073 - Der Gehenkte von Dartmoor
Soeben
wurde auf dem Teufelspick wieder ein Mann erhängt aufgefunden. Auch ihm ist die
linke Hand abgehackt worden.«
Der
Chiefinspektor schlug mit der Faust auf den Schreibtisch.
»Und wer ist
es?«
»Tut mir
leid, Sir, in Fennermoor ist der Mann unbekannt. Er hat keine Ausweispapiere
bei sich.«
Sie fuhren in
Larrys Wagen nach Fennermoor. Noch immer befand sich der Bentley des
Chiefinspektors zusammen mit Inspektor Pain und Sergeant Smith im Zuchthaus von
Princetown. Unterwegs überholten sie einen Ford älterer Bauart. Im Vorbeifahren
erkannte Larry Brent am Steuer den glatzköpfigen Antiquitätenhändler Simpson.
Daneben saß sein stiller Teilhaber Martin. Sie blieben rasch weit zurück.
Am Fuß des
Teufelspick stand eine Gruppe erregter Menschen. Es waren Bewohner des Dorfes. Constabler
Robertson, sein dicker, rötlicher Schnauzbart sträubte sich geradezu vor Würde
und Amtseifer, verwehrte ihnen den Zutritt zu dem schmalen Fußweg, der im
Zickzack zur Kuppe führte.
Als er
Inspektor Hollister aussteigen sah, bahnte er ihm einen Weg.
Hollister
flüsterte ihm halblaut zu: »Das ist Chiefinspektor Higgins aus London, der
andere ist irgendein hoher Kriminalist aus den Staaten.«
Robertson
salutierte respektvoll und meldete: »Oben befinden sich Vikar Merten und der
Arzt, Dr. Summers. Ich erwarte jeden Augenblick zu meiner Verstärkung noch den
Constabler Jenkins; er hatte Nachtdienst.«
»Wie wurde
denn die Geschichte entdeckt?« fragte der Chiefinspektor.
»Das war so,
Sir: Vor gut einer halben Stunde kam Dr. Summers mit seinem Wagen von einem
frühen Krankenbesuch auf einem Hof im Moor zurück. Er sah, daß auf dem
Teufelspick ein Mann am Galgen hing, und er verständigte mich und den Vikar.
Auf Wunsch von Dr. Summers schnitten wir den Mann ab. Der Doktor dachte, daß
vielleicht noch ein Fünkchen Leben in ihm ist. Richtig ist, daß der Mann sich
noch warm anfühlte. Die Hand hatten sie ihm gegen das Holz des Galgens gelegt
und so abgehackt. Dr. Summers meint, er sei da jedoch schon tot gewesen.«
»Kommen Sie,
kommen Sie!« drängte der Chiefinspektor. Er eilte den Fußweg hinauf, gefolgt
von Larry Brent und dem dicklichen Inspektor. Auf der flachen Kuppe angelangt,
verharrten sie einen Augenblick.
Der Galgen
ragte gegen den hellen, fast wolkenlosen Himmel. Dunkelgrün stand dahinter der
alte, windgebeugte Baum.
Vor dem
Galgen lag der Tote im spärlichen Gras ausgestreckt. Über sein Gesicht war ein
Taschentuch gebreitet. Neben dem blutigen Armstumpf sahen sie im Gras das dicke
Seil liegen, mit dem der Mann gehenkt worden war und das der Arzt von seinem
Hals entfernt hatte.
Etwas abseits
standen Vikar Merten und Dr. Summers, gleichfalls noch ein jüngerer Mann.
Der Arzt hob
resignierend die Arme.
»Alles, was
ich sagen kann, Inspektor – im Zuchthaus von Newgate hat man sicher nicht
besser gehenkt. Dazu diese furchtbare Amputation an einem toten Mann.«
Der Vikar,
sein Gesicht war weiß wie das Tuch über dem Kopf des Toten, murmelte:
»Warum? Ich
versteh’s nicht. Das müssen Kräfte sein, die aus der Hölle ausgebrochen sind.«
Chiefinspektor
Higgins stellte kurz sich und Larry Brent vor. Dann ging er zu der Gestalt im
Gras und hob das Tuch. Larry Brent und Inspektor Hollister traten hinzu. Es
mußte ein etwa vierzigjähriger Mann gewesen sein. Larry Brent hatte ihn noch
nie gesehen. Auch die beiden anderen schüttelten den Kopf.
»Und von der
Hand ist auch diesmal nichts zu sehen?« fragte Higgins.
Dr. Summers
verneinte.
In diesem
Augenblick hörten sie vom Fuß des Teufelspick eine erregte Stimme:
»Lassen Sie
uns doch gefälligst durch! Wir müssen den Toten sehen. Wir können ihn
vielleicht identifizieren. Lassen Sie uns doch durch!«
Die Stimme
gehörte dem Antiquitätenhändler Simpson. Inspektor Hollister trat nach einem
Nicken des Chiefinspektors an den Fußweg und rief mit Stentorstimme hinunter: »Constabler,
lassen Sie die beiden Herren herauf!«
Kurz darauf
erschien schweratmend George Simpson auf der Kuppe, begleitet von seinem
Teilhaber. Der Antiquitätenhändler verneigte sich kurz.
»Wir bitten
um Entschuldigung, aber Sir Charles Parkinson hat uns beauftragt,
gegebenenfalls den Toten zu identifizieren. Sir Charles vermutet vielleicht
nicht zu Unrecht, daß es sich um seinen verschwundenen Gärtnergehilfen handeln
könne.«
»Und woher
weiß Sir Charles von der Entdeckung des Toten?« fragte der Chiefinspektor.
»Verzeihung,
mein Herr, aber das entzieht sich
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