073 - Der Killer, der nicht sterben konnte
Randone stand: mit einem tiefen Seufzer auf.
Grauenerregend sah er aus. Zu Lebzeiten war er schon unansehnlich gewesen, doch nun glich sein Gesicht einer abstoßenden Horrorfratze.
Er verströmte einen ekelerregenden Geruch - nach Erde, Moder, Fäulnis, Verwesung. Der natürliche Verfall des Fleisches hatte bei ihm schon eingesetzt, und er hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Ungeheuer als mit einem Menschen.
Faltig spannte sich eine graue Haut über die harten Knochen. Wie altes, brüchiges Leder wirkte sie, und die Augen des Untoten hatten einen unbeschreiblichen Glanz.
Schlaff und schorfig sahen die dünnen Lippen des Zombies aus. Man hätte Salvo Randone auch für ein Tier halten können. Oder für einen Ghoul. Ja, auch mit einem Leichenfresser hatte er Ähnlichkeit.
Aufrecht stand er da. Deutlich hob er sich vom sternenübersäten Himmel ab. Es war eine friedliche Nacht, in die der Tod Einzug gehalten hatte.
Randones glasige Augen waren durchdringend auf Magaska gerichtet, und die gefährliche Feuerhexe bestellte ihm Asmodis' Botschaft.
»Du gehörst nun zu uns«, sagte sie unter anderem. »Fühlst du die Kraft in dir?«
»J-a-a-a!« kam es kratzig aus der trockenen Kehle des lebenden Leichnams.
»Es ist die Kraft der Hölle. Du bist ein schwarzer Streiter. Bediene dich der Magie, die sich in dir befindet, und setze deine Taten fort.«
»J-a-a-a! Das werde ich tun«, knurrte Salvo Randone, und zum erstenmal zuckte ein Grinsen über sein abstoßendes Gesicht.
Asmodis' Auftrag war ihm Befehl, den er mehr als nur erfüllen wollte.
***
Wir waren in heller Aufregung.
Jubilee war weg. Einfach verschwunden war sie, und niemand wußte, wie es dazu gekommen war.
Ich machte meiner Freundin keine Vorwürfe, denn Vicky Bonney geißelte sich schon selbst zur Genüge damit.
Teufel, es ging wieder einmal drunter und drüber.
Da war dieser gefährliche Marbu-Kult in unsere Stadt getragen worden, und wir hatten Mühe gehabt, zu verhindern, daß er sich wie eine tödliche Seuche ausbreitete. [1]
Aber einen Sieg auf allen Linien hatten wir nicht zu erringen vermocht.
Paul Bordman, ein Schriftsteller - Vicky Bonneys Kollege, der sogar mit dem Edgar-Allan-Poe-Preis ausgezeichnet worden war -, war dazu ausersehen worden, das Buch der Bücher zu schreiben. Eine Art schwarze Bibel.
Marbu, diese geheimnisvolle Kraft, mit der ich gekämpft und die mich beinahe getötet hatte, wollte den Schriftsteller zu ihrem Werkzeug machen.
Wenn Paul Bordman das Buch, dessen Inhalt ihm Marbu eingab, fertiggeschrieben hatte, würde es eine Katastrophe geben, denn jeder, der auch nur einen Blick in das Buch warf, würde der gefährlichen Marbu-Magie zum Opfer fallen.
Uns war nicht genau bekannt, wieviel Bordman schon geschrieben hatte. Uns war nur klar, daß er das Manuskript nicht fertigstellen durfte.
Aber wie sollten wir ihn daran hindern? Er war geflohen, und wir wußten nicht wohin. Befand er sich überhaupt noch in der Stadt? Vielleicht befand er sich nicht einmal mehr in England.
Er konnte theoretisch überall hingehen. Wer hätte ihn aufhalten sollen? Wir sahen uns dazu im Moment außerstande.
Bordman war an Marbu verloren. Er hatte das Geisteropium geraucht, und es hatte ihn süchtig gemacht.
Rick Stubbs, ein Afrikaexperte, hatte behauptet, niemand könne die Wirkung des Geisteropiums rückgängig machen. Eine Entwöhnung wie bei einem gewöhnlichen Suchtgift sollte nicht möglich sein.
Während Bordman theoretisch in irgendeinem Versteck in diesem Augenblick an seinen Höllenwerk weiterarbeiten konnte, versetzte uns Jubilees Verschwinden einen schmerzhaften Tiefschlag.
Wir hatten eine Menge Feinde. Einer von ihnen konnte auf die Idee gekommen sein, das junge Mädchen zu entführen. Vielleicht würde uns dieser Bastard in Kürze unter Druck setzen. Er konnte so gut wie alles verlangen.
Wir würden gezwungen sein, die Forderungen zu erfüllen, damit Jubilees Leben erhalten blieb. Der Haken an der Sache war, daß gewöhnliche Verbrecher erfahrungsgemäß die reinsten Ehrenmänner im Vergleich mit Dämonen sind.
Mit Kidnappern konnte man ein Geschäft machen, das in den meisten Fällen mit fairen Regeln ablief… Wenn man bei einer Entführung und Erpressung von Lösegeld überhaupt von Fairneß sprechen kann. Jedenfalls halten sich Kidnapper zu neunzig Prozent an die Abmachungen. Sie sind nur am Lösegeld interessiert und lassen ihr Opfer frei, sobald sie die verlangte Summe bekommen haben.
Bei Dämonen ist das
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