleskops ein.
„Ich springe zuerst mit dir und Icho", teilte Gucky mit. „Wenn die Luft in Tigair rein ist, hole ich Olw, Sequest und Julian nach.
Einverstanden, großer Meister?"
„Einverstanden!" gab Mentro Kosum lächelnd zurück.
Er schloß den Druckhelm seines Kampfanzugs und nahm die rechte Hand Guckys. Icho Tolot nahm vorsichtig die andere Hand des Mausbibers.
„Ob es in Tigair echte Geister gibt?" fragte er. Die letzten beiden Worte sprach er allerdings nicht mehr in der Space-Jet, sondern auf der Krone einer Mauer aus mächtigen Felsblöcken.
„Der schlimmste Geist ist sowieso der Weingeist", erklärte Gucky. Er hatte seinen Druckhelm noch nicht geschlossen und schnüffelte mit seiner dunklen feuchten Nase. „Danach riecht es hier allerdings nicht."
Mentro Kosum ließ Guckys Hand los und nahm den Strahlenkarabiner von der Schulter. Er desaktivierte die Feldmündungssicherung und blickte sich aufmerksam um. Dann deutete er auf die Türöffnung eines würfelförmigen Gebäudes, dessen Decke schon vor langer Zeit eingestürzt sein mußte.
„Dort werden wir auf euch warten, Gucky", erklärte
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